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Christopher Ross, Clarissa – Im Herzen die Wildnis

Christopher Ross, Clarissa – Im Herzen die Wildnis

Titel: Christopher Ross, Clarissa – Im Herzen die Wildnis
Autoren: Christopher Ross
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Whittler zu begegnen, waren wesentlich geringer. Noch kamen sie gut voran. Die lockere Art, wie sie im Sattel saß, ließ erkennen, dass sie während der letzten Monate fast jeden Tag geritten war, und der Schecke war Schnee gewöhnt, er hatte schon so manchen schweren Winter erlebt. Mit gesenktem Kopf kämpfte sie sich durch das Schneetreiben, ritt am Waldrand entlang in eine Senke, überquerte dort einen schmalen Fluss und stieg aus dem Sattel, als sie in zu tiefen Schnee gerieten und der Schecke kaum noch vorwärtskam. Mit einem Hundeschlitten und auf Schneeschuhen wäre sie besser dran gewesen. Was wohl aus Billy und Smoky und den anderen Huskys geworden war? Ob sie nach ihrem Sturz aus den Wäldern geflohen und ein neues Zuhause gefunden hatten?
    Gedankenversunken stapfte sie durch den tiefen Schnee. Sie achtete nicht auf das nervöse Schnauben ihres Schecken und blickte erst auf, als sie ein leises Knurren hörte und gleich darauf das vertraute gelbe Leuchten im treibenden Schnee bemerkte. Bones war in ihrer Nähe und hielt es anscheinend für nötig, sie auf diesem Ritt zu begleiten. Selbst wenn sie ihn nicht sah, spürte sie seine Nähe, glaubte sie zu wissen, dass er nur wenige Schritte von ihr entfernt durch den Schnee streifte und sie wie eine Artgenossin beschützte.
    In dem Fichtenwald, der die verschneite Senke begrenzte, schickte sie sich an, erneut in den Sattel zu steigen. Unter den breiten Baumkronen war es dunkel, wurde besonders ein verschneiter Tag wie dieser zur Nacht, und ihre Augen mussten sich erst an die neue Umgebung gewöhnen. Viel zu spät bemerkte sie die dunkle Gestalt, die zwischen den Bäumen auf sie gewartet hatte. Sie musste ihr von der Ranch gefolgt sein.
    Frank Whittler!
    Als er zwischen den Bäumen hervortrat, war sein Gesicht deutlich zu sehen. Seine Augen leuchteten schadenfroh und beinahe so siegessicher wie damals in Vancouver, als er sie in ihrem Zimmer überrascht hatte, nur dass er diesmal alle Trümpfe in der Hand hielt und ihr mit der arroganten Lässigkeit eines weit überlegenen Siegers entgegentreten konnte. Er trug seinen langen Pelzmantel und hielt ein Gewehr in der rechten Hand.
    »Damit hast du nicht gerechnet, was?« Er genoss seine Überlegenheit in vollen Zügen. »Ich hätte dich schon vor der Ranch abpassen können, aber hier sind wir ungestörter.« Sein grimmiges Lächeln hatte etwas Reptilienhaftes. »Schön, dass ich nicht so lange warten musste.«
    »Ich bin unschuldig«, erwiderte sie, »das wissen die Leute.«
    Sein Lächeln wurde noch gehässiger. »Es hat niemand gesagt, dass ich dich festnehmen würde. Dein Weg ist hier zu Ende, Schätzchen! Du hast mich lange genug an der Nase herumgeführt. Oder meinst du, ich lasse es dir durchgehen, dass du mich in aller Öffentlichkeit lächerlich gemacht hast?«
    »Sie wollten mich vergewaltigen, Sie Scheusal!«, entfuhr es ihr.
    »Und jede andere wäre froh gewesen, wenn ich so wild auf sie gewesen wäre!« Er glaubte anscheinend, was er sagte. In einer Mischung aus aufgestauter Wut und jammervollem Selbstmitleid fuhr er fort: »Weißt du, was du angerichtet hast, du Miststück? Deinetwegen hat mich meine Verlobte verlassen! In den Zeitungen hat man sich lustig über mich gemacht! Und wenn ich bei meinem Vater nicht zu Kreuze gekrochen wäre, hätte er mich enterbt.« Sein Selbstmitleid hielt nicht lange an, wich grenzenloser Verachtung. »Aber dafür wirst du bezahlen, Schätzchen! Deinen Fallensteller hab ich schon erwischt, der schwimmt bei den Lachsen im Fraser River, und dir wird es auch nicht besser gehen. Niemand wird mich verdächtigen, wenn deine Leiche im nächsten Frühjahr unter dem Schnee auftaucht! Man wird den Mord irgendwelchen Buschräubern oder den Indianern in die Schuhe schieben. Das Gewehr werfe ich nachher in den Fraser River.« Er hob das Gewehr, bis die Mündung auf ihre Brust zeigte. »Du hättest mich nicht vor den Kopf stoßen sollen! Andere Frauen stellen sich doch auch nicht so an. Jetzt wird dich leider der Teufel holen, und der geht noch ganz anders ran, glaub mir!«
    Clarissa suchte verzweifelt nach einem Ausweg. Frank Whittler kannte keine Hemmungen, das hatte sie inzwischen erkannt, er würde sie kaltblütig erschießen. Und er hatte recht, man würde ihm nicht das Geringste nachweisen können. In ihrer Verzweiflung sagte sie: »Ich bin nicht allein, Mister Whittler. Ich habe einen Wolf dabei. Meinen Schutzgeist. Er geht Ihnen an die Gurgel, wenn Sie nicht verschwinden. Gehen
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