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Chimären

Chimären

Titel: Chimären
Autoren: Alexander Kröger
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mehr.“
      „Gut, gut.“ Dr. Lehmann senkte wie gedankenabwesend den Kopf. „Nicht mehr als eine Hand voll äußerst zuverlässiger Leute werden damit befasst. Ich verlasse mich auf Sie! Und Sie wissen: Letztens liegen die Verantwortung, das Risiko laut Vertrag bei mir.“ Er lächelte abermals.
      „Okay. Die Remp?“
      Lehmann überlegte einen Augenblick. „Die Remp werden Sie schon einbeziehen müssen. Wer sollte sonst analysieren, die Reihen auswerten? Ich bürge für sie. Wir verbleiben so?“ Unvermittelt stand Lehmann auf und reichte seiner Mitarbeiterin die Hand. „Ich wusste es“, bemerkte er selbstsicher.
      „Wir verbleiben so!“, antwortete die Frau. Sie erhob sich und schritt mit widerstreitenden Gefühlen zur Tür. ,Skrupel? Nein! Bedenken höchstens, dass man die Geister, die man ruft, nicht beherrschen könnte. Ein wenig Angst um die Karriere, falls… Unsinn! Ohne Risiko kein Schritt ins Neuland! Er lässt mir freie Hand!’
      Shirley Lindsey schloss die Tür hinter sich.
      Aus dem gegenüberliegenden Raum trat Susan Remp ins Vorzimmer.
      „Wir müssen dringend reden“, sprach Shirley Lindsey sie an. „Nicht jetzt, aber bald. Ich muss erst ein Konzept haben.“
      „Das klingt ja wie eine Verschwörung“, scherzte Susan Remp.
      „Es ist eine.“ Shirley Lindsey lächelte.

    S hirley Lindsey briet in der Mittagsonne am Gezeitenbecken des kleinen Küstenfleckens. Ein niedriger Wall aus Lavabrocken schützte sie vor dem ständig wehenden Passat, nur ab und an strich sanft ein kühlender Hauch über ihre heiße Haut, täuschte über die Sonnenbrandgefahr hinweg. Die Flut drückte das Wasser des Atlantik über die Klippen, dass es hoch aufspritzte. Bald würde das Becken gefüllt: und Zeit sein, eine Runde zu schwimmen.
    Obwohl Shirley Lindsey danach gierte, mit dem Großversuch, den Lehmann überraschend vorfristig angeordnet hatte, zu beginnen, war sie auf seinen Vorschlag eingegangen, ein paar Tage auszuspannen. Unterdessen würden die für das umfangreiche Experiment notwendigen Voraussetzungen im Institut – ein Anbau, Sicherheitseinrichtungen und Anschaffungen – getroffen sein.
      Kurzentschlossen hatte sie als Last-minute-Reise 14 Tage auf der Kanaren-Insel Lanzarote gebucht, einen kleinen, schlichten SelbstversorgerBungalow auf der Ostseite der Insel in einer idyllischen FKK-Kolonie gemietet, gleich am Flughafen ein kleines Auto geliehen und alsbald festgestellt, sich goldrichtig entschieden zu haben.
      Zunächst ein wenig erschrocken über das scheinbar Unwirtliche der Vulkaninsel, empfand sie alsbald deren herbe Schönheit und genoss während der Autotouren und Wanderungen jenseits der Urlauberzentren die bizarre Landschaft, den Ordnungssinn und die Ergebnisse des Fleißes der Inselbewohner. In der Siedlung selber kümmerte sich keiner um den anderen, ideal, Körper und Seele ungestört baumeln zu lassen. Erst in diesem Umfeld spürte Shirley Lindsey, wie wohl ihr das lang entbehrte Ausspannen tat, wie sie es brauchte.
      So war es bis zum Vortag.
      Seit dem Abend hatte sie ein Teil ihres Unbeschwertseins verlassen.

    Mechanisch betupfte Shirley Arme und Beine mit Sonnencreme, verrieb diese, und eher belustigt als ärgerlich dachte sie im Kreis: „Was das wohl werden soll?“ Und sie wunderte sich über sich selber, sich auf so etwas überhaupt eingelassen zu haben. Sie hatte tags zuvor der Bequemlichkeit halber auf das Fahren mit ihrem Mietauto verzichtet und für einen Ausflug in den Nationalpark zu den Feuerbergen einen Busplatz gebucht.
      Der Fremdenführer verstand es ausgezeichnet, die Attraktionen des Vulkans an den Mann zu bringen. Shirley selbst geriet ins Staunen, als aus einer Bohrung eingegossenes Wasser nach Sekunden als Dampffontäne hervorschoss oder ein Reisigbündel im Lavaspalt entflammte. Und sie aß mit Vergnügen ein in Erdhitze gegrilltes Hähnchenbein.
      Als die Reisegruppe den Bus verließ, fiel Shirley ein Mann auf, der auch Alleinreisender zu sein schien. Er hatte ihr beim Verlassen des Fahrzeugs galant helfend die Hand gereicht und ihr einen sehr aufmerksamen Blick schenkte.
      Beim gemeinsamen Mittagessen im Tal der tausend Palmen bei Haria, saß er – Zufall? – mit ihr am gleichen Tisch, und sie führten ein angeregtes Gespräch über diese abartige Insel, den Passat und den Vulkanismus. Auf dem Aussichtspunkt, dem grandiosen Mirador del Rio, richtete er es unaufdringlich ein, neben ihr zu stehen. Sie
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