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BRAINFUCK

BRAINFUCK

Titel: BRAINFUCK
Autoren: Alfred Berger
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einen Artikel, den er vor Kurzem gelesen hat. Schnell gibt er die Begriffe ›unterschwellig‹, ›Wahrnehmung‹ und ›Werbung‹ bei der Suchmaschine ein und vertieft sich in die Ergebnisse.
    Die Ellenbogen links und rechts der Tastatur aufgestützt, liest er gebannt zuerst eine Abhandlung über subliminale Werbung, anschließend verschlingt er die Studie über die Iss-Popcorn-trink-Cola-Studie von 1957 und weitere Artikel zu diesem Thema. Diese Artikel und Experimente sind älteren Datums und er findet keinen positiven Bericht, der jünger als zwanzig Jahre ist. Das bestärkt ihn in der Annahme, dass an dem Thema etwas Wahres ist. Logischerweise sind diejenigen, die unterschwellige Werbung erfolgreich betreiben, nicht daran interessiert, ihre Erfolge publik zu machen. Es würde kein gutes Licht auf sie werfen.

    *

    So gut hat Oliver lange nicht mehr geschlafen. Die Gewissheit, seinem Ziel nähergekommen zu sein, war ein sanftes Ruhekissen. Er weiß jetzt, was zu tun ist. Er muss es schaffen, mehrere kurze Nachrichten unter eine Oberfläche zu setzen, die das Bewusstsein des Betrachters fesseln. Oliver versucht, verschiedene kurze Botschaften zu entwerfen, die in der Lage sind, in den Spalt zwischen oberflächlichem und unbewusstem Denken einzudringen.

    *

    Er beschließt, das Prinzip zu testen. Zu diesem Zweck montiert er einige Bilder moderner Architektur auf einen Song von ›Lady Gaga‹ und hinterlegt beides mit vier kurzen Stimulatoren: Zwei, um einen hypnotischen Impuls auszulösen, und zwei, die dem Betrachter suggerieren, sich am Hinterkopf zu kratzen. Er meldet sich voller Vorfreude bei MSN an und öffnet einen Dialog zu seinem Bruder Samuel.
    ›Hallo Brüderchen, mach bitte die Cam an, ich will dir was zeigen‹, schreibt er, und Sekunden später öffnet sich das Bildfenster.
    ›Was gibt es Wichtiges?‹, fragt Samuel und blinzelt in die Kamera.
    ›Ich möchte dir kurz was zeigen und wissen, was du darüber denkst.‹
    Er sendet die Montage. Gebannt starrt Oliver auf das Fenster mit dem Livebild. Er verfolgt, wie sich Samuels Arm mit der Maus bewegt und die Augen über den Bildschirm wandern. Oliver stützt sich auf den Ellenbogen und legt sein Gesicht in die Handfläche. Das Lied ist zu Ende, nichts passiert. Auf das Bild starrend, überlegt er, was falsch gelaufen sein könnte, als sich die Hand seines Bruders an den Hinterkopf hebt und dort ausgiebig zu kratzen beginnt.

    *

    Oliver muss sich zusammenreißen, um nicht vor Freude brüllend im Zimmer auf und ab zu hüpfen. Die Mieter unter ihm hätten keinerlei Verständnis dafür. In Samuels Dialogfeld schreibt er: ›Ich muss ausloggen. Ich erzähle dir morgen, was es damit auf sich hat.‹
    Er schließt den Messenger und lächelt, als er sich vorstellt, wie ratlos sein Bruder jetzt vor dem PC sitzt, das sinnlose Machwerk betrachtet und sich am Kopf kratzt. Sofort macht er sich daran, Formulierungen auszuarbeiten, die den Impuls auslösen sollen, ihn in seiner Wohnung zu besuchen. Nach langem Überlegen entscheidet er sich für eine Impulskette von mehreren Botschaften. Als er davon überzeugt ist, die richtige Kombination gefunden zu haben, ist es weit nach Mitternacht. Mit müden, rotgeränderten Augen und Durchblutungsstörungen in den Pobacken trollt er sich in sein Bett.

    *

    Hämmernde Rhythmen wecken ihn.
    … das Sonnenlicht den Geist verwirrt, ein blindes Kind, das vorwärts kriecht, weil es seine Mutter riecht …
    Ach, 'Rammstein' , denkt Oliver träge und ihm wird bewusst, dass heute sein erster Arbeitstag nach dem Urlaub ist und die Musik aus dem Wecker kommt. Langsam steigt er aus dem Bett und schlurft Richtung Badezimmer.
    Du riechst so gut, du riechst so gut, ich geh dir hinterher, du riechst so gut, ich finde dich … , begleitet ihn die Stimme aus dem Radiowecker.
    Ja , geht es ihm durch den Kopf, ich werde dich kriegen, du Dreckstück!

    *

    Die U-Bahn ist verspätet und Oliver schafft es gerade noch, pünktlich zu sein. Lustlos beginnt er zu arbeiten. Das Programm, das er heute schreibt, ist keine Herausforderung für ihn. In der Mittagspause sucht er gezielt den Kontakt zu seinem Kollegen Terkan. Er setzt sich in dem kleinen, gemütlichen Bistro, in welchem die meisten Mitarbeiter der Firma ihre Pause verbringen, zu ihm an den Tisch. Nach einigen belanglosen Floskeln über das Wetter und den vergangenen Urlaub kommt Oliver zur Sache.
    »Sag mal Terkan, du hattest doch die Programmierung für ›Spider.de‹ auf dem
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