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Brunetti 14 - Blutige Steine

Brunetti 14 - Blutige Steine

Titel: Brunetti 14 - Blutige Steine
Autoren: Donna Leon
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Commissario mit ihrem festen Händedruck.
    »Wir kommen aus Maine«, erklärte sie. »Genauer gesagt, aus Biddeford Pool«, und als sei das noch nicht präzise genug, ergänzte sie: »Unser Ort liegt direkt am Meer.«
    »How do you do, Mr. und Mrs. Crowley«, versetzte Brunetti, selbst überrascht, daß ihm diese altmodische Floskel noch geläufig war. »Wenn Sie mir nun bitte schildern würden, was Sie gesehen haben?« Welch eine merkwürdige Konstellation: er, der ungeduldige Italiener, und diese beiden Amerikaner, die erst umständlich den Höflichkeitsregeln Genüge tun mußten, ehe sie sich den eigentlich wichtigen Dingen widmen konnten.
    »Doctores«, berichtigte die Frau.
    »Wie meinen Sie?« fragte Brunetti verständnislos.
    »Dr. Crowley und Dr. Crowley«, erklärte sie. »Fred ist Chirurg, ich bin Internistin.« Und bevor Brunetti sein Erstaunen darüber äußern konnte, daß Leute ihres Alters noch berufstätig seien, ergänzte sie: »Das heißt, wir waren's, bis zu unserer Pensionierung.«
    »Verstehe«, sagte Brunetti und hielt inne. Ob die beiden wohl jetzt gesonnen waren, seine eigentliche Frage zu beantworten?
    Sie wechselten einen Blick, dann ergriff wieder die Frau das Wort. »Also wir waren gerade drüben auf diesem campo angekommen, da entdeckte ich die fliegenden Händler mit all den Taschen. Ich wollte sehen, ob vielleicht etwas für unsere Enkeltochter dabei wäre, und ich stand ganz vorn und schaute mir die Waren an, als ich dieses merkwürdige Geräusch hörte - es klang ungefähr wie das pfft, pfft, pfft ihrer Kaffeemaschinen, wenn man den Hebel betätigt, damit der Dampf austritt. Dreimal rechts von mir und dann noch zweimal von links, immer das gleiche Geräusch: pfft, pfft.« Sie stockte, als höre sie es noch einmal, und fuhr dann fort. »Ich drehte mich um, wollte feststellen, woher das Geräusch kam, aber ich sah nur die Leute neben und hinter mir, einige davon aus meiner Reisegruppe, und einen Mann im Überzieher. Als ich mich wieder umwandte, da lag dieser arme junge Mensch am Boden. Ich kniete mich neben ihn hin und versuchte ihm zu helfen. Ich glaube, dann habe ich nach Fred gerufen, vielleicht aber auch erst später, als ich das Blut sah. Zuerst nahm ich an, der junge Mann sei ohnmächtig geworden, ein Schwächeanfall, womöglich weil er die Kälte nicht gewohnt war. Doch dann sah ich das Blut, und wahrscheinlich habe ich in dem Moment nach Fred gerufen; genau weiß ich es nicht mehr. Wissen Sie, mein Mann hat sehr viel in der Notaufnahme gearbeitet. Aber als Fred endlich kam, wußte ich bereits, daß der junge Mann tot war.« Sie überlegte einen Moment und fuhr dann fort: »Ich weiß nicht, wieso ich mir so sicher war, denn ich konnte nur seinen Hinterkopf sehen, aber sie haben so eine Aura um sich, die Toten. Als Fred neben mir niederkniete und ihn berührte, wußte auch er gleich Bescheid.«
    Brunetti wandte sich ihrem Gatten zu, der jetzt das Wort ergriff. »Martha hat ganz recht. Ich wußte es sogar schon, bevor ich ihn anlangte. Der arme Junge war noch warm, doch das Leben war bereits aus seinem Körper gewichen. Kann nicht älter als dreißig gewesen sein.« Dr. Crowley schüttelte den Kopf. »Ganz gleich wie oft man es mit ansieht, die Erfahrung ist immer wieder neu. Und furchtbar.« Abermals schüttelte er den Kopf und schob, wie um seine Worte zu unterstreichen, die leere Tasse ein paar Zentimeter von sich fort.
    Seine Frau legte ihre Hand auf die seine und sagte so vertraulich, als wäre Brunetti gar nicht dabei: »Wir hätten nichts mehr machen können, Fred. Diese beiden Männer wußten genau, was sie taten.«
    Sie sagte es mit der größten Selbstverständlichkeit: »diese beiden Männer«.
    »Was denn für Männer?« fragte Brunetti so ruhig wie irgend möglich. »Können Sie mir die vielleicht beschreiben?«
    »Also da war einmal der im Überzieher«, begann Martha Crowley. »Er stand rechts hinter mir. Den zweiten habe ich nicht gesehen, aber er muß links von mir gestanden haben, weil doch das Geräusch von dort kam. Ich bin nicht einmal sicher, ob es ein Mann gewesen ist. Das habe ich nur angenommen, weil doch der andere, also der im Überzieher, ein Mann war.«
    »Und Sie, Doktor?« wandte Brunetti sich an den Ehemann. »Haben Sie diese Männer auch gesehen?«
    Fred Crowley schüttelte den Kopf. »Leider nein. Ich war wohl zu sehr mit dem Feilschen um die Taschen beschäftigt. Nicht einmal das Geräusch habe ich mitbekommen.« Wie zum Beweis drehte er den Kopf
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