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Caroline

Caroline

Titel: Caroline
Autoren: Felix Thijssen
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ich folgte ihrem Blick hinüber zu den beiden. Viel hatten sie sich anscheinend nicht zu erzählen. Caroline schaute aufs Meer hinaus und Valerie hatte ihren Kalender aus der Tasche geholt und ging ihre Termine durch.
    Nel presste die Lippen aufeinander und wir spazierten zum Hafen, wo die Hälfte eines der Anlegestege von einem extravaganten Dreimaster in Beschlag genommen wurde, der wie ein Sowjetmausoleum über die normalen Segeljachten und Fischerboote hinausragte. Abendliche Spaziergänger standen scharenweise davor und bestaunten das Schiff.
    »Für wie alt hältst du sie?«, fragte ich.
    »Siebenunddreißig.«
    »Manche Filmstars sehen noch mit fünfzig aus wie siebenunddreißig.«
    »Aber sie ist tatsächlich erst siebenunddreißig«, sagte Nel in einem Ton, als würde sie lieber das Thema wechseln.
    »Woher weißt du das?«
    »Von Karel.«
    »Jetzt nennst du sie auch schon so.«
    »Valerie Romein war achtzehn, als sie Caroline zur Welt brachte. Außerdem geht uns das nichts an«, sagte Nel.
    Als der Junge vom Hotel nicht schnell genug mit seinem Fahrradanhänger auftauchte, warf Valerie Romein ungeduldige Blicke um sich und schaute schließlich mich an, als überlege sie, mich ihre Koffer schleppen zu lassen. Ich erwiderte freundlich ihr Lächeln und winkte Caroline zu, die mit Nel zusammen aus dem Hotel kam. Dann traf der Hotelangestellte ein, in Schweiß gebadet vor lauter Nervosität.
    Wir folgten dem Anhänger zum Hafen. Die Abreise erregte große Aufmerksamkeit. Valeries Freunde hatten eine Gangway ausgelegt. Das Model reichte uns die Hand und ging an Bord.
    Nel hatte Caroline in den Arm genommen und flüsterte ihr etwas ins Ohr. Das Mädchen nickte. Nel klopfte ihr auf den Rücken. »Nicht vergessen. Du hast meine E-Mail-Adresse, falls ich irgendetwas für dich tun kann. Mach was draus.«
    Taue wurden gelöst und Dieselmotoren dröhnten im Bauch der Jacht. Die Segel wurden wahrscheinlich nur selten gesetzt. Damen und Herren standen in modischer Segelkleidung auf den Decks und schauten interessiert der Besatzung zu, die Valeries Koffer an Bord trug und all die anderen niederen Arbeiten verrichtete.
    »Caroline?« Valerie stand mit einem Glas in der Hand an der Reling. »Unser Flieger geht um zwei Uhr!«
    Caroline nickte und ließ Nel los. Sie zögerte einen Moment und gab mir dann ebenfalls einen Kuss auf die Wange. Ich grinste ihr aufmunternd zu. »Tschüss, Karel«, sagte ich. »Halt die Ohren steif.«
    Caroline ging an Bord und die Gangway wurde in die Jacht hineingezogen. Valerie winkte pflichtschuldig, wie eine Königin, die die einheimische Gouvernante der hässlichen Prinzessin mit einem Trinkgeld abspeist und ihrem weiteren Schicksal überlässt.
    Die Jacht fuhr stampfend aus dem Hafen hinaus und das Publikum zerstreute sich, sodass nach einer Weile nur Nel und ich zurückblieben, abgesehen von einigen wenigen Touristen auf Segelbooten und einem Fischer bei seinem Stapel von Netzen auf dem Kai. Nel wandte sich zu mir um und sagte: »Ich habe mir überlegt, dass ich das nicht einfach so machen kann, ohne dir vorher Bescheid zu sagen. Und es geht natürlich nur, wenn du nicht von vornherein absolut dagegen bist. Aber ich will es auf keinen Fall hinter deinem Rücken tun und dich einfach vor vollendete Tatsachen stellen.«
    Ich nickte.
    Nel errötete, was ich nur selten an ihr beobachtete. Es verlieh den Sommersprossen um ihre Nase eine hübsche Farbe. Sie ließ ihr Haar wachsen und ihr Körper schien voller und weicher zu werden. »Wenn ich damit aufhöre, überlasse ich es dem Zufall«, sagte sie.
    »Der Natur«, korrigierte ich.
    »Stimmt, aber wenn du es partout nicht möchtest …«
    Ich fasste sie an den Schultern. »Warum sollte ich mir denn sonst wünschen, dass du zu mir in mein Nest an der Linge ziehst?«

 

     
2
     
    Harm Bokhof, der Obstbauer, kam zu Besuch und brachte eine Kiste von seinen schönsten Äpfeln mit. Er erkundigte sich, wie viel ich durchschnittlich für meine Dienste berechnete und ob die Auftraggeber im Allgemeinen erwarten könnten, dass Privatdetektive diskret zu Werke gingen.
    »Außer sie arbeiten nebenbei für De Telegraaf«, sagte ich. »Worauf willst du eigentlich hinaus?«
    Er erklärte, dass er im Vorstand der Obstversteigerungsgenossenschaft in Geldermalsen säße und im Unternehmen Unregelmäßigkeiten entdeckt worden seien. Der Vorstand überlege nun, zunächst private Ermittlungen in der Sache durchführen zu lassen, bevor man die Polizei einschalte.
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