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Cassia & Ky – Die Flucht

Cassia & Ky – Die Flucht

Titel: Cassia & Ky – Die Flucht
Autoren: Ally Condie
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begraben können. Die, die versucht haben, hinauf zum Schnee zu klettern.
    Hinten im Dorf höre ich die Lockvögel einander zurufen. Einige Rufe gelten uns:
Hier sind noch drei Tote!
, schreien sie und schweigen abrupt, als sie hinaufblicken.
    Keiner der Lockvögel, die hinauf zum Plateau geklettert sind, wird zurückkehren. Ich ertappe mich dabei, wie ich das Unmögliche hoffe: dass sie vor dem Angriff wenigstens ihren Durst gelöscht haben. Dass sie reinen, kalten Schnee im Mund hatten, als sie starben.

Kapitel 4 CASSIA

    Xander, hier, genau vor mir. Blonde Haare, blaue Augen und ein so liebevolles Lächeln, dass ich nicht anders kann, als meine Hand nach ihm auszustrecken, noch bevor der Funktionär uns die Erlaubnis erteilt hat, einander zu berühren.
    »Cassia!«, ruft Xander aus, und auch er kann nicht warten. Er zieht mich in seine Arme, und wir halten uns ganz fest. Ich versuche gar nicht erst, den Impuls zu unterdrücken, mein Gesicht an seiner Brust zu vergraben, an seinen Kleidern, die nach zu Hause und nach ihm riechen.
    »Ich habe dich vermisst«, sagt Xander. Seine Stimme vibriert über meinem Kopf. Sie klingt tiefer. Er wirkt kräftiger. Es ist ein so gutes, wunderbares Gefühl, bei ihm zu sein, dass ich mich zurücklehne, sein Gesicht in beide Hände nehme, ihn zu mir hinunterziehe und ihn auf die Wange küsse, auf eine Stelle gefährlich nahe an seinem Mund. Als ich zurücktrete, haben wir beide Tränen in den Augen. Wobei Xander mit Tränen in den Augen ein so seltsamer Anblick ist, dass ich nach Luft schnappe.
    »Ich habe dich auch vermisst«, sage ich und frage mich, wie viel von meinem inneren Schmerz auch daher rührt, dass ich Xander verloren habe.
    Der Funktionär hinter Xander lächelt. Unser Wiedersehen lässt nichts zu wünschen übrig. Diskret geht er ein Stück zur Seite und gibt etwas in seinen Datenpod ein. Wahrscheinlich irgendetwas wie:
Beide Subjekte zeigen angemessene Reaktion auf Wiedersehen.
    »Warum?«, frage ich Xander. »Wie kann es sein, dass du hier bist?« Obwohl es so guttut, ihn wiederzusehen, ist es fast zu schön, um wahr zu sein. Ist das nur ein weiterer Test meiner Funktionärin?
    »Unsere Paarung ist jetzt fünf Monate her«, erklärt er. »Alle, die im selben Monat gepaart wurden wie wir, haben jetzt ihren ersten persönlichen Kontakt.
Das
hat die Paarungsbehörde bisher noch nicht gestrichen.« Er lächelt mich an, aber sein Blick ist trotzdem ernst. »Ich habe darauf hingewiesen, dass wir nicht mehr in unmittelbarer Nähe voneinander wohnen und daher ebenfalls ein Treffen verdienen. Und es ist üblich, dass das Treffen dort stattfindet, wo das Mädchen wohnt.«
    Er hat nicht gesagt, »wo das Mädchen zu Hause ist«. Das war taktvoll, aber er hat recht. Dieses Arbeitslager ist nicht mein Zuhause. Ich könnte Oria als mein Zuhause bezeichnen, weil Xander dort wohnt und unsere Freundin Em und weil ich dort aufgewachsen bin. Doch obwohl ich dort nie gelebt habe, könnte ich auch Keya als Zuhause bezeichnen, den neuen Wohnort von Bram und meinen Eltern.
    Und es gibt einen Ort, an dem Ky lebt und an den ich als mein Zuhause denke, obwohl ich nicht weiß, wie er heißt und wo genau er liegt.
    Xander nimmt mich an der Hand. »Wir dürfen miteinander ausgehen«, sagt er. »Wenn du Lust hast.«
    »Natürlich!«, antworte ich und muss unwillkürlich lachen. Vor wenigen Minuten habe ich mir noch die Hände geschrubbt und mich allein gefühlt, und jetzt ist Xander hier! Ich fühle mich, als wäre ich an den erleuchteten Fenstern eines Hauses in Oria vorbeigelaufen, wobei ich vorgab, mir nichts aus all dem zu machen, was ich verloren habe und zurücklassen musste, und dann plötzlich in dem golden warmen Zimmer zu stehen, ohne auch nur die Hand erhoben zu haben, um die Tür zu öffnen.
    Der Funktionär weist mit einer Geste auf den Ausgang, und ich bemerke, dass es nicht derselbe ist, der uns damals bei unserem ersten Rendezvous in dem Restaurant in unserem alten Viertel begleitet hat. Das war ein besonderes Arrangement für Xander und mich gewesen, anstatt einer ersten Kontaktaufnahme von Terminal zu Terminal, weil wir einander schon kannten. Der Funktionär, der uns damals begleitete, war jung. Dieser ist es auch, aber er sieht freundlich aus. Er bemerkt meinen Blick und nickt mir zu, förmlich und höflich, aber auch irgendwie nett. »Dass jedem Paar ein spezieller Funktionär zugeordnet wurde, gibt es nicht mehr«, erklärt er. »So ist es effizienter.«
    »Für ein Essen
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