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Breakfast on Pluto

Breakfast on Pluto

Titel: Breakfast on Pluto
Autoren: Patrick McCabe
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sagte Irwin, als wir tags darauf zu unserer Hütte, dem Hauptquartier der berühmten Kane Gang, trabten. »Auch wenn ich ein Mädchen bin, das Kommando führe ich«, sagte Charlie. »Sonst könnt ihr die Sache gleich vergessen.«
    Irwin und mir war’s schnurz, wer Anführer war. Wir wollten bloß ihre Comics lesen und uns die Scheiben anhören, die sie auf ihrem batteriebetriebenen Plattenspieler abspielte; den hatte ihre Schwester aus England mitgebracht. Wir saßen auf dem Gras, schnippten mit den Fingern und riefen: »Klasse! Spitze! Einsame Spitze, Baby!«
    So fing die Geschichte mit den internationalen Modenschauen an. Charlie schleppte die Kleider ihrer Mutter an und führte Modeeinkäufern und Popstar-Managern aus aller Welt die prachtvollen Kreationen vor. »Was halten Sie hiervon?« fragte sie, und ich zog die Stirn in Falten, faßte mir ans Kinn und äußerte: »Uh! Magnifique!« oder: »Nein! Gefällt mir nicht!« mit dem gleichen französischen Akzent.
    Ich nehme an, daß sich daraus die Shows der Jukebox-Jury entwickelten, und bald gab es jeden Tag eine. Sobald die Schule vorbei war, rasten wir zur Hütte hinaus, zogen unsere Klamotten an, und Charlie verschwand hinter dem Brett, die der Jukebox-Jury als Theke diente, und verkündete: »Meine Damen und Herren! Herzlich willkommen bei der Jukebox-Jury!«
    Anfangs sang sie manchmal auch was, nach einer Weile aber übernahm ich den größten Teil des Programms, weil Irwin meinte, er wäre zu schüchtern, und so stand ich da und trötete: »You know you make me wanna shout!« oder »Stop! In the name of love!« von den Supremes, und Charlie hielt ihre Karten hoch und rief wie die Frau in der Glotze: »Fünf Punkte!« Und Irwin schrie: »Ist doch alles Mist! Nix als Bockmist! Guck dir den blöden Braden an, aufgetakelt wie die Weiber!«
    Was ich, ehrlich gesagt, nur selten war – allerdings nicht, weil es mich nicht danach verlangt hätte! Meistens begnügte ich mich mit einer Perlenkette oder einer Bluse von Charlies Mutter. Trotzdem – besser als nichts! Und manchmal brachte Charlie einen Zerstäuber mit, mit dem sie in der Hütte Parfüm versprühte, das hat vielleicht geduftet! »Es geht doch nichts über Parfüm, wenn du Kummer und Sorgen vertreiben willst!« sagte ich und drehte eine Pirouette. »Wenn das nicht aufhört«, sagte Irwin, »kann mich die Gang mal!« Aber Charlie sagte: »Ach, halt die Klappe!« Das tat er auch, schlurfte davon und zeigte ihr den Stinkefinger.
    Jedenfalls fingen wir kurz danach mit dem Kriegspielen an, und da war Charlie glücklich. Über das Parfüm und die internationalen Modenschauen verlor er kein Wort, solange wir versprachen, auch weiter Krieg zu spielen. Wogegen ich nicht das geringste einzuwenden hatte, vor allem wenn Charlie ihre Hacken zusammenschlug und brüllte: »Kompaniiieee, stillestan’n!« Darauf war ich ganz wild, und zwar aus einem einfachen Grund – weil sie der Boß war! Und so marschierten wir hinter ihr her, und Irwin suchte überall nach britischen Soldaten, die er umbringen und anbrüllen könnte: »Stirb, du Hund!«, wenn er ihnen das Bajonett in den Nacken stieß.
    Das Ganze hatte damit begonnen, daß 1966 der fünfzigste Jahrestag des Osteraufstands von 1916 war, und überall in Tyreelin schwenkte jemand eine irische Trikolore oder sang eine irische Ballade. Jeden Tag kam ein anderer Politiker in die Stadt, und abends im Pub redeten alle davon, daß sie auf einen Lastwagen klettern und über die Grenze fahren wollten, um den Norden zu erobern.
    Um die Wahrheit zu sagen, eigentlich haben wir uns aus dem Kriegspielen nicht viel gemacht. Aber Irwin – der war ganz außer Rand und Band! Er hat sogar angefangen, in der Stadt seinen Rebellenhut à la James Connolly zu tragen und als Drill allein über die Felder zu marschieren. Damit er zufrieden war, behaupteten wir immer, Krieg sei was ganz Herrliches, und dann rannten wir zurück zur Hütte, legten die Beatles auf und rasteten völlig aus, schnippten mit den Fingern, hopsten zwischen den Schafen umher und sangen: »Try to see it my way! Do I have to keep on talking till I can’t go on! We can work it out! We can work it out!«, bis wir nicht mehr konnten und uns hinlegten, Händchen hielten und zum Himmel hinaufstarrten. Und so machten wir’s immer und hatten nicht die leiseste Absicht, damit aufzuhören, bis ans Ende unserer Schulzeit!

Sechstes Kapitel
    Der beliebteste unter den Jungen
     
     
     
    Was Charlie manchmal ganz schön
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