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Bote des Todes

Bote des Todes

Titel: Bote des Todes
Autoren: Heather Graham
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Maske und sprach plötzlich seinen Vater mit Namen an.
    „Der bin ich, und ich bin stolz darauf!“ erwiderte sein Vater mit kräftiger und trotziger Stimme, während er sich schützend vor seine Frau stellte. „Aber meine Familie ist bei mir …“
    „O ja, so ist das richtig. Versteck dich ruhig hinter einem Rockzipfel!“ rief der zweite Mann verächtlich.
    Das Gewehrfeuer, das unvermittelt einsetzte, war ohrenbetäubend.
    Der Junge griff nach seiner Schwester, während er sah, wie sein Vater zu Boden ging. Es lief alles unglaublich schnell ab, und doch kam es ihm fast so vor, als würde er einen Film in Zeitlupe sehen. Er erfasste den entsetzlichen Ausgang des Geschehens, aber er konnte es nicht aufhalten.
    Die Schützen hatten es nur auf seinen Vater abgesehen, doch ein Querschläger traf auch seine Schwester. Eine innere Stimme sagte ihm, dass die Männer das nicht beabsichtigt hatten, aber auch, dass sie es nicht bedauern würden. Sie war nichts weiter als ein Opfer unter vielen in diesem merkwürdigen Krieg.
    Er hörte, wie seine Mutter den Namen seines Vaters schrie. Sie wusste nicht, dass ihre kleine Tochter ebenfalls getroffen worden war.
    Der Junge hielt seine Schwester fest und sah, wie ihr Kleid das Blut aufsog. Ihre Augen waren geöffnet. Sie verstand nicht, was soeben geschehen war, und sie spürte auch keinen Schmerz. Sie lächelte und sah ihn an, während sie seinen Namen flüsterte.
    „Ich will jetzt nach Hause gehen“, hauchte sie. Dann machte sie die Augen zu, und er wusste, dass sie tot war.
    Er hielt sie einfach nur fest, während er auf der nächtlichen Straße kniete, die so finster war wie sein Leben. Er hörte das Schluchzen seiner Mutter, und irgendwann kam das Heulen der Sirenen von Polizei und Krankenwagen näher.
    Am Samstagnachmittag gab es einen Gottesdienst für seinen Vater und seine Schwester. Die Totenwache hatten sie auf die traditionelle Weise zu Hause gehalten. Familie und Freunde waren gekommen, um an den Särgen zu wachen. Sie hatten Whiskey und Ale getrunken. Sie hatten seinen Vater zum Helden erhoben und die Rache für den Tod seiner Schwester zu ihrer Sache erklärt. In vielen Berichten überall auf der Welt stellte man sich die Frage, ob dieses junge und unschuldige Opfer vielleicht ein Schachzug Gottes für ihre Sache war.
    Keiner von ihnen hatte sie lächeln sehen. Keiner von ihnen wusste, dass sie einfach nur ein Kind gewesen war, voller Hoffnungen und Träume, und mit einem Lächeln, das so vor Leben sprühte wie die strahlenden Augen.
    Schließlich war die Zeit gekommen, um die beiden Toten zu Grabe zu tragen. Der Junge wusste aber, dass hier nichts jemals wirklich zu Grabe getragen wurde.
    Father Gillian sprach ein Gebet, und einige andere Männer hielten leidenschaftliche Grabreden. Seine Mutter war in Tränen aufgelöst, fuhr sich immer wieder durchs Haar und presste die Hände auf die Brust. Andere Frauen standen ihr bei, hielten sie und trauerten mit ihr. Ihr Wehklagen erinnerte an eine Gruppe heulender Todesfeen.
    Er stand ganz allein da, unfähig zu weinen.
    Nachdem der Trauergottesdienst beendet war, kamen die Dudelsackspieler nach vorne und setzten zu „Danny Boy“ an.
    Als sie wieder verstummten, traten er und einige Männer vor, um die Särge anzuheben. Zum Glück war der Junge für sein Alter bereits sehr groß und trug den Sarg seiner Schwester zusammen mit seinen Cousins, die alle deutlich älter waren als er. Sie war noch so ein kleines Ding gewesen, dass es ihn wunderte, wie schwer der Sarg war.
    Die beiden Särge wurden in die Gräber hinabgelassen, dann mit Erde und Blumen bedeckt. Es war vorüber.
    Während sich die anderen Trauernden zurückzogen, stand Father Gillian da und hatte einen Arm um die Mutter des Jungen gelegt. Eine Großtante kam zu ihm. „Deine Mutter braucht dich jetzt.“
    Er sah auf, Tränen schossen ihm in die Augen. „Im Moment braucht sie mich nicht“, sagte er und wusste, dass er damit Recht hatte. Er hatte sie trösten wollen, doch sie war von ihrem Hass, ihrer Leidenschaft und der neuen Sache erfüllt, für die sie eintreten würde.
    Da er niemandem wehtun wollte, fügte er an: „Ich kann jetzt nicht zu ihr gehen. Meine Mutter hat jemanden, der ihr im Moment hilft. Sie braucht mich nachher, wenn sie wieder allein ist.“
    „Du bist ein guter und kluger Junge“, sagte die Tante und ging fort.
    Allein stand er an den Gräbern und begann zu weinen, ohne einen Laut von sich zu geben.
    Er legte einen Schwur ab. Einen
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