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Caroline

Caroline

Titel: Caroline
Autoren: Felix Thijssen
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damals an. Ich war da zwar schon nicht mehr bei der Kripo, doch mein ehemaliger Partner Bart Simons und dessen Frau Mia hatten mich zu der Party mitgeschleift. Dort kam ich mit Nel ins Gespräch, einer klugen und attraktiven Expolizistin. Zugleich war sie die Exfrau eines Verkehrspolizisten mit Nazimanieren, der sie als CyberNelika beschimpfte, weil sie seiner Meinung nach keine Frau, sondern ein Freak war und es lieber mit Computern trieb als mit einem richtigen Mann wie ihm. Ich schlug ihm im Namen Nels die Nase blutig und war ziemlich betrunken, als ich sie nach Hause in ihre mit Technik voll gestopfte Dachwohnung brachte.
    Von dieser ersten Begegnung konnte ich mich nur an das Frühstück erinnern, aber es war der Beginn unserer Freundschaft und unserer Zusammenarbeit gewesen. Der Verkehrsbrigadier hatte in einer Hinsicht Recht gehabt: Nel war tatsächlich ein Computergenie, und ihr ursprünglicher Spottname CyberNel wurde Teil ihrer E-Mail- und Website-Adresse und schließlich ihr Markenzeichen. Ich verstand nichts von Computern, aber Nel kannte ich inzwischen gut genug, um zu wissen, dass der Verkehrsbrigadier ein Idiot war.
    »Aber ich liebe dich«, sagte ich. »Das ist der Unterschied. Das andere ist nur Kopfkino. Mit dir ist es mir ernst. Laetitia Casta kenne ich nicht und womöglich würde ich mich nach drei Tagen mit ihr zu Tode langweilen.«
    Sie runzelte die Stirn. »Drei volle Tage?«
    Ich lachte und schenkte ihr Wein nach. »Die musst du mir schon zugestehen. Aber dann – stell dir vor, sie hätte keinen Sinn für Humor und auch nicht deinen Optimismus? Jedenfalls würde ich für sie nicht durchs Feuer gehen.«
    Sie schaute mich an. Valerie Romein war vergessen. »Wollen wir jetzt darüber reden?«
    »Wenn du willst.«
    Nel legte ihr Besteck hin und lehnte sich zurück. »Du bist ein Romantiker, das heißt einer von der gefährlichen Sorte.«
    »Ich habe dich noch nie vor irgendeiner Gefahr zurückschrecken sehen.«
    »Weil ich dich liebe.«
    So einfach war das. Für Nel war es nie anders gewesen.
    Für mich schon, und deshalb zögerte sie so. »Langsam kommt es mir vor, als würden wir Verhandlungen führen«, sagte ich. »Das halte ich nicht für richtig. Zieh doch einfach zu mir an den Fluss und dann lieben wir uns der Zukunft entgegen. Was willst du mehr?«
    Nel sagte eine Weile nichts. Sie aß den letzten Bissen ihres Perlhuhnfrikassees, brach ein Stückchen Brot ab und wischte die Sauce von ihrem Teller, wie es die Franzosen schon seit Jahrhunderten vor der Erfindung der Spülmaschine taten, aus Höflichkeit, um ihren Frauen unnötig schmutziges Geschirr zu ersparen. Dann tupfte sie sich mit ihrer Serviette die Lippen ab, reichte nach dem Wein und sagte: »Ich glaube, Caroline wird uns eines Tages noch alle überraschen.«
    »Sind wir denn schon fertig mit unserem Gespräch?«, fragte ich.
    Nel schüttelte den Kopf. »Im Gegenteil. Das hier ist das Gespräch. In ihrer Geschichte kommt nämlich ein Ermittler vor. Sie hat etwas über Max, den Kripobeamten, geschrieben, und das passt haargenau zu deinem ›einfach zu dir ziehen, sich lieben, was wollen wir mehr?‹.«
    »Jetzt bin ich aber neugierig.«
    Auf Nels Stirn bildete sich eine Falte. »›Der Ermittler drückte sich gewandt aus und bewegte sich geschmeidig. Er schien ein zufriedener Mensch zu sein, doch Tilly betrachtete nun einmal jeden Mann, der alt genug war, ihr Vater zu sein, mit ganz besonderen Augen und sah manchmal Dinge, die vielleicht gar nicht da waren. Melancholie zum Beispiel, weil seine Zeit verstrich, und Unruhe, weil er tief in seinem Inneren wusste, dass er nicht genug aus seinem bisherigen Leben gemacht hatte und zu wenig übrig behielt, um stolz darauf zu sein.‹«
    Sie hob ihr Glas an die Lippen und trank es aus. Als sie es wieder hinstellte, sah ich, dass in ihren grünen Sphinxaugen mehr schimmerte als nur der Kerzenschein.
    Unsere Teller wurden abgeräumt. Nel wollte keinen Nachtisch und wir bestellten Kaffee. Ich sagte leise: »Max Winter unter dem Messer von CyberNel?«
    »Ich tratsche nie«, entgegnete Nel mit einem beleidigten Unterton. »Und ganz bestimmt nicht über dich. So sieht Caroline dich.«
    Ich lächelte der Hoteltochter zu, die Kaffee und dazu Petits Fours und Pralinen vor uns hinstellte, pulte einen Zuckerwürfel aus dem Papier und räusperte mich. »Es tut mir Leid, wenn ich diesen Eindruck erwecke. Es klingt sicher wie eine lahme Ausrede, wenn ich sage, dass ich mir die größte Mühe gebe oder
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