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Brüder und Schwestern

Brüder und Schwestern

Titel: Brüder und Schwestern
Autoren: B Meinhardt
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geschickt hatte, da ging Britta schon zur Tagesordnung über: Sie werde die Schwestern hier auf dem Flur ablenken, wodurch, wisse sie noch nicht, auf jeden Fall würden die Brüder mit Willy auf der Liege dann aber unbemerkt zum Fahrstuhl gelangen können, so stelle sie es sich vor.
    »Und unten, beim Pförtner …?« gab Erik zu bedenken, er war doch wirklich ein Abwäger und Zögerer, aber jetzt war es gut, daß er so einer war, denn man beriet weiter. Man stellte sich eine Frage: Wie wäre es, wenn man Marieluise einbezöge? Jawohl, ein glücklicher Umstand, daß sie anwesend war, denn so konnte sie sich um den Pförtner kümmern – kannte sie, die Frau Doktor, ihn nicht sogar?
    Das nahm alle vollkommen in Anspruch, solch einen Schlachtplan zu entwerfen, anders ging es nicht, es war ihnen ja aufgetragen worden von Willy, aber Schande, sie gerieten ihrem Vater etwas zu weit voraus, sie vergaßen beinahe, daß er noch atmete; gleich hinter der Wand, an der sie lehnten und vor der sie auf und ab gingen, gleich dahinter sog er auf eine beschwerliche Art Luft ein und stieß sie wieder aus.
    Jetzt wurden sie daran erinnert, denn Marieluise kam aus dem Zimmer.
    »Und?« fragte Britta, aber Marieluise nickte nur und bedeutete ihnen, sie sollten schnell wieder reingehen; sie umarmte jeden, sie schickte sich an, das Krankenhaus verlassen.
    Wie geheißen gingen Britta und Erik hinein. Matti indes hielt Marieluise zurück: Hierbleiben möge sie, gern auch mit ihnen am Bett des Sterbenden, bat er die Großmutter seines künftigen Kindes, denn sie müsse ihnen unbedingt helfen, Willys letzten Willen auszuführen. Er begann, ihr diesen zu erläutern, da unterbrach sie ihn: Willy habe auch sie soeben über alles in Kenntnis gesetzt.
    Und daß sie noch einen extra letzten Willen gesagt gekriegt hatte in dem Zimmer und daß sie in diesem Zusammenhang von Willy auch angewiesen worden war, seinen im Nachtschränkchen liegenden Hausschlüssel – »da in der … in der Schub … lade … da drin … Em-El« – an sich zu nehmen? Das vermied sie zu erwähnen, das war nun überhaupt nicht für Matti bestimmt.
    Eine Minute vielleicht hatten sie geredet, dann gingen auch sie zurück in das Zimmer. Still war es jetzt darin, sie begriffen, weil ihnen Britta und Erik die Sicht auf Willy versperrten, erst gar nicht, wie still.
    Sie schauten ihnen aber über die Schulter, und da sahen sie, daß Willy seine Lider nicht mehr aufkriegte und nicht mehr zu, wie bei einem Reptil lagen die Pupillen halb frei und halb verdeckt. Vor seinem Mund stand die Luft.
    *
    Mochte auch manches in seinem Leben ganz und gar nicht so funktioniert haben, wie er sich das vorgestellt hatte – sein letzter Plan sollte sich als perfekt erweisen, als fast perfekt.
    Matti, damit begann die unmittelbare Vorbereitung, verließ die anderen, denn er würde der Fahrer sein, wer sonst. Er lief zum Werchowschen Grundstück, wo er zunächst die Jawa startklar machte. Dann stieg er nach oben in die Kammer unterm Dach und legte Willys Ledermontur an, die voller Staub war, einerlei jetzt, er beklopfte sich nicht einmal. Schließlich eilte er noch in den Keller und schnappte sich die nicht weniger staubigen langen roten Lederriemen, mit denen Rudi einst seine schlecht schließenden Koffer aus riffliger Hartpappe zusammengehalten hatte. Und sogleich wieder zurück zum Krankenhaus auf der Jawa, und schnell wieder rein ins Zimmer.
    Dort war man währenddessen nicht untätig geblieben. Man hatte Willy in die Kleidung gesteckt, in der er eingeliefert worden war, allerdings schien sie speziell den Frauen arg dünn angesichts der nächtlichen Kühle, die mittlerweile aufgezogen war, nein diese Frauen brachten es einfach nicht fertig, Willy so losfahren zu lassen, pietätlos wäre das doch gewesen und überhaupt nicht fürsorglich. Sie wickelten ihm ein Bettlaken um den Körper und zogen ihm erst dann seine Herbstjacke über, nun waren sie halbwegs zufrieden.
    Und Marieluise ging schon runter und erneuerte ihre Bekanntschaft mit dem Pförtner, und Britta trat seufzend ins Kabuff der Stationsschwestern und erklärte mit brüchiger Stimme, ehe die Kräfte sie verließen in dem Krankenzimmer, brauche sie jetzt bitte, bitte einen Kaffee. Sie zeigte auf die Kanne, die sie durch die Glastür gesehen hatte, und drückte die Tür sachte mit dem Rücken zu. Und so blieb sie stehen, direkt vor der Tür, selbst noch, als die Schwestern ihr längst eingeschenkt hatten.
    Diese Schwestern aber wußten
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