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Celinas Tochter

Celinas Tochter

Titel: Celinas Tochter
Autoren: Brown Sandra
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Sicherheitsglasscheiben, hinter denen einst verlockende Waren prangten, waren mit Graffiti verschmiert. An einer geschlossenen Wäscherei hing ein handgeschriebenes Schild. Jemand hatte das »r« weggekratzt, jetzt las sich das Schild: 3 SHI TS/ $ 1, dreimal Scheiße/1 Dollar, die Wirtschaftslage von Purcell County in dürren Zahlen.
    Sie stieg vor dem Bezirksgericht aus und fütterte die Parkuhr mit Münzen. Das Gerichtsgebäude war vor neunzig Jahren aus dem roten Granit der hiesigen Berge erbaut worden. Italienische Steinmetze hatten prätentiöse Fabelwesen und Greifvögel auf jede verfügbare Fläche eingemeißelt, als ob die Masse der Verzierungen das Honorar ihres Auftrags rechtfertigen sollte. Das Ergebnis war protzig, aber gerade dies machte das Gebäude eindrucksvoll. Auf der Kuppel flatterten die Landesfahne und die Flagge von Texas im frischen Nordwind.
    Nachdem Alex im letzten Jahr ständig in und um das Kapitol von Austin gearbeitet hatte, konnten offizielle Gebäude
sie nicht mehr einschüchtern. Sie schritt entschlossen die Treppe hoch und zog die schweren Türflügel auf. Im Inneren zeugten bröckelnder Putz und abblätternde Farbe vom langsamen Verfall. Auf dem Kachelboden sah sie Haarrisse wie auf den Innenseiten uralter Hände.
    Die Gänge waren hoch, zugig und rochen nach Industrie-reinigungslösung, staubigen Akten und einer Überdosis Parfum, die die Sekretärin des Bezirksstaatsanwalts ausströmte. Sie hob erwartungsvoll den Kopf, als Alex das Vorzimmer betrat.
    Â»Hallo. Haben Sie sich verlaufen, Schätzchen? Tolle Frisur. Ich wünschte, ich könnte so einen Knoten tragen. Aber dazu braucht man winzige Ohren. Und ich mach den Elefanten Konkurrenz. Nehmen Sie Henna, um diesen roten Schimmer zu kriegen?«
    Â»Ist das hier das Büro von Bezirksstaatsanwalt Chastain?«
    Â»Klar, Schätzchen. Was wollen Sie denn von ihm? Heute hat er ziemlich viel zu tun.«
    Â»Ich bin von der Staatsanwaltskammer von Travis County. Mr. Harper hat mich telefonisch angemeldet, glaube ich.«
    Das Kaugummi in der Backe der Sekretärin erstarrte. »Sie? Wir haben einen Mann erwartet.«
    Â»Wie Sie sehen...« Alex hob die Brauen.
    Die Sekretärin zog einen Flunsch. »Mr. Harper hätte doch wirklich erwähnen können, daß sein Assistent eine Lady ist, aber, Scheibenkleister, was soll’s«, sagte sie mit einer verächtlichen Handbewegung. »Sie wissen ja, wie die Männer sind. Ja, Schätzchen, Sie sind auf die Minute pünktlich für Ihren Termin. Ich heiße Imogene. Möchten Sie einen Kaffee? Toll, was Sie da anhaben, so modisch. Die Röcke sind jetzt wieder kürzer, was?«
    Alex riskierte es, unhöflich zu sein, und fragte: »Sind die Verhandlungsparteien schon hier?«
    In diesem Augenblick ertönte männliches Gelächter durch die geschlossene Tür von nebenan. »Beantwortet das Ihre Frage, Schätzchen?« fragte Imogene. »Da hat wahrscheinlich
grade einer einen dreckigen Witz erzählt, um ein bißchen Dampf abzulassen. Die platzen fast vor Neugier, was dieses geheime Treffen soll. Wie heißt denn das große Geheimnis? Mr. Harper hat Pat nicht erzählt, warum Sie nach Purcell kommen, obwohl sie zusammen auf der Uni waren. Hat das was damit zu tun, daß ME eine Glücksspiellizenz kriegen soll?«
    Â»ME?«
    Â»Minton Enterprises.« Sie sagte das, als wäre sie überrascht über Alex’ Ahnungslosigkeit.
    Â»Vielleicht sollte ich sie nicht länger warten lassen«, schlug Alex taktvoll vor und entzog sich so einer Antwort.
    Â»Scheibenkleister, ich red mal wieder zuviel. Wollten Sie jetzt einen Kaffe oder nicht, Schätzchen?«
    Â»Nein danke.« Alex folgte Imogene zur Tür. Ihr Puls beschleunigte sich.
    Â»Verzeihung.« Imogene unterbrach das Gespräch, indem sie den Kopf durch die Tür steckte: »Der Assistent von Bezirksstaatsanwalt Harper ist hier. Macht euch auf was gefaßt.« Sie drehte sich zu Alex um und zwinkerte ihr mit blauverschmierten Wimpern zu, von Frau zu Frau. »Hereinspaziert, Schätzchen.«
    Alex wappnete sich innerlich für das bisher wichtigste Treffen ihres Lebens und betrat das Büro. Die Atmosphäre war so entspannt, daß man kein Hellseher sein mußte, um zu erkennen, wen die Herren erwarteten. Sobald sie die Schwelle übertreten und Imogene die Tür hinter ihr zugemacht
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