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Chronik des Cthulhu-Mythos I (German Edition)

Chronik des Cthulhu-Mythos I (German Edition)

Titel: Chronik des Cthulhu-Mythos I (German Edition)
Autoren: H. P. Lovecraft
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gelang zu entkommen – allein in einem kleinen Boot, das versehen war mit Wasser und Vorräten für eine geraume Zeit.
    Als ich endlich frei und Wind und Wellen ausgesetzt war, hatte ich nur eine vage Ahnung von meiner Position. Ich bin nie ein fähiger Navigator gewesen und konnte anhand des Standes von Sonne und Sternen lediglich ungefähr feststellen, dass ich mich südlich des Äquators befand. Von Längengraden verstand ich nichts, und keine Insel und kein Küstenstreifen waren in Sicht. Das Wetter blieb gut, und ungezählte Tage trieb ich ziellos unter der brennenden Sonne umher und wartete darauf, dass entweder ein Schiff käme oder ich an die Küste eines bewohnten Landes getrieben würde. Doch weder Schiff noch Land tauchten auf, und ich begann an meiner Einsamkeit auf der wogenden Weite ungebrochenen Blaus zu verzweifeln.
    Die Änderung trat ein, während ich schlief. Die Einzelheiten werde ich nie kennen, denn mein Schlummer war zwar unruhig und geplagt von Träumen, wurde aber dennoch nicht gestört. Als ich schließlich erwachte, bemerkte ich, dass ich in eine schleimige Fläche höllisch schwarzen Sumpflandes gesogen worden war, das sich um mich in eintönigen Wellen erstreckte, so weit mein Blick reichte, und auf dem in einiger Entfernung mein Boot gestrandet lag.
    Obgleich man wohl meinen würde, meine erste Empfindung sei die des Erstaunens über eine so wundersame und unerwartete Verwandlung meiner Umgebung gewesen, war ich in Wirklichkeit eher entsetzt als verdutzt, denn in der Luft und im vermodernden Erdreich lag etwas Finsteres, das mich bis ins Mark erschaudern ließ. Die Gegend war voller verwesender Fische und anderer nicht zu beschreibender Dinge, die ich aus dem widerlichen Schlamm der unendlichen Ebene herausragen sah. Vielleicht sollte ich nicht darauf hoffen, mit bloßen Worten die unaussprechliche Scheußlichkeit vermitteln zu können, die in einer solchen absoluten Stille und Unermesslichkeit liegt. Es gab nichts zu hören, und man sah nichts außer einer gewaltigen Ausdehnung schwarzen Schleims; und doch lastete diese völlige Lautlosigkeit und die Einförmigkeit der Umgebung mit ekelerregender Furcht auf mir.
    Die Sonne flammte aus einem Himmel herab, der mir in seiner wolkenlosen Grausamkeit beinahe schwarz erschien, als spiegle er den tiefschwarzen Morast unter meinen Füßen wider. Als ich in das gestrandete Boot kroch, wurde mir klar, dass nur eine Theorie meine Lage erklären konnte: Durch ein beispielloses vulkanisches Aufbäumen musste ein Teil des Meeresbodens an die Oberfläche gestiegen sein, wodurch Regionen ans Licht kamen, die seit unzähligen Jahrmillionen unter unermesslichen Wassermassen verborgen gewesen waren. So groß war die Ausdehnung des unter mir erstandenen neuen Landes, dass ich nicht das leiseste Geräusch des brandenden Meeres ausmachen konnte, so sehr ich meine Ohren auch anstrengen mochte. Ebenso wenig gab es irgendwelche Seevögel, die von den toten Wesen zehrten.
    Mehrere Stunden saß ich grübelnd und brütend im Boot, das auf der Seite lag und ein wenig Schatten spendete, während die Sonne über das Himmelszelt zog. Im Laufe des Tages verlor der Boden ein wenig von seiner Klebrigkeit, und er schien in kurzer Zeit genügend zu trocknen, um sich darauf fortbewegen zu können. In jener Nacht schlief ich nur wenig, und am nächsten Tag machte ich mir ein Bündel mit Nahrung und Wasser zurecht und bereitete mich auf eine Reise über das Land vor, auf der Suche nach dem verschwundenen Meer und einer möglichen Rettung.
    Am dritten Morgen fand ich den Erdboden trocken genug, um ohne Mühe darauf gehen zu können. Der Gestank der Fische trieb mich fast in den Wahnsinn, doch war ich mit wichtigeren Dingen beschäftigt und ich machte mich tapfer auf, ein unbekanntes Ziel zu erreichen. Den ganzen Tag kämpfte ich mich vorwärts nach Westen, geleitet von einem weit entfernten Hügel, der sich höher als alles andere über die ausgedehnte Wüstenei erhob.
    In der Nacht lagerte ich, und am folgenden Tag wanderte ich weiter in Richtung des Hügels, wenngleich dieser kaum näher zu sein schien als zu dem Zeitpunkt, da ich ihn zum ersten Mal erblickt hatte. Am vierten Abend erreichte ich den Fuß des Hügels, der sich als viel höher herausstellte, als er aus der Entfernung erschienen war, und ein dazwischen liegendes Tal grenzte ihn scharf von der übrigen Oberfläche ab. Zu müde zum Aufstieg, schlief ich im Schatten des Hügels.
    Ich weiß nicht, weshalb meine
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