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Bratt, Berte 02 - Zwei Briefe fuer Britta

Bratt, Berte 02 - Zwei Briefe fuer Britta

Titel: Bratt, Berte 02 - Zwei Briefe fuer Britta
Autoren: Berte Bratt
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„Großen Hans“ kochen; er ist Vatis Lieblingsessen und besteht aus Mehl, Fett und verschiedenen anderen Zutaten. Wir tragen ihn immer zum Bäcker, der ihn in dem großen Backofen bäckt.
    Ich lernte süße Suppe kochen, Kartoffelklöße machen, Flundern braten und Krapfen backen. Zu mehr reichte die Zeit bis zur Abreise nicht aus.
    Denn ich mußte ja auch an meine Kleider denken. Meine Garderobe war nicht gerade für die Champs-Elysées oder die Oper geeignet. Allerhöchstens hätte ich mich am Montmartre zeigen können. Dort kann man herumlaufen, wie man will, das weiß ich jetzt. Wieder war Kusine Ellen der rettende Engel.
    „Du brauchst längst nicht so viele Kleider, wie Du Dir einbildest“, schrieb sie. „Wenn Du ein schlichtes Kostüm hast und ein paar hübsche Blusen, so reicht das vollkommen. Aber nimm auf alle Fälle etwas Warmes mit. Eine ordentliche Strickjacke und warme Wäsche. Ihr reist ja im Februar, da kann es bitterkalt sein, freilich genausogut auch warm wie im Sommer. - Man weiß es nie. Wenn Du meinst, Du brauchst ein Abendkleid, so irrst Du Dich. Höre auf mich, nimm Deine Inseltracht mit, dann bist Du immer korrekt angezogen, zu allen Tageszeiten. Sie ist unabhängig von Mode, Zeit und Sitte. Die Leute werden sich nach Dir umdrehen, das stimmt. Aber sie tun es, weil sie Dich bewundern, genauso wie sie eine Inderin in ihrem Sari bewundern. Im übrigen ist ja die friesische Tracht ganz reizend.
    Und dann bequeme Schuhe! Du wirst stundenlang durch Straßen und Museen traben. In Versailles, im Luxembourg-Garten, im Zoo und weiß der Himmel wo noch! Du glaubst nicht, wie scheußlich es ist, in leichten Schuhen mit hohen Absätzen zu laufen.
    Ich lege mein kleines Taschenlexikon und einen Metroplan bei. Sich mit der Metro in Paris zurechtzufinden, ist kinderleicht.“ Und dann folgte eine Beschreibung des Metrosystems. Ich steckte den Brief zusammen mit dem Metroplan in meine Paßmappe. Später segnete ich Ellen jeden Tag für ihre Vorsorge.
    An einem kühlen Februartag starteten wir. Im Koffer hatte ich bequeme Schuhe, Tante Birgits geändertes Kostüm und meine frisch gewaschene und gebügelte Tracht.
    Ich konnte Krapfen und Suppe mit Vanillenockerln machen und drei Sätze fließend französisch sagen.
    Le père, la mère, le fils, et la fille sont une famille. - La grand’mère est dans la cuisine. Je ne comprends pas français.
    Den letzten Satz brauchte ich in der folgenden Zeit am häufigsten.
    Schon die Reise hinüber zum Festland war aufregend. In mir kribbelte es vor Reisefieber und Reiselust. Dann kam die Fahrt mit dem Zug nach Hamburg. Diese Strecke kannte ich schon; trotzdem war es spannend, denn jetzt reisten wir ja weiter, viel weiter. Zuerst über eine Grenze und dann über noch eine. Und morgen früh, ganz früh, würden wir die Seine sehen, den Eiffelturm und ganz bestimmt die beiden gesegneten Katzen, denen ich die Reise zu verdanken hatte.
    Ich würde sie betreuen, als wären sie königliche Babys aus einem regierenden Fürstenhaus.
    Wir hatten anderthalb Stunden Aufenthalt in Hamburg. Wir gaben die Koffer in der Gepäckaufbewahrung ab und gingen in die Mönckebergstraße, um uns ein wenig die Beine zu vertreten, wie Vati sagte. Das Schicksal wollte, daß wir sie in Richtung eines großen Kaufhauses vertraten, wo gerade Ausverkauf war. Dort blieb Vati stehen und blickte in ein Schaufenster und dann zurück auf mich. Sein Gesicht nahm einen Ausdruck an, den ich gut bei ihm kannte und der mit Sicherheit irgendeine leichtsinnige Unternehmung ankündigte. In solchen Augenblicken legte Omi immer die Hand auf seinen Arm und sagte: „Überleg es dir noch einmal, Benno.“ Aber für ein 16-jähriges Mädchen gehört viel dazu, „überleg es dir“ zu sagen, wenn der Blick des Vaters auf einem todschicken Mantel ruht, und sie steht da in einem alten, geänderten Tantenmantel!
    Ich bekam den Mantel. Und ich beruhigte mein Gewissen damit, daß ich ihn wirklich brauchte, denn wenn es in Paris so kalt sein würde wie in Hamburg, dann müßte ich schon im Wintermantel durch die Gegend laufen.
    „Wir sind aber zwei Leichtfüße, Vati“, sagte ich glücklich und schuldbewußt, als wir das Geschäft verließen... ich in meiner neuerworbenen Eleganz, mit dem alten Mantel unter dem Arm. „Kaum sind wir von zu Hause weg, beginnt schon der Leichtsinn!“
    „Ja, aber du brauchtest den Mantel doch, Britta“, sagte Vati.
    „Ja“, antwortete ich, und plötzlich erinnerte ich mich an etwas,
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