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Broken Lands

Broken Lands

Titel: Broken Lands
Autoren: Kate Milford
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Wiederaufbaus stetig gesteigert, während der Jahre der Depression, und in diesem Sommer schien es sich in jedem Molekül der Luft festgesetzt zu haben. In dem neu erstarkten Süden, in dem wachsenden Westen, selbst hier im Norden, wo die Leute sich rühmten, zivilisiert zu sein. Schlammig, steinig, metallisch, angereichert mit dem Geruch nach menschlichem Schweiß – und doch süß, wie der Duft überreifer Früchte, bevor sie anfangen zu faulen.
    Er stand da, bis der Bahnsteig sich geleert hatte, und noch ein paar Minuten länger. Endlich seufzte er, hob die Reisetasche und das Holzkästchen auf und ging in Richtung Strand.
    Das Licht des Tages war noch stark und hell, aber bereits jetzt dehnten sich lange Schatten über den Sand, als er in das Halbdunkel unter dem Anlegesteg der Fähre huschte. Er verdrehte die Augen angesichts der kreischenden Mädchen in ihren wollenen Badeanzügen und der kleinen Jungen, die sich gegenseitig durch die Brandung jagten.
    Unter dem Pfahlwerk ließ der Mann die Tasche zu Boden fallen. Er zog sein Jackett aus, legte es sorgfältig über die Tasche, setzte sich hin und lehnte sich dagegen, als ob es ein Kissen wäre. Er löste die glitzernden Ärmelhalter, rollte die Hemdsärmel auf, verschränkte die sommersprossigen Arme über der Brust und schloss die Augen.
    Dann zuckte er zusammen und fluchte, als ihn ein Hieb zwischen die Schulterblätter traf. Er richtete sich auf und knuffte die Tasche mit dem Ellbogen. «Hab Geduld, du modriger alter Bastard», zischte er. Dann lehnte er sich wieder gegen die Tasche, diesmal schwungvoller und fester.
    Bis zum Sonnenuntergang gab es nichts zu tun.

2
    HOLZNICKEL IM REVEREND DRAM
    Der Saloon Reverend Dram lag in einer Gasse zwischen der Mermaid Avenue und dem Strand, ein bisschen zu nah an dem zwielichtigen Ende von Coney Island, als dass sich anständige Gäste dort wohlgefühlt hätten. Außer natürlich sie wollten unbedingt die zwielichtigen Ecken erleben. Es gab genug Leute, die nur deshalb herkamen, weil sie mit eigenen Augen sehen wollten, worüber sich die Zeitungen von Brooklyn so aufregten: wie verkommen und übel einige Teile von Coney Island waren.
    Früher oder später landeten diese Leute in der Mammon’s Alley. Hier reihten sich Tanzlokale, Saloons, Spielhallen, Schießbuden und Glücksspielstände, dubiose Hotels und Fakirzelte dicht an dicht, stapelten sich übereinander und drängten aneinander. Und überall buhlten Werbeplakate um Aufmerksamkeit. Hier traf man Tänzerinnen mit rot geschminkten Lippen und blond gefärbten Haaren in durchsichtigen Pumphosen, Sängerinnen mit kurzen Röcken, die die Gäste zwischen den Liedern um Drinks anbettelten, Wahrsagerinnen mit bronzefarbener Haut und Handleserinnen, deren Haut heller wurde, je weiter die Nacht voranschritt. Ausgesuchtes Personal lieferte das weitere Lokalkolorit: Schnurrbart zwirbelnde Gentlemen, professionelle Glücksspieler, Dirnen und Betrüger. Wenn die Besucher genug von all dem hatten, kamen die Aufreißer ins Spiel, die sie lautstark aufforderten, einzutreten. Sie wussten, was hinter den geschlossenen Türen auf die Neugierigen lauerte: Dinge, von deren Existenz ihre Mütter nichts erfahren sollten.
    Sam fühlte sich ein bisschen unbehaglich, als er den alten Mann namens Tom in die Gasse führte. Hier war es nicht so schlimm wie etwa in Norton’s Point, aber inmitten der Augusthitze und der Säufer, die hier seit dem frühen Morgen herumlungerten, roch es nach aufgewärmtem Kohl und schalem Bier. Die Aufreißer hatten schon begonnen, Kundschaft in ihre fragwürdigen Etablissements zu locken, und ein paar überbezahlte Damen, die an den Tresen in den Saloons hockten, riefen durch die offene Tür lockend hinaus auf die Gasse, auf der Suche nach ihrem nächsten Spender. «Tut mir leid wegen … he!» Sam machte einen Satz zur Seite, um einem torkelnden Betrunkenen auszuweichen, der quer vor ihnen zu Boden fiel, und streckte dann die Hand aus, um Tom zu stützen, der beinahe über den Mann gefallen wäre. «Ihr Freund hat sich ja ein ziemlich übles Fleckchen für eine Verabredung ausgesucht. Aber der Reverend Dram ist okay – wie der Name sagt: Ehrwürdiger Schluck .» Sam nickte nach vorn, wo über einer einsamen Tür ein Schild hing, auf dem eine Nonne fröhlich auf einem Fass tanzte, die Ordenstracht bis über die in Strümpfen steckenden Knie gerafft.
    Im Inneren des Saloons war es ziemlich einsam, genauer gesagt: so gut wie menschenleer. Abgesehen von dem
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