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Bosmans/Deleu 05 -Schnitzeljagd

Bosmans/Deleu 05 -Schnitzeljagd

Titel: Bosmans/Deleu 05 -Schnitzeljagd
Autoren: Luc Deflo
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weiß, dass ich versagt habe!«
    Sein Zeigefinger bebte, als er auf die schwarze Wolkenmasse deutete. »Du bist nicht besser als ich. Kein Haar besser. Nichts, nichts hast du getan. Also mach mir keine Vorwürfe. Dazu hast du kein Recht. Du hast mich im Stich gelassen. Aber ich habe gekämpft. Ich allein!«
    Das Geräusch wurde leiser, ein Zischen.
    »Eines Tages werde ich dir das heimzahlen. Du feiger Hund. Warum bist du nicht selbst gekommen? Nein,
du
hast Jesus geschickt, deinen halbgaren Sohn. Feigling. Du hast ihn benutzt. So wie du nun mich zu benutzen versuchst. Aber ich kenne dich. Ich weiß, wie du tickst. Ich hab dich durchschaut!«
    Das wahnsinnige Lachen schien das ganze Bad zu füllen. Wie ein tosender Orkan wirbelte es durch den Raum, hallte von den glatten Wänden wider und riss alles mit sich.
    Plötzlich war es totenstill.
    Vor dem Haus, weit entfernt, rauschte vage der Wind.
    Doch auch in der Stille ebbte das Gefühl der Bedrohung nicht ab – im Gegenteil, es blieb bestehen, verstärkte sich langsam. Geballter Hass. Das Auge des Orkans. Die Stimme klang nun beherrscht, die Worte gemessen.
    »Weißt du, was ich damals begriffen habe? Als ich allein war in diesem stinkenden Schuppen? Schmerz und Demütigung. Weißt du es? Weißt du, was mir da klargeworden ist?«
    Der Mann schaute zu den Wolken, und seine Stimme wurde noch leiser. »Natürlich weißt du es. Aber du willst es nicht aussprechen. Du traust dich nicht, es auszusprechen.«
    Das Lachen, das diesen Worten folgte, schien aus einer anderen Dimension zu kommen. »Ich werde es dir verraten. In dieser stinkenden Höhle ist mir klargeworden, dass ich dich nicht brauche. Ich brauche dich nicht.«
    Er stocherte in seinem Ohr herum und betrachtete dann seinen Zeigefinger. »Du brauchst
mich

    Der Mann drückte sich, die Hände auf den Oberschenkeln, nach oben, bis sein kräftiger Rumpf sich langsam aus dem Wasser erhob. Von einer Sekunde auf die nächste hatte sich sein Gemütszustand um hundertachtzig Grad geändert. Ein Bild der Ruhe und Heiterkeit. Ein Buddha. Aber nicht träge, nicht verträumt – ein muskulöser Buddha, der Kraft und Vitalität ausstrahlte. »Was meinst du?«
    »Du antwortest nicht? Natürlich nicht. Die Wahrheit tut weh.« Mit geschlossenen Augen ließ er seinen muskulösen Körper wieder zurücksinken, bis nur noch Nase und Mund aus dem Wasser ragten.
    »Ich tue es auf meine Weise. Ich hole sie mir. Und all die anderen auch. Ich habe einen Job. Ein Haus. Einen Plan. Einen meisterhaften Plan. Mein Spiel. Nicht deines. Die Welt ist meine Spielwiese. Ich hab dich …« Die letzten Worte waren unverständlich. Sie gingen im brodelnden Zischen unter, als der Kopf unter der Wasseroberfläche versank.

[home]
    2
    K riminalbeamter Dirk Deleu wälzte sich ruhelos in seinem Bett. Bilder tauchten auf und verschwanden wieder. Sein Verhältnis mit Nadia Mendonck. Barbara, seine Frau, von der er getrennt lebte. Die Geburt von Charlotte, seiner fünfzehn Monate alten Tochter. Frank Tack, Nadias toter Geliebter, der wie ein rachsüchtiger Gott über ihnen schwebte und ihn auslachte.
    Schlaftrunken stieß Deleu ein Glas Wasser um und musste zweimal nach seinem Mobiltelefon greifen, bis er es endlich in der Hand hielt. »Deleu.«
    »Dirk, hier ist Jos.«
    »Jos?«
    »Hey, Deleu, hier ist Bosmans …
remember?
Jos Bosmans, in zweiter Ehe mit Maud van Riel verheiratet. Großvater mit zu Hause wohnenden Enkelkindern. In seiner Freizeit Untersuchungsrichter. Jos Bosmans.«
    »’tschuldigung, Jos, hab schlecht geschlafen.«
    »Ich brauch dich im Büro, Dirk. Ich hab hier eine merkwürdige Geschichte auf dem Tisch.«
    Am anderen Ende der Leitung herrschte Stille. Bosmans dachte an den Fall Herman Verbist – der schizophrene Mann, der ein Baby entführt hatte. Der Fall, der erst vorgestern Abend ein dramatisches Ende genommen hatte. Mit Deleu in einer wenig beneidenswerten Hauptrolle. »Dirk?«
    »Ja?«
    »Bleib einfach liegen und komm heute Nachmittag mal vorbei.«
Klick.
    Dirk Deleu rieb sich den Schlaf aus den Augen und fuhr sich mit der Zunge über die Lippen. Sie fühlte sich an wie Schmirgelpapier. Während er sich mühsam aufrichtete, konnte er nur an eines denken:
Nicht geschieden von Barbara und vermutlich der Vater von Nadias Baby.
    Er zog die Jalousien hoch, erschauderte und tastete nach dem gusseisernen Heizkörper.
    Dieses verdammte Thermostat ist kaputt.
    Deleu ging ins Bad und streifte seinen Bademantel über. Dann schaute
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