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BZRK Reloaded (German Edition)

BZRK Reloaded (German Edition)

Titel: BZRK Reloaded (German Edition)
Autoren: Michael Grant
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eine seltsame Mischung aus Beschützerinstinkt und Vertrauen. Es war eigenartig, jemandem gegenüber solche Gefühle zu haben, der so kaltblütig wie Vincent war. Jemandem, der so vollkommen beherrscht war. Nun ja, gewesen war.
    Sie ballte die Fäuste so stark, dass sie sich mit den Fingernägeln neue und viel zu kurze Lebenslinien in die Handflächen schnitt. Sie hatte zu viele Schläge hinnehmen müssen, zu viele Verluste erlitten: ihre Mutter, ihr Vater und ihr Bruder. Was blieb ihr jetzt noch?
    Man sagt, was dich nicht umbringt, härtet ab. Nein, es lässt dich nur mit klaffenden Löchern in der Seele zurück. Es lässt dich wie Vincent zurück.
    Plath war von Vincent angeworben worden. Sie hatte Vincent vertraut, blind vertraut. Und gleichzeitig hatte sie immer das Gefühl gehabt, dass sie sich um ihn kümmern sollte, und zwar nicht nur als Gegenleistung. Nicht, weil sie es ihm schuldig war, sondern weil etwas aus diesem teilnahmslosen Gesicht, aus diesen dunklen Augen zu ihr sprach und sagte: Ja, ich bin bedürftig.
    Plath wusste, dass sie damit nicht allein war. Die anderen, sie alle spürten es genauso.
    Aber dieser Vincent, dieser coole, ruhige, unnachgiebige Typ, den man trotz allem beschützen wollte, dieser Vincent war nicht länger hier.
    Irrsinn.
    Völliger Wahnsinn.
    Bisher war er nur geistesabwesend gewesen, aber nun sah sie den Wahnsinn. Nun spürte sie ihn, und die tapfere Plath war nicht länger tapfer.
    Sie drehte sich um, weil sie es nicht mehr mit ansehen konnte.

    Ophelia hätte nur gelacht angesichts der Idee, dass einen abhärtet, was einen nicht umbringt. Sie hatte die Beine verloren, das eine am Knie, das andere zehn Zentimeter darüber. Es hatte sie nicht abgehärtet.
    Im Gegenteil, wie Vincent hatte auch sie ihre Bioten eingebüßt. Wäre Ophelia zu einem rationalen Gedanken fähig gewesen, hätte sie sich vielleicht den Unterschied zwischen Beinen, tatsächlichen menschlichen Beinen, und den Bioten, die trotz allem nicht zur ursprünglichen Ausstattung eines Menschen gehörten, bewusst gemacht.
    Ihre Beine hatten wie Kerzen gebrannt, waren wie Wachs bis auf die Knochen heruntergeschmolzen. Im OP des Bellevue Hospitals hatten sie ihr die gegrillten Stümpfe endgültig amputiert. Aber ihre Bioten waren schon lange davor abgestorben gewesen, eingeäschert bei der furchtbaren Katastrophe in der UNO. Als die Ärzte ihr abgenommen hatten, was von ihren Beinen geblieben war, war von ihrem Geist auch nicht mehr viel übrig gewesen.
    Ophelia wurde von FBI-Agenten bewacht, für die sie eine mutmaßliche Terroristin war. Einer stand direkt vor ihrem Zimmer, zwei hatten sich auf die Enden des Krankenhauskorridors aufgeteilt, und einer war vor dem Stationszimmer postiert. Wäre Ophelia bei klarem Verstand gewesen, hätte es sie vermutlich überrascht, einen Mann am Fuß ihres Bettes vorzufinden, der trotz seines weißen Kittels offensichtlich kein Arzt war. Unter seinem weißen Kittel trug er einen verblichenen, fliederfarbenen Samtblazer. Seinen flotten Zylinder hatte er wohl beiseitegelegt, doch noch immer hatte er ein Gesicht wie Danny Trejo.
    Caligula – man kannte ihn nur unter diesem Namen – kam näher und blieb neben ihr stehen. Ophelia stierte ihn an, und in dem kurzen Moment der Klarheit, den die Schmerzmittel und ihr gequälter Geist ihr gönnten, schien sie ihn fast zu erkennen.
    »Du?«
    »Ja, Ophelia.«
    »Haben sie? Sind, äh … Haben sie …?«, fragte sie. Obwohl sie keine zusammenhängende Frage gestellt hatte, beantwortete Caligula sie so, als hätte sie das getan und als könnte Ophelia ihm folgen. Dabei hatten sich ihre Augäpfel schon wieder so stark verdreht, dass man nur noch das Weiße sah, und ein manisches Grinsen verzerrte ihre Lippen.
    »Wilkes ist davongekommen. Die anderen sind am Leben.« Und dann sagte er: »Du hast dich gut geschlagen, Ophelia. Du warst tapfer.«
    Er legte ihr seine Hand auf die Stirn, was wie eine zärtliche Geste wirkte. In Wahrheit aber hielt er ihren Kopf fest, während er mit einer raschen Bewegung einen Dolch in ihrer Schläfe versenkte.
    Aus seiner Tasche nahm er ein kleines Röhrchen, das in einem angespitzten Ventil endete. Er zog das Messer aus der Öffnung und schob an seiner Stelle das Ventil hinein. Dann öffnete er es und ließ seine Spezialmischung aus weißem Phosphor in ihr Hirn fließen.
    Eine Autopsie hätte nur allzu leicht Hinweise auf Nanotechnologie zutage fördern können, und es war Teil seines Auftrags, dies zu
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