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Braut der Nacht

Braut der Nacht

Titel: Braut der Nacht
Autoren: Kalayna Price
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Aufzug in der Ecke trugen. Der falsche Kopf lag immer noch unbeachtet auf dem Fußboden.
    Die Sammlerin machte einen Schritt nach vorn, über den vergessenen Kopf hinweg, bis die Schleppe ihres Kleids ihn verschluckte. »Du lässt die Angelegenheit von deiner Wahrheitssuchenden untersuchen, und obwohl ich davon überzeugt bin, dass sie sehr gründlich vorgehen wird«, die Art, wie sie es sagte, machte deutlich, dass sie davon keineswegs überzeugt war, »biete ich dir Unterstützung durch einen meiner Vampire an.« Ohne auf eine Antwort zu warten, hob sie die Hand. »Elizabeth, komm zu uns.«
    Tatius’ Finger auf meiner Haut krümmten sich. Beunruhigung? Ärger? Doch er sagte nichts, als die kleine, puppenhafte Frau, die ich vorhin am Arm des Riesen gesehen hatte, zu uns trat.
    »Ich werde mit Vergnügen behilflich sein«, sagte die Frau mit einem Knicks zu der Sammlerin. Dann drehte sie sich um, und ihr eisiger Blick traf den meinen. »Wenigstens wissen wir, dass der Harlekin nicht die Zwischenmahlzeit dieses Grünschnabels war.«
    Tatius’ Finger auf meiner Haut krümmten sich erneut, diesmal fester. »Eremit, such ihr jemanden, damit sie trinken kann.« Er schob mich in Nathanials Richtung, und mit Freuden zog ich mich aus dem Mittelpunkt der Aufmerksamkeit zurück.
    Nathanial legte mir den Arm um die Taille und manövrierte uns durch die Menge, fort von den Sofas. Als wir an den beiden Vampiren vorbeigingen, die mit der Leiche auf den Aufzug warteten, atmete ich tief ein und ließ meine Sinne von dem Geruch der enthaupteten Frau durchdringen. Der süße, heftige Geruch von Blut griff nach mir und brannte an meinem Gaumen, doch ich konzentrierte mich darauf, mir ihren Geruch ins Gedächtnis einzuprägen.
    Nathanial entgingen die Anzeichen meines Hungers nicht. »Ich bringe dich nach Hause.«
    Nach Hause. Das war ein schöner Gedanke. Ich hatte genug von Vampiren. Genug von ihren doppelzüngigen politischen Spielchen. Und genug von kopflosen Leichen. Aber…
    Ich warf einen Blick zurück zu den Vampiren, die den Leichnam der Frau in den Aufzug luden, doch was ich sah, war nicht ihr Harlekinskostüm. Mein Verstand ersetzte sie mit dem Bild eines anderen Leichnams, der bereits mehrere Tage tot und aufgebläht war. Ein menschlicher Leichnam, der zum Teil meine Schuld gewesen war, da ich versehentlich den Mann gezeichnet und dadurch zu einem Gestaltwandler gemacht hatte, der sie getötet hatte. Ich hatte den Mörder zwar aufgespürt und ihn aufgehalten, doch die Last seiner Opfer machte mir schwer zu schaffen.
    Nathanial musterte mich mit Augen, die zu viel sahen. Augen, die meine Geheimnisse entblößten. Er schüttelte den Kopf, und ein kleines Lächeln spielte um seine Mundwinkel. Es war kein fröhliches Lächeln. Ich wandte den Blick ab, worauf er mich enger an sich zog, ohne dabei seinen Schritt in Richtung der Treppe zu verlangsamen.
    »Ich bringe dich ins Krankenhaus«, sagte er. »Du kannst sie besuchen.«
    Noch vor zwei Wochen hätte ich Krankenhäuser unter allen Umständen gemieden. Doch andererseits musste ich vor zwei Wochen auch noch atmen, um zu leben, verbrachte den größten Teil meiner Zeit als kaum sechs Pfund schwere, gescheckte Katze und wusste noch nicht, dass ich einen gefährlichen Einzelgänger geschaffen hatte, der Amok lief. Ein Einzelgänger, dessen Opferzahl sich auf vierzehn Frauen belief.
    Die einzigen beiden Überlebenden lagen zurzeit im Saint Mary’s Hospital im künstlichen Koma. Vor zwei Wochen wäre es noch einfacher gewesen, einem kopflosen Leichnam den Rücken zu kehren. Darauf zu vertrauen, dass sich jemand anders darum kümmern würde. In zwei Wochen kann sich eine Menge verändern.
    Ich warf einen Blick zurück zu den versammelten Vampiren. Alle Vampire von Haven befanden sich hier auf der Galerie. Der Harlekin war ausgesaugt worden. Wenn der Mörder ein Vampir war, dann war er hier. Das hat nichts mit mir zu tun. Für diesen Mord bin ich nicht verantwortlich. Das bin ich nicht.
    Ich ließ mich von Nathanial aus dem Klub hinausführen. Aber verdammt, Schuldgefühle waren eine echt fiese Sache.
    Zwei Stunden später betrat ich Nathanials Küche. Ohne Nathanial. Schließlich waren wir von Tatius nicht ausdrücklich entlassen worden, deshalb hatte Nathanial nach unserem Besuch im Krankenhaus wieder ins Death’s Angel zurückkehren müssen. Ich war immer noch überwältigt von dem Flug nach Hause, als ich den Geräuschen des Fernsehers ins gemütliche vordere Wohnzimmer folgte.
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