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Bosmans/Deleu 05 -Schnitzeljagd

Bosmans/Deleu 05 -Schnitzeljagd

Titel: Bosmans/Deleu 05 -Schnitzeljagd
Autoren: Luc Deflo
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er lange in den Spiegel. Obwohl er über zwölf Stunden geschlafen hatte, lagen dunkle Schatten unter seinen Augen. Sein Gesicht war aufgequollen, und die Haut um die Wangenknochen wirkte rauh, war schuppig und mit roten Flecken übersät.
    Lustlos drückte er den letzten Rest Zahnpasta aus der Tube und putzte sich die Zähne, bis sein Zahnfleisch glühte.
    *
    Als Deleu Bosmans’ Büro betrat, gab er dem Untersuchungsrichter, auf dessen Schreibtisch eine verschlissene Ledertasche stand, einen schlaffen Händedruck und zog sich einen Stuhl heran.
    Der verblüffte Blick des Kollegen Vanderkuylen, der in eine Tasche starrte, ihn aber nicht einmal bemerkte, ließ seine Müdigkeit verschwinden. Seine Neugier war geweckt.
    Deleu gab Vanderkuylen einen leichten Schubs und sah eine kurze, kräftige Eisensäge, einen Hammer, die Umrisse eines Fleischermessers und zwei Seilknäuel. Er schaute von Vanderkuylen zu Bosmans, der stoisch blieb, dann zurück zu Vanderkuylen und schließlich erneut in die Tasche. »Welchen Schlachter habt ihr festgenommen?« Ein entschlossener Zug zeichnete sich um seinen Mund ab, und seine Augen funkelten.
    Bosmans seufzte. »Niemanden. Wir haben das ganze Viertel durchgekämmt.«
    »Komm schon, Jos. Die ganze Geschichte.«
    Nachdem Bosmans die Fakten zusammengefasst hatte, drückte er seinen Körper hoch und setzte sich träge in Bewegung. Als er Deleu bedeutete, ihm zu folgen, war dieser hellwach.
    Die junge Frau schaute kurz auf, als Bosmans und Deleu das muffige Hinterzimmer betraten.
    »Mevrouw Plaetinck?«
    Die hübsche Blondine nippte zuerst an ihrer Cola und warf ihnen dann einen Blick zu. Sie nickte und stellte das Glas wieder auf den Tisch.
    »Guten Tag, Mevrouw Plaetinck, ich bin Untersuchungsrichter Jos Bosmans, und dies ist Kriminalkommissar Dirk Deleu. Fühlen Sie sich in der Lage, uns ein paar Fragen …«
    »Schießen Sie los«, unterbrach Hilde Plaetinck ihn, doch als sie erneut von ihrer Cola trank, zitterte ihre Hand.
    »Haben Sie jemanden, der sich um Sie kümmern kann? Zumindest für eine Weile?«, fragte Deleu.
    »Kümmern?«
    »Ja, jemand, der für Sie da ist, bis Sie wieder vollständig …«
    »Nicht nötig«, unterbrach sie Deleus gut gemeinte Frage. »Ich bin es gewohnt, allein zu sein.«
    »Sind Ihre Eltern denn schon unterrichtet?«, fragte Bosmans bedächtig.
    »Warum?«, fragte sie hart. Hilde Plaetinck ballte die Fäuste. »Ich lebe allein. Außerdem bin ich Organisationsberaterin bei einer großen Bank. Ich habe schon Schlimmeres durchgemacht, meine Herren. Ich bin es gewöhnt, allein zurechtzukommen.«
    Weder Bosmans noch Deleu fühlten sich berufen, dem etwas hinzuzufügen. Bosmans stützte sich auf die Ellbogen, und Deleu lehnte sich zurück und streckte die Beine aus.
    Die junge Frau wusste nicht, wohin mit ihren Händen. Von Sekunde zu Sekunde wurde sie unsicherer, und als irgendwo im Gebäude eine Tür zuknallte, warf sie einen erschrockenen Blick über die Schulter. Dann sah sie Bosmans an, der bedächtig auf einem Zahnstocher kaute, und der fragende Ausdruck in ihrem Gesicht verwandelte sich erneut in grimmige Entschlossenheit.
    »Was mir passiert ist, geht niemanden etwas an … niemanden. Ich brauche kein Mitleid. Ich will einfach wieder ich selbst sein. Ich will das alles vergessen.« Sie schaute abwechselnd zu Bosmans und dann zu Deleu. Keiner von beiden reagierte. Hilde Plaetinck faltete die Hände im Schoß. Als sie wieder aufblickte, wirkten ihre hellblauen Augen traurig und trüb.
    »Was haben Sie an jenem Tag genau gemacht, Mevrouw Plaetinck?«
    Die junge Frau sah Deleu an und fummelte an ihrem Rock herum. »Warum? Hab ich irgendwas verbrochen? Steh jetzt etwa
ich
unter Anklage? Brauche ich einen Anwalt? Das ist jetzt schon das zweite Mal, dass ich verhört werde.«
    Deleu ging auf diese Provokation nicht ein. »Es ist sehr wichtig, dass wir Ihren Tagesablauf genau rekonstruieren. Jede einzelne Stunde, am liebsten jede Minute. Diese Person ist Ihnen möglicherweise gefolgt. Verstehen Sie?«
    »Nichts«, kam die schroffe Antwort. »Ich hab nichts Besonderes gemacht. Lange geschlafen, meine Wohnung aufgeräumt und am Nachmittag ins Kino. Das ist auch schon alles.«
    »Ist Ihnen im Lauf des Tages irgendetwas Verdächtiges aufgefallen? Vielleicht auf dem Weg zum Kino? Oder im Kino?«
    »Ich wollte doch nur etwas Gutes tun … helfen«, erwiderte sie hilflos. Doch dann richtete sie sich plötzlich auf, und ihr Tonfall wurde wieder scharf. »Und ich
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