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Brüder und Schwestern

Brüder und Schwestern

Titel: Brüder und Schwestern
Autoren: B Meinhardt
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in ihrem Besitz.
    Sie konnten darauf erst recht nichts sagen. Ein Trennungssatz war das ja schon gewesen, wenn sie’s genau bedachten. So trat eine lange Stille ein in dem ohnehin von vielen Pausen durchzogenen Gespräch.
    Plötzlich klopfte es. Die Tür ging aber nicht auf. Willy gab den Kindern sein Zeichen mit den Lidern, seltsam, wie schnell allen hier diese Sprache in Fleisch und Blut übergegangen war, und sie riefen »herein«.
    Marieluise war das. »Ja«, sagte Matti zu Willy, »wir haben ihr schnell noch Bescheid gesagt, Catherine und ich …« Es klang ein wenig fragend: ob es ihm auch recht sei?
    Zusätzlich anstrengen tat es ihn, er offenbarte es durch ein leises Stöhnen. Und hatten er und Marieluise sich nicht schon vor ein paar Tagen wie abschließend besprochen, hatten sie nicht wie für immer zusammengefunden nach ihrer letzten unschönen Auseinandersetzung? So war es. So konnte man es sehen. Willy sah aber auf einmal noch etwas anderes, eine interessante Idee blitzte in ihm auf, wie Marieluise so vor ihm stand, die Idee war das, um die er geraume Zeit ganz vergeblich gerungen hatte; mochte er auch am Ende seiner körperlichen Kräfte sein, seinen Geist unterzog er jetzt einer letzten Anstrengung, wie früher im »Aufbruch« wälzte er in Gedanken die verschiedensten Dinge hin und her, wie dort so viele Jahre versuchte er jetzt hier, sie ineinanderzufügen zum allgemeinen Wohl, wozu denn sonst, mit anderen Worten – er schmiedete einen Plan.
    »Wenn es dir zuviel ist, gehe ich wieder, ihr wollt vielleicht unter euch sein«, sagte Marieluise. Sie machte keinen beleidigten Eindruck, sie wußte ja auch schon von Berufs wegen, was man wann wem zumuten konnte und was nicht.
    »Warte«, brachte Willy hervor, »kannst du warten … draußen? Ich möchte gern noch einmal mit dir reden, und zwar … nur mit dir.«
    Sie schaute erstaunt, Marieluise, und auch die Kinder zeigten sich irritiert.
    »Einfach so«, erklärte Willy, da begriff zumindest seine Em-El, daß es nicht ›einfach so‹ war. Sie blickte auf die Uhr. Geschäftsmäßig und etwas streng sagte sie: »Wir haben es jetzt um drei, da muß ich erstmal zurück in meine eigene Sprechstunde, dort stapeln sich bestimmt schon die Leute. Sagen wir, halb sechs könnte ich wieder hier sein, in Ordnung?«
    Willy nickte brav, ein richtiges kleines Nicken war das sogar, und die Kinder staunten: Hatte er sich, wenn nicht alles täuschte, hiermit doch verpflichtet, mindestens bis halb sechs durchzuhalten, und nur wegen Marieluise und nicht wegen ihnen, das verstehe einer.
    Sie ging, und Erik, der ja schon am längsten hier kauerte, fragte noch einmal, wie schon gleich nach seinem Erscheinen, wobei es Willy eigentlich so doll erwischt habe. »Wir wollen das alle gern wissen, nicht?« Er wandte sich zu seinen Geschwistern, die er mit einem Blick erfassen konnte, denn sie saßen in der Reihenfolge ihrer Ankunft auf ihren Stühlen, Erik selber in Kopfhöhe Willys, Britta nahe bei dessen Becken, Matti am Fußende.
    Natürlich durfte Willy jetzt keineswegs berichten, daß seine Herzschmerzen schon unmittelbar im Anschluß an den Disput aufgetreten waren, den er mit Marieluise gehabt hatte, denn unweigerlich würde nachgefragt werden: ein Disput? ja was ist das denn für ein Disput gewesen, wenn der solche Folgen gehabt hat? Beim Erzählen konzentrierte er sich also ganz auf die Szene danach, auf das sowieso Ausschlaggebende, und hierbei raffte er stark, er mußte wirklich mit seinen Kräften haushalten: »Vor dem Bunker … eine bewaffnete Einheit hatte ihn okkupiert. Man wollte mich nicht durchlassen, und Felix Freieisen wollte meinen Schlüssel … Felix Freieisen … ist hauptberuflicher Stasimann im ›Aufbruch‹. Ich rückte den Schlüssel nicht raus, da schlug er mich nieder … und wie er mich niedergeschlagen hat, da ist es passiert.«
    »Was, jemand vom ›Aufbruch‹ hat dich verprügelt?« fragte Britta entsetzt.
    »Er ist nicht aus dem Betrieb … er ist von der Firma.«
    »Aber er kannte dich gut«, sagte Matti.
    »Gut? … Lange.«
    Matti sog durch die Nase Luft ein und jagte sie wieder heraus, auch durch die Nase, denn durch den Mund war es ihm gerade nicht möglich, so gepreßt, wie er seine Lippen hielt. Schließlich brachte er den Mund wieder auf: »Und wobei hast du diesen Freieisen gestört?«
    Willy berichtete in wenigen Worten von den Feldbetten, und Britta fragte, was man mit denen in dem Bunker wolle, Britta war goldig, so klug war sie
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