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Braut der Nacht

Braut der Nacht

Titel: Braut der Nacht
Autoren: Kalayna Price
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Selbst nachdem ich schon Dutzende Male mit Nathanial durch die Luft gereist war, konnte ich immer noch nicht genug davon bekommen, den Wind auf meinem Gesicht zu spüren und die Welt unter uns dahingleiten zu sehen. Ich konnte nur hoffen, dass die Fähigkeit zu fliegen ein Vampirtrick war, den ich eines Tages noch lernen würde.
    Ich stieß die Wohnzimmertür auf. »Lust auf eine Jagd?«
    Bobby, ein Gestaltwandler aus meiner Heimatwelt Firth und einst die große Liebe meines Lebens, war zurzeit Übernachtungsgast auf Nathanials Couch und würde das auch noch bleiben, bis sich das Tor nach Firth wieder öffnete und er zu seiner schwangeren Gefährtin zurückkehren konnte. Er blickte auf, als ich eintrat. Unsere Beziehung war kompliziert und irgendwie unbehaglich, aber wir bekamen das schon in den Griff. Größtenteils. Und zumindest, wenn er gerade mal nicht versuchte, mich zurück nach Firth zu schleppen.
    Er drückte einen Knopf auf der Fernbedienung, um den bunten Zeichentrickfilm auf dem Bildschirm stumm zu schalten. Dann nahm er die Füße von der Armlehne des Sofas, und ich rutschte auf den freien Platz.
    »Also, jagen wir?«
    »Immer noch hungrig? Wir haben uns Abendessen gefangen, bevor du gegangen bist.« Stirnrunzelnd zog er die Augenbrauen zusammen, rollte sich herum und setzte sich auf. »Ist in diesem Vampirklub irgendetwas passiert?«
    »Ich, nein, nun…« Ich schnappte mir eines der jägergrünen Zierkissen und zog es auf meinen Schoß. »Ich bin einfach nur hungrig.«
    Bobby rückte näher, als mir lieb war. »Du fängst an, wie ein ängstlicher Hase zu riechen.«
    Okay, das war es, was ich mit unbehaglich gemeint hatte.
    Ich sprang auf. »Dann gehe ich eben allein.«
    »Kätzchen…«
    »Vergiss, dass ich gefragt habe.« Ich steuerte auf die Tür zu. Bobby hatte recht. Wir hatten heute Abend bereits gejagt. Selbst mit dem erhöhten Stoffwechsel eines Gestaltwandlers war Bobby nur ein Mensch und seine andere Gestalt ein Luchs– er brauchte keine zwei Hasen an einem Tag. Zum Teufel, in Firth würde er nicht mehr als drei oder vier Hasen in der Woche essen. Es war Verschwendung, heute Abend noch mehr zu erlegen.
    Er holte mich an der Haustür ein und zog sich den Pullover aus, trotz der Schneedecke, die sich draußen um die Blockhütte herum ausdehnte. Er musste sich verwandeln, wenn er jagen wollte.
    Ich eilte immer noch die Vordertreppe hinunter. »Ich sagte, vergiss es.«
    Er schob nur das Kinn vor und fuhr damit fort, sich auszuziehen. »Dann werden wir das zusätzliche Fleisch eben einfrieren.« Seine Finger glitten zum Knopf seiner Jeans. »Willst du so auf die Jagd gehen?«
    Ich blickte an mir herunter. Ich trug immer noch das lächerliche Tigerkostüm, aber im Gegensatz zu Bobby war meine Kleidung nicht von Bedeutung. Er würde eine Menge an Körpermasse verlieren, sobald er sich verwandelte, und ein knapp dreißig Pfund schwerer Luchs konnte ja wohl schlecht die Jeans und den Pulli eines neunzig Kilo schweren Mannes tragen. Wann immer ich mich verwandelte, verschwand meine Kleidung im Prinzip einfach. Das war meine Gabe. Oder zumindest war sie das gewesen, bevor ich ein Vampir wurde. Jetzt steckte ich in einer Gestalt fest. Meine Krallen hatten sich ein einziges Mal gezeigt, als ich auf Leben und Tod mit den Einzelgängern gekämpft hatte. Aber seitdem blieb meine Katze eingeschlossen in der kalten Energiespirale in meinem Innern. Tot.
    Ich streifte meine Partystiefel ab. »Lass uns jagen.«
    Schnee knirschte unter meinen nackten Zehen, worauf meine Beute den Kopf hob. Ihre langen Ohren zuckten. Ich erstarrte und wagte nicht einmal zu atmen. Neben mir verharrte Bobby, und seine kompakte Luchsgestalt verschwand hinter einem gefrorenen Busch.
    Die Ohren des Schneehasen zuckten erneut, und seine Tasthaare bebten, während er witternd die Nase bewegte. Dann zogen sich seine Muskeln zusammen, als er zum Sprung ansetzte, und ich hechtete los.
    Spröde, von Eis umhüllte Zweige zersplitterten, als ich durch das gefrorene Unterholz brach. Ich machte Lärm, doch das war jetzt nicht mehr wichtig. Nicht bei der Geschwindigkeit, mit der ich mich bewegte. Mit einem Satz erwischte ich den Hasen mitten im Sprung.
    Er schrie, ein durchdringender Angstschrei. Ich packte ihn an seinen tretenden Hinterläufen, doch einer davon entglitt mir. Schmerz zuckte über mein Schlüsselbein, als die Krallen des Hasen den dünnen Stoff meines Kostüms zerrissen und die Haut darunter aufschlitzten. Nicht dass der Schmerz
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