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Buch des Todes

Buch des Todes

Titel: Buch des Todes
Autoren: J Brekke
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sie funktionierte definitiv nicht so, wie sie sollte. Er unternahm aber auch nichts, um den Fehler zu finden oder zu beheben. Er hatte befürchtet, dass dies die Endstation für ihn war, doch seit ein paar Tagen sah er wieder Licht am Horizont; er saß an etwas Großem, hielt das Ticket für eine Freifahrt mit der Berg-und-Tal-Bahn in der Hand.
    Efrahim Bond hatte bis vor Kurzem nur eine einzige Sache über Norwegen gewusst. Nämlich, dass es dort am Ende der Welt eine kleine Stadt namens Horten gab, in der in den Siebzigerjahren jedes Jahr ein Rockfestival stattgefunden hatte.Auf einem dieser Festivals hatte – war das 1978 gewesen? – ein frierender Bob Marley gestanden und seine tropisch heißen Trauersongs gesungen. Es war ein nasser, kalter Sommertag gewesen, von denen es in jenem Norwegen offenbar viele gab. Bond stellte es sich wie einen Herbstmorgen in Virginia vor, wenn die Luft ein seltenes Mal klar war und die Regentropfen sich kühl anfühlten.
    Das mit dem Regen in Horten wusste er nur, weil er früher häufig Bob Marley gehört und sich über ihn informiert hatte, wobei er irgendwo auf ein Interview gestoßen war, in dem der große Reggaesänger über das Wetter und die Kälte mitten im Sommer klagte.
    Einmal war er mit einem der Gäste des Museums ins Gespräch gekommen. Früher, als er die Arbeit dort noch als einen Schritt in die richtige Richtung gesehen hatte und nicht als Endstation seines Lebens und seiner Karriere, war das öfter vorgekommen. Der Gast war Norweger gewesen, der sich nicht wirklich für das Museum interessiert hatte. Er war mitgeschleppt worden von seiner intellektuellen, schönen und deutlich sozialer veranlagten Frau, die sicher nicht den Rest ihres Lebens mit ihm verbringen würde. Dieser Mann war auf ebenjenem Konzert gewesen und erzählte, dass damals eine Organisation namens »Rote Jugend« Hand zettel ausgeteilt und Marley des Klassenverrats angeklagt hatte, weil sein neuestes Album – Kaya muss das gewesen sein – ohne jeden revolutionären Geist sei, woraus sie schlossen, dass der größte Held der Dritten Welt korrumpiert worden sei. Was diese jungen Linksaktivisten übersahen, war die Tatsache, dass Marley viele der Songs auf Kaya bereits zehn Jahre früher geschrieben hatte. Marley wechselte in seinen Songs immer wieder zwischen Auflehnung und Versöhnung.
    Diese Geschichte war alles, was er über Norwegen und die Norweger wusste, und das war nicht sonderlich viel.Aber nun war sein Interesse für dieses lang gestreckte, kalte Land vor wenigen Monaten ganz überraschend erneut geweckt worden. Insbesondere interessierten ihn bestimmte Aspekte der norwegischen Kriminalität. Die Mordrate war in diesem Land so niedrig, dass man fast glauben musste, die Zahlen seien manipuliert und das Ergebnis sozialdemokratischer Plankriminalität.Am interessantesten aber fand er die Tatsache, dass in dem kleinen Norwegen, im Gegensatz zu allen anderen westlichen Ländern, nur ein einziges Mal ein Serienmörder aufgetaucht war, ein melancholischer Krankenpfleger mit Curacitspritzen und einer Überdosis Barmherzigkeit.
    Das würde bald alles nur noch Makulatur sein. Sobald er die Ergebnisse seiner Arbeit der letzten Monate vorlegte, bekam das friedliche Norwegen noch einen Serienmörder der deutlich blutigeren Art. Einen, den sie schon lange hatten, ohne es zu wissen. Die Beweise lagen vor ihm auf dem Tisch. Nicht nur das persönliche Geständnis des Mörders für jeden dieser Morde, sondern vermutlich auch organisches Material von mindestens einem seiner Opfer.Warum sich die Dinge in seinem Museum in Richmond, Virginia, befanden, war eine lange Geschichte. Jedenfalls fehlten ihm jetzt wirklich nur noch einige wenige Laborergebnisse, damit seine Theorie endgültig bestätigt war.
    Er ließ seine Fingerkuppen über das grobe Material glei ten, auf dem das Geständnis geschrieben war. Die eine blutige Beschreibung über der anderen, ein einziges Sammelsurium, das für ihn aber nicht mehr unleserlich war.
    Es klopfte an der Tür. Rasch und mit einem unerklärlichen Schuldgefühl öffnete er die oberste Schublade seines Schreib tisches und schob die Geständnisse hinein, als wären es seine eigenen. Er schloss die Schublade und rief:
    »Herein.«
    Er hatte gehofft, es wäre der Bote der Universität, der ihm die ersehnten Analyseergebnisse brachte, aber seine Hoffnung wurde enttäuscht. Zuerst erkannte er die Person nicht, und als er sie erkannte, wurde ihm bewusst, dass er sie noch
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