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Caravan

Titel: Caravan
Autoren: dtv
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oberflächlichen Dingen auf.«
    »Nein, tu ich nicht.« Sie streckt die Hand in die Fontäne und spritzt Wasser auf sein Hemd.
    »Tust du doch.« Er spritzt zurück, ihre Haare werden nass.
    »Und du redest wie ein Bergmann aus dem Donbass.« Sie klatscht ihm eine Handvoll Wasser ins Gesicht. »Heiliger Bimbam! Himmel,
     Arsch und Zwirn!«
    »Und wenn schon. Muss ich mich deswegen schämen?« Er reibt sich das Wasser aus den Augen. »Jetzt klingst du wie ein bürgerliches
     Schulmädchen.«
    »Und wenn schon.« Sie versetzt ihm einen Stoß, dass er rückwärts in die Fontäne stolpert. Ihre Augen leuchten. Wasser läuft
     ihr über das Gesicht. Er muss grinsen.
    »In diesem Fall«, prustet er und muss erst mal das Wasser aus der Nase schnauben, »muss ich dich wohl umerziehen.« Er packt
     sie am Handgelenk und zieht sie an sich.
    »Niemals!« Wieder gibt sie ihm einen Stoß, aber sie gleitet auf den glatten Steinen aus und rutscht selbst in den Brunnen.
     Als sie nach seinem Arm greift, um sich festzuhalten, fällt er mit ins Wasser.
    »Ich fange gleich an.« Er hält sie fest und bedeckt sie mit Küssen. »Du Schulmädchen.«
    |378| »Bergmann!« Sie strampelt sich frei und setzt sich auf ihn. »Du und deine Sowjet-Propaganda.«
    »Orangenrevoluzzerin.«
    »Du glaubst wohl, du weißt alles. Tust du aber nicht.« Sie schüttelt ihr nasses Haar. Ihre Kleider sind nass und kleben an
     ihrem Körper. Wenn er keinen kühlen Kopf bewahrt, schafft dieses Mädchen es noch, ihn zu ertränken.
    »Zeig mir was, das ich noch nicht weiß.«
    »Hier!« Dann drückt sie ihn auf die Steine hinunter, presst die Lippen auf seine und schiebt ihm die Zunge in den Mund. Er
     schnappt nach Luft. Sie ist überraschend stark, und schlüpfrig wie eine Meerjungfrau. Überall ist Wasser, in seinen Augen,
     in der Nase, und es schießt in hohen Fontänen aus dem Boden.
    Und während sie im schäumenden Wasser ringen, taucht aus dem Nichts der Schatten eines schwarzen Hundes auf, eines nicht mehr
     jungen, schönen Hundes, der durch die Wasserfontänen rennt, bellt und mitspielen will. Und oben am tiefschwarzen Himmel tanzen
     die ersten Sterne am Firmament.
    Aber das Wasser ist so kalt!
     
    Lieber Andree,
    ich schreibe dir, um dich über die Neuheiten aufzuklären, denn heute hat mich durch die Gnade Gottes ein Telefonanruf meiner
     Schwester erreicht, die mit deiner Hilfe meinen Enthaltungsort aufgedeckt hat. Und ich hoffe inbrünstig, dass du, mein lieber
     Freund, eines Tages zurückkehrst nach Richmond, nicht weit von der Schönheit Croydons, wo ich dich mit pochendem Herzen erwarte.
     Und auch die herrlich schöne Irina, denn ich hoffe, inzwischen seid ihr beide vereint im Heiligen Bund der Ehe.
    Meine Schwester war voller Fragen über mein Leben im
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Heim von Toby Makenzi und seinen rührvollen Eltern, und sie war überfroh zu hören, dass alles glücksam ausgegangen ist, und
     wir sind mit den täglichen Beweisen Seiner Güte gesegnet. Ich habe meine sündhafte Neugierde auf die Fleischerlust aufgegeben
     und mich den Flüssen zugewandt, denn ich bin ein Menschenfischer geworden.
    Jeden Tag zur Abendzeit steigen der Pa und ich gemeinsam zum Fluss hinunter mit der Rute und dem roten Eimer der Mosambiker,
     und wir verbringen zwei Stunden oder mehr in Betrachtung des langsamen Stroms der Zeit. Und manchmal am Abend, wenn der Fluss
     dunkel wird in seinem Mysterium, ist die Kraft der Liebe so groß, dass sich mein Herz öffnet und singt. Denn der Sonnuntergang
     über diesen Wassern ist herrlich schön anzusehen, gemalt in hellem Blau mit köstlichem rosa Gewölk (wenn auch nicht so schön
     wie die Sonnuntergänge in Zomba) und ich bin voller Ehrfurcht vor Seiner Kunst. Und durch die Mysterien unserer langen Konversionen
     am Flussufer hat der Pa begonnen, auf den Pfaden des Herrn zu wandeln, und er hat das Whisky-Trinken und die Gotteslästerungen
     aufgegeben.
    Und manchmal widerfährt uns, dass wir einen Fisch an der Rute haben. Und so hat die herrliche Ma, die uns davon viele Abendmahle
     zubereitet hat, begonnen, ihre gottlosen vegetarischen Wege des Joghurts zu verlassen, und wandelt ebenfalls in unserem frohen
     Königreich. Manchmal steigt sie am Abend zu uns herab an den dunkel werdenden Fluss, um sich unserer Betrachtung anzuschließen.
     Und sogar der gute Mzungu Toby Makenzi, um dessen Freundschaft ich in dieses Land kam, ist ein Jünger des Flusses geworden.
     Ich aber bete fieberhaft, dass die Rauschmittel bald von
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