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Braeutigame

Braeutigame

Titel: Braeutigame
Autoren: Michael Braun
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m einen Namen, Petersen, die gibt e s wie Sand am Meer, die Petersens. Der Name reicht heute nicht mehr, wenn Sie verreisen wollen.“
    „Aha.“
    „So ist das. Jeder muss das Geburtsdatum angeben. Kennen Sie das nicht?“
    „Nein, das Reisenbuchen habe ich in den letzten Jahren ja im mer.. . Na, wenn Sie das nun meinen, Frau Petersen – aber ich muss sagen, dass ich das… ungewöhnlich finde ich das. Was geh t die Reisegesellschaft an, wie alt ich bin? Das geht überhaupt niemanden etwas an. Ich bin doch wirklich kein junges Ding mehr.“
    „Tja, Frau... Lampe. Aber ohne diese Angaben nimmt die Fluggesellschaft Sie gar nicht erst mit. Keine Fluggesellschaft macht das, die müssen sich alle an die Regeln halten. So ist es nun einmal. K önnen wir beide nichts dran ändern.“
    „Bitte, meinetwegen. Ich wurde am 6. Februar 1918 in Leipzig geboren. Leipzig, Bessarabien, natürlich. Nicht das in Sachsen.“
    „Sechs-ter Feb-ru-ar neun-zehn-hun-dert-acht-zehn.“ Ingrid tippt. „Und Sie wollen per Scheck oder mit Kreditkarte bezahlen? Scheck wäre mir allerdings lieber. “
    „Ach so “, sagt die Kundin, öffnet wieder ihre braune Handtasche und wühlt darin. „Was sagen Sie… – ich muss mit einem Scheck bezahlen?“
    „Sie müssen natürlich nicht. Es wäre mir nur etwas lieber. D a fallen für uns keine weiteren Gebühren an.“
    „Ich soll aber nicht mit Scheck bezahlen, das hat Theo extra gesagt… warten Sie einen Augenblick, bitte…“ – sie durchsucht mit den Händen das Innere ihrer Tasche – „… und auch nicht mit dieser Karte, von der Sie sprechen, so etwas habe ich noch nie gemacht… habe ich, glaube ich, gar nicht… – besitze ich so etwas überhaupt, so eine Kreditkarte?“ Sie schaut auf.
    „Ob Sie eine Kreditkarte haben? Das weiß ich doch nicht. Haben Sie von Ihrer Bank denn eine bekommen?“
    „Da müsste ich jetzt nachfragen… – na, Kindchen, es ist ja auch eins, ich habe meine Handtasche schließlich dabei, da ist alles Wichtige drin. Ich wollte nämlich eigentlich…“ – sie schiebt ihre Brille auf die Nasenspitze.
    Ingrid Petersen muss innerlich schmunzeln. Erst jetzt fällt ihr auf, dass die Frau, obwohl sie Mantel und Hut abgelegt hat, ihre braun en Lederhandschuhe noch trägt. E ine ganz Vornehme muss das sein . Oder eine Tüddelige.
    „Ich wollte bar bezahlen, das ist immer das Beste, sagt Theo. Auf Kredit haben wir nie etwas gekauft, selbst zu den ganz schlechten Zeiten nicht, da wollen wir gar nicht erst mit anfangen.“
    Ines lässt sich gegen die Rückenlehne ihres Schreibtischstuhls fallen und blickt hinüber. Sie zieht die Augenbrauen hoch.
    „In Ordnung, Sie zahlen bar“, sagt Ingrid höflich. „Wenn Sie die Buchung bestätigen wollen, müssten Sie dann aber spätestens am Montag kurz vorbeikommen und den Flug bezahlen. Oder zumindest eine Anzahlung leisten.“
    „Ich kann das nicht jetzt gleich regeln?“
    „Sie haben hier und jetzt dreitausend Mark bei sich, Frau Lampe?“, fragt Ingrid.
    „Nein, nein, Frau Petersen, keine Sorge.“ Sie lacht. „Mein Sohn hat mir schon etwas mehr mitgegeben.“ Sie zwinkert den beiden Frauen zu. „Wissen Sie, wir haben eine Übereinkunft. Er muss mir nämlich immer mein Taschengeld geben, wenn ich aus dem Haus gehe… So nennen wir das, mein Taschengeld , auch wenn das natürlich von meiner Bank kommt – das ist selbstverständlich mein Geld, nicht Theos, jedenfalls noch nicht –, aber ich bin nun so alt, dass ich mich nicht mehr darum kümmern mag. Damit ich in den Geschäften und auf dem Wochenmarkt bezahlen kann, holt er das für mich bei der Bank ab. Aber weil ich heute zu Ihnen gehen wollte, hat er mir extra mehr mitgegeben.“ Sie sieht Frau Petersen in die Augen und beginnt zu flüstern. „Es sind dreißigtausend Mark, die ich jetzt dabei habe. Hier in meiner Handtasche.“
    „Sagen Sie mal. So viel Geld tragen Sie mit sich herum?“
    „Das müsste doch reichen?“
    Ingrid sieht sie erstaunt an. „Ob das reicht, Frau Lampe? Für diesen Flug nach Odessa?“
    „Es wird wohl. Wissen Sie, ich habe mich so lange schon nicht mehr um Geld gekümmert, seit mein Mann tot ist – mein letzter Mann, mein zweiter, Konrad. Früher war ich so geschickt mit Geld, es ging ja gar nicht anders damals, als wir wenig hatten. Aber jetzt habe ich das Finanzielle schon lange nicht mehr sel bst geregelt, da verlernt man e s richtig , muss ich sagen. Es muss am Alter liegen. Man wird mit den Jahren nicht klüger, habe ich
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