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Chimären

Chimären

Titel: Chimären
Autoren: Alexander Kröger
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mit Manuel Georges ließ sich besser an, als heimlich von beiden erwartet.
      Die Frau hätte sich nicht für fähig gehalten, in einer derart überraschend kurzen Zeit und überhaupt sich um- und auf einen anderen Menschen einzustellen, sich allzu leicht in eine romantische Stimmung versetzen zu lassen, Zärtlichkeiten auszutauschen…
      Und er, der das Vertrauen zu einem harmonischen Miteinander verloren hatte und daher meinte, wie ein gebranntes Kind das Feuer meiden zu müssen, wäre nunmehr für seine Shirley durch jedes Feuer gegangen.
      Sie verließen täglich gemeinsam die Wohnung, Manuel zunächst auf der Suche nach geeigneten Räumen für seine künstlerische Tätigkeit und nach behördlicher Unterstützung, während Shirley zum Institut zu ihren Schöpfungen eilte. Und sie hatte durchaus den Eindruck, dass die neu erworbene Lebensqualität, gipfelnd in der Partnerschaft mit Manuel, ihren Arbeitselan beflügle. Ihr ging vieles leichter von der Hand, und das, obwohl die Anforderungen beträchtlich zugenommen hatten und die Zahl der Mitarbeiter aus begreiflichen Gründen lediglich um die Tierärztin Yvonne Magik erweitert worden war.
      Boris Remikow, ein finster blickender, wortkarger Russe, ein begnadeter Chirurg und der quirlige, eigentlich unernste Franz Breitner, der Gentechniker, konnten unterschiedlicher in ihrem Wesen nicht sein. Beide verband jedoch brennender, skrupelloser Ehrgeiz und der Status, unabhängig zu sein. Sorgfältig von Lehmann persönlich ausgewählt, bildeten sie die Stützen des unerhörten Vorhabens, in das natürlich alle relevanten globalen Forschungsergebnisse einflossen, und dabei spielten die aus dem Institut selbst eine entscheidende Rolle, insbesondere, was die Bereitstellung von entsprechendem manipulierten Material betraf.
      Lux war ein drolliges Kerlchen, gelehrig und verspielt. Shirley hatte ihn auf ihre Art lieb gewonnen. Das hieß, er sollte der Träger all ihres Wissens und Könnens, ein Wesen werden, das die Welt in Erstaunen versetzt, gleichgültig, ob zu seinen Lebzeiten oder, wenn diese Welt jetzt dafür noch nicht reif ist, später in akribischer Dokumentation. Sie brannte darauf, so schnell als möglich zu operieren. Boris Remikow riet jedoch, Lux an zweiter Stelle zu behandeln, um so sein Risiko zu verringern. Shirleys Zuneigung zu dem Tier war allenthalben offenkundig, und es sollte natürlich den komplizierten Eingriff überstehen.

    Die beiden Erstmanipulierten sollten einen Entwicklungsvorlauf von mindestens einem Vierteljahr gegenüber dem Gros erhalten, um den Erfolg beurteilen zu können, zumal – und das hatte Shirley Lindsey dem Institutseigner zunächst verschwiegen – sie das Experiment erweitert hatte: Nicht nur der Hirnstamm würde verändert, ausgetauscht werden, sondern auch der des Stimmapparates. Remikow war vom Erfolg des Versuchs überzeugt, so dass sich Shirley entschlossen hatte, dieser Operation nicht nur den Probanden zu unterziehen, auch Lux sollte die Chance bekommen. Kein Wunder also, dass die Frau, leicht nervös und aufgeregt, die Entwicklung ihres Schützlings ungeduldig und fürsorglich beobachtete.
      Den ersten Anlass zur Freude gab es, als sich herausstellte, dass Lux nicht nur den Eingriff gut überstanden, sondern sich während seiner Rekonvaleszenz weiterentwickelt, an Gewicht zugenommen hatte und sogar – zumindest schien es Shirley so – bereits Anzeichen erkennen ließ, die sie der Manipulation zuschrieb. Ihr kam es vor, als verbreitere sich die Stirn, als bekämen seine Augen einen anderen Ausdruck und es klinge das Bellen verändert. Zum Vergleich holte sie häufig einen der Welpen aus dem gleichen Wurf heran, eines von Lux’ Geschwistern, und dann konnten auch die Mitarbeiter nicht umhin, die Abweichungen festzustellen. Schließlich wurde von Yvonne Magik, der Tierärztin, das Anwachsen des Gehirnvolumens anhand von Tomogrammen bestätigt.
      Natürlich durften Lux und Schäffi – sein Pendant, das sich übrigens ebenfalls gut und aktiv entwickelte – vorerst in der Gruppe der Welpen verbleiben, mit ihnen spielen und tollen. Alsbald stellte sich jedoch heraus, dass die beiden eine Führungsrolle übernahmen, wobei Lux noch vor Schäffi rangierte. Sie wurden schneller verständiger als die anderen, parierten wesentlich besser und entwickelten sich rasant zu einer Art Wunderkinder. Sie apportierten nicht nur zuverlässig, sondern konnten die Gegenstände sortiert nach Farbe und Form
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