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Broken Lands

Broken Lands

Titel: Broken Lands
Autoren: Kate Milford
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gelernt, dass ich naiver bin, als ich geglaubt hatte.»
    Der Spieler lächelte unschuldig. Es war kaum zu fassen, dass dieser Kerl ein Zocker war, geschweige denn der größte Falschspieler aller Zeiten. «Ich kann dir nicht ganz folgen.»
    Sam lehnte sich seinerseits auf der umgedrehten Obstkiste zurück, die ihm als Stuhl diente, und überlegte. Er war nicht so dumm, einen Menschen nach dem Lächeln zu beurteilen, das dieser auf den Lippen trug. «Ich sage Ihnen was», sagte er. «Sie haben mein Geld und gleichzeitig haben Sie mich in meiner eigenen Grube gefangen, denn ich war der Meinung, wenn hier jemand mogelt, würde ich derjenige sein. Ich habe meine Lektion gelernt, wie ein braver Junge.» Er betonte das Wort «Junge», und das war er auch. An guten Tagen konnte man Sam die Behauptung, er sei sechzehn, gerade so durchgehen lassen. Gerade so. «Sie haben mir alles Geld aus der Tasche gezogen, das ich hatte, also seien Sie bitte nachsichtig mit mir.»
    Das Lächeln des Mannes verschärfte sich an den Rändern, aber Sam hatte sich bereits zu weit vorgewagt, um jetzt noch die Richtung zu ändern.
    «Irgendwie haben Sie die Karten manipuliert, und das ging nur beim Abheben. Wie haben Sie’s gemacht?» Er lächelte erwartungsvoll und setzte eine bewundernde Miene auf, die weder Vorwurf noch gar Anklage erkennen ließ. Dank dieses Blickes hatte er schon viele Tricks gelernt; die meisten Erwachsenen konnten nicht widerstehen, einem jungen Grünschnabel ein paar Techniken beizubringen.
    Diesmal ging es daneben.
    Diesmal holte der Kunde aus und versetzte Sam einen heftigen Haken kurz unterhalb des Auges.
    Sam segelte seitwärts von der Kiste, auf der er gesessen hatte, landete schmerzhaft auf dem Ellbogen und gab schließlich doch ein paar jener Flüche von sich, die in seinem Inneren gebrodelt hatten. Der eine oder andere Passant schaute hin, aber niemand blieb stehen – ein weiterer Beweis, dass Sam den Mitleidsbonus als hagerer Minderjähriger verspielt hatte.
    Es war angenehm gewesen, aber nun war es vorbei.
    Der Mann sah zu, wie er auf die Füße kam. Er hatte immer noch dieses Lächeln auf den Lippen, das so offen und freundlich war, wie man es sich nur wünschen konnte. Doch auch die Schärfe war nicht daraus gewichen. «Kommst du gewöhnlich damit durch? Dass du andere der Falschspielerei bezichtigst?»
    Sam spuckte rosafarbenen Speichel auf den Boden zwischen sich und dem Spieler. «Kommen Sie gewöhnlich mit einer derart dreisten Betrügerei durch, Mister?»
    «Gewöhnlich ja.» Die Augen des Gauners – denn er war zweifelsfrei ein Profi – zuckten zur Seite, und Sam wusste, dass er gleich wieder einen Schlag einstecken würde. Natürlich hatte der Kerl einen Partner. Falschspielerei unter Profis zog automatisch eine Prügelei nach sich. Es zahlte sich aus, Rückendeckung zu haben.
    Und ich habe nicht darauf geachtet. Dumm, dumm, dumm .
    Sam ließ sich fallen und schaffte es, dem Schlag, der seinen Hinterkopf hätte treffen sollen, auszuweichen. Als er sich mit erhobenen Fäusten wieder aufrichtete, riss er die Augen auf.
    Es gab keinen zweiten Mann. Es gab nur den Falschspieler, der ihn eben geschlagen hatte und der jetzt ganz plötzlich hinter ihm stand. «Gute Reflexe», sagte der Gauner.
    Sam vergeudete ganze drei Sekunden mit der Überlegung, wie sich der Kerl so schnell hatte bewegen können, ehe ihm klar wurde, dass es keine Rolle spielte. Dann nahm er sich weitere zwei Sekunden, um abzuschätzen, was der Mann überhaupt von ihm wollte. Sein Geld hatte er ja bereits, also bestand eigentlich kein Grund mehr, noch länger hier herumzulungern, nur um ihn zu vermöbeln.
    Wie auch immer man die Sache betrachtete, sie war und blieb rätselhaft. Aber Sam hatte nicht das ganze letzte Jahr in Coney Island Karten gespielt, ohne Freunde zu finden. Er klopfte sich den Staub aus den Kleidern und setzte die Finger an die Lippen, um den durchdringenden Pfiff auszustoßen, der den anderen auf der Culver Plaza signalisieren würde, dass einer der ihren in Schwierigkeiten war. Sie mochten zwar zusehen, wie er den einen oder anderen Schlag eines Touristen einsteckte – manchmal war es besser, sich eine Ohrfeige einzufangen, wenn es dem Ego des Verlierers guttat und ihn davon abhielt, die Bullen zu rufen –, aber sie würden ganz gewiss nicht tatenlos dabeistehen, wenn er von einem Fremden ungespitzt in den Boden gerammt wurde.
    Doch dann, noch bevor er Alarm geben konnte, fielen die Worte: «Ich bitte um
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