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Brenda Joyce

Brenda Joyce

Titel: Brenda Joyce
Autoren: Deadly 05 - Nacht der Angst
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der
anderen Seite. Kutschen und Broughams bevölkerten die Straße und in der Mitte
fuhr ein einzelnes schwarzes Automobil. Aber da
es mitten in der Woche war, floss der Verkehr recht schnell dahin. Francesca
hatte gerade ein Pferd und einen Hansom entdeckt. »Lauf los! Da drüben ist eine
Droschke!«, rief sie.
    Joel grinste sie an, während sie die glatte, schneebedeckte Auffahrt
hinuntereilten. »Sieht ganz so aus, als wärn wir wieder im Geschäft«, sagte er
fröhlich.
    Francesca hob die Hand. »Kutscher! Kutscher!«,
rief sie. Der Kutscher bemerkte sie, riss heftig an den Zügeln und Pferd und
Kutsche schwenkten abrupt zur Bordsteinkante hinüber. Der Kutscher im
nachfolgenden Gefährt fluchte und betätigte rasch die Bremse, um einen
Zusammenstoß zu verhindern. Beide Braunen in den Zuggurten bäumten sich auf,
ehe sie zum Stehen kamen.
    Francesca erreichte keuchend die Droschke. »Ja, Joel, es sieht
ganz so aus, als seien wir wieder im Geschäft«, sagte sie lächelnd.
    Aber es war ein grimmiges Lächeln, denn Mord war schließlich immer
eine schreckliche Angelegenheit.
    Der Mord war
in der 202 East Tenth Street geschehen, die unmittelbar an der Third Avenue
lag. Als Francesca und Joel aus der Mietdroschke stiegen, donnerte gerade die
Hochbahn, »El« genannt, über ihre Köpfe hinweg. Francesca zuckte zusammen,
denn es war ein ohrenbetäubender Lärm, und der Zug brachte sogar die Straße
unter ihren Füßen zum Zittern. Aber sobald die Bahn in einer Wolke aus dichtem
Rauch verschwunden war, blickte sich Francesca um.
    Die Gebäude entlang der Tenth Street waren
vor vielen Jahren einmal ausgesprochen gediegene
Einfamilienhäuser gewesen. Sie waren im georgianischen Stil erbaut – zweifellos
zu Beginn des vorherigen Jahrhunderts. Doch inzwischen hatte man die drei-
oder vierstöckigen Häuser in Wohnungen umgebaut. Ein Gaslicht erleuchtete mehr
schlecht als recht den gesamten Wohnblock. Gefrorener Schnee, der schwarz war
vor Dreck und Abfall, bedeckte den Gehweg. Hier und da schimmerten Stellen mit
schmutzigem Eis.
    Mehrere Streifenpolizisten in ihren blauen
Serge-Uniformen, die schwere Gummiknüppel und Lederhelme trugen, hatten sich
vor dem Haus Nummer 202 versammelt. Ein Polizei-Fuhrwerk war ebenfalls dort
geparkt und dahinter stand Braggs mit einer feinen Schneeschicht bedeckter
schwarzer Daimler. Rings um das Automobil lungerten einige zerlumpte Jungen
und zeigten darauf, die misstrauischen Blicke der Polizisten ignorierend.
Francesca gefiel das Aussehen der Jungen nicht. Es waren Heranwachsende, fast
schon junge Männer, die allesamt einen mürrischen und berechnenden
Gesichtsausdruck trugen. Eine sehr betrunkene alte Dame, die ihr Bier in einem Eimer
mit sich trug, saß auf einer angrenzenden Haustreppe und war ganz
offensichtlich fasziniert von der abendlichen Unterhaltung, die ihr da geboten
wurde. Ab und an stieß sie ein meckerndes Lachen in Richtung der Polizisten
aus, ehe sie wieder vor sich hin zu murmeln begann.
    »Mugheads«, brummte Joel leise.
    Francesca hatte gerade die kurze Strecke zum Gehweg zurücklegen
wollen, doch nun erstarrte sie. »Wie bitte?«
    Er warf ihr einen Blick zu. »Die haben Sie schon mal gesehen,
wissen Sie noch? Scheint ganz so, als hätten sie ihr Gebiet ausgeweitet. Oder
aber sie sind gerade irgendwohin unterwegs.«
    Francesca blickte zu den vier Jungen hinüber,
die alle in zerrissene Wollmäntel gehüllt waren, die Hände mit Lumpen
umwickelt hatten und dreckige Wollmützen auf dem Kopf trugen. »Ja, stimmt, ich
erinnere mich. War das nicht auf der Avenue C Ecke Fourth Street?« Zu der Zeit
hatte sie gerade die Kreuzmorde untersucht.
    »Keine Ahnung, aber da irgendwo war's«, erwiderte Joel.
    »Kommt es denn oft vor, dass sie sich so weit von ihrem
Territorium entfernen?«
    »Ihrem was?«, fragte Joel.
    »Nun ja, von der Stelle, wo sie sich für gewöhnlich aufhalten.«
    »Eigentlich nicht. Kommen Sie. Lassen Sie uns von hier
verschwinden.« Joel zog an ihrer Hand.
    Francesca bemerkte, dass die vier Jungen sie
gesehen hatten. Sie schwiegen jetzt und starrten sie und Joel an, als wollten
sie sie zum Abendessen verspeisen. Francesca atmete tief ein und nahm all
ihren Mut zusammen. Sie ergriff Joels Arm und zusammen schritten sie über die Straße
zum Gehweg hinüber. Jetzt standen die Polizisten zwischen ihnen und den
Mugheads.
    »Entschuldigen Sie, Miss.« Ein Officer trat vor, um ihnen den Weg
zu versperren. »Hier findet gerade eine polizeiliche Ermittlung statt.
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