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Bosmans/Deleu 05 -Schnitzeljagd

Bosmans/Deleu 05 -Schnitzeljagd

Titel: Bosmans/Deleu 05 -Schnitzeljagd
Autoren: Luc Deflo
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Gott weiß woher hervorgezaubert hatte. Mit tiefen, gierigen Zügen sog sie daran wie eine Kettenraucherin, und blies den Rauch durch das geöffnete Fenster. Sie hatte wulstige Lippen und ein kräftiges Kinn, stellte Hilde fest und rümpfte die Nase, als sie die Trauerränder unter den kurz geschnittenen Fingernägeln bemerkte.
    Missmutig schaute Hilde Plaetinck auf ihren Kilometerzähler. Sie fuhr jetzt schon fünf Kilometer durch die Innenstadt von Mechelen, und ihr wurde langsam unbehaglich. »Ist es noch weit?«
    »Die dritte Straße rechts. Hinter der nächsten Ampel. Bei der Metzgerei«, kam es kurzangebunden von hinten.
    Als die junge Frau aufs Gaspedal drückte und gerade noch bei Gelb über die Kreuzung raste, zeichnete sich ein besorgter Ausdruck auf ihrem Gesicht ab. Auf ihrer Stirn erschien eine tiefe Falte, während sie erneut auf den Kilometerzähler schaute.
    Was hatte die Alte in Gottes Namen vor dem Kinocenter zu suchen gehabt? Wahrscheinlich gebettelt. Aber sie hat behauptet, sie wäre zu Fuß! Zu Fuß?
    »Hier rechts abbiegen. Wir sind gleich da.«
    Als Hilde Plaetinck sich dankbar umdrehte – inzwischen wusste sie nämlich überhaupt nicht mehr, wo sie war –, traf sie der Zigarettenqualm mitten ins Gesicht. Sie hustete und blinzelte, um den Schmerz in den Augen zu lindern. Doch sie beschloss, ihre aufsteigende Verärgerung zu ignorieren und sich nichts anmerken zu lassen.
    Die arme Alte.
    Bei der Metzgerei »Zum fetten Ochsen« bog sie rechts ab, in eine triste Gasse, die immer schmaler wurde. Nach einhundert Metern musste sie über den Gehweg fahren, weil ein falsch geparkter Wagen die Straße versperrte. Mit angehaltenem Atem gelang es ihr, das schwierige Fahrmanöver zu bewältigen.
    »Jetzt links.«
    Meine Güte, wie soll ich hier jemals wenden, ohne Spuren am Auto zu hinterlassen?
    Hilde Plaetincks Körper verkrampfte sich, als sie auf die Bremse treten musste, um einer quer über die Straße laufenden Katze auszuweichen. Dann drehte sie sich um. »Ist es noch weit?«
    Die Frau schaute auf. Ihr Kopftuch war ein Stück nach hinten gerutscht. Ihre linke Wange wirkte bleich und glänzte unnatürlich, als wäre sie poliert. »Nein, nur noch drei Straßen. Entschuldigen Sie bitte die Unannehmlichkeiten. Ich hoffe, dass ich Sie zu einer Tasse Kaffee einladen kann.« Die Stimme klang nun nicht mehr heiser, sondern eher neutral, vielleicht sogar ein wenig aufgeregt.
    Hilde Plaetinck schaute stur geradeaus und schauderte. Die trostlosen Fassaden mit der abblätternden Wandfarbe verstärkten ihr Gefühl des Unbehagens. Diese Häuser. Hoch und schmal. Und kahl. Hier und dort hingen ausgeblichene Tücher statt Vorhängen vor den Fenstern.
    Als sie das Klicken des Feuerzeugs hörte, blickte sie verärgert in den Rückspiegel. Doch ihre Wut schlug schlagartig in Angst, in blinde Panik um, als sie unter den hochgerutschten Ärmeln des Kleides die Arme der Frau sah – kurze, kräftige Unterarme, mit Muskeln so dick wie Kabelstränge. Auf der rauhen Haut wuchsen störrische schwarze Haare. Genau wie auf den Fingern, die die Frau nun rhythmisch öffnete und schloss. Und dann fiel Hilde Plaetincks Blick auf die Augen der Frau. Schwarz und unergründlich. Blanker Hass blitzte darin auf.
    Hilde Plaetinck erstarrte. Sie hatte das Gefühl, als würde ein Stahlband um ihre Brust gelegt und zugezogen. Ihre klammen Hände rutschten vom Lenkrad. Sämtliche Sinne schienen wie tot, gelähmt.
    Ein Mann!
    Während die junge Frau sich in Todesangst die Lunge aus dem Leib schrie und aufs Gaspedal trat, bog ein roter Lieferwagen um die Ecke. In heller Panik riss Hilde Plaetinck das Steuer nach rechts, und der Corsa rammte die Stoßstange des Postautos.
    Als ihr Wagen ruckartig zum Stehen kam, schlug sie mit der Stirn auf der Hupe auf und riss in einem Reflex die Arme schützend über den Kopf. Noch bevor der verblüffte Postbeamte wusste, wie ihm geschah, flog die hintere Tür auf, und eine in Lumpen gekleidete Frau stürmte in Richtung Vrijbroekpark davon.
    Eric van Lierde schob seine Dienstmütze aus der Stirn und kratzte sich am Kopf. Dann hievte er seinen plumpen Körper aus dem Transporter, betrachtete ungläubig grinsend den Schaden und blies sich verstohlen in die Hand. Der Geruch war einigermaßen okay – Jenever roch wesentlich schlimmer. Aber das gellende Gehupe ging ihm nun doch auf die Nerven, und sein von Natur aus freundliches Gesicht verzog sich verärgert. »Tja, Frolleinchen«, sagte er, seufzte und
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