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Bony und die weiße Wilde

Bony und die weiße Wilde

Titel: Bony und die weiße Wilde
Autoren: Arthur W. Upfield
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verschwand das Lächeln, und die Erinnerung senkte sich schwer auf ihn.
    »Nein, jetzt weiß ich, daß es Wirklichkeit war«, sagte er. »Als er vorüberging, summte er vor sich hin, wie es immer seine Angewohnheit gewesen ist. »Vorwärts, ihr Streiter Christi<. Genau wie damals.«

2

    Sergeant Samuel Sasoons Vater hatte noch in den unendlichen Wäldern die riesigen Karribäume gefällt und Eisenbahnschwellen hergestellt. Er hatte die Größe und Kraft eines Gorillas und die Behendigkeit eines Tanzlehrers gehabt. Es war für ihn eine Kleinigkeit gewesen, einen Karribaum sechzig Meter hoch zu erklimmen und die Krone mit ihren Ästen abzuhauen. Wie eine Schnecke hatte er dann in schwindelnder Höhe geklebt, bis endlich ein letzter Schlag die Krone abtrennte und beim Herunterfallen den gewaltigen Stamm wie eine riesige Stimmgabel ertönen ließ. Wenn dies geschehen war, hatte er mitunter einen der Zuschauer gebeten, einen Stock in die Erde zu stecken, und versichert, der Baumriese würde genau darauf fallen. Ein einziges Mal klappte es nicht. Der Stamm stürzte zwei Meter neben der Markierung zu Boden. Da war der alte Sasoon zusammengebrochen und hatte sich eine Woche lang betrunken.
    Beim Fällen der gewaltigen Karribäume sind schon viele Männer ums Leben gekommen. Sasoon senior aber starb in der Hauptstraße von Timbertown. Ein Stück Apfelsinenschale wurde ihm zum Verhängnis, auf der er ausrutschte. Samuel war damals fünfzehn und ließ erkennen, daß er von seinem Vater die Statur geerbt hatte. Aber auch das Erbteil seiner Mutter konnte er nicht verleugnen: die Furcht vor der Höhe und die Liebe zu den Büchern, von denen sie zwei besaß - die Bibel und >Onkel Toms Hütte<.
    Da noch ein älterer Bruder da war, der den traditionellen Beruf der Sasoons aufnahm, zog Samuel es vor, sich nicht mit den Riesen des Waldes, sondern mit den Riesen unter den Menschen herumzuschlagen. Die erste Chance bot sich ihm, als er auf dem Rummelplatz in eins der üblichen Boxzelte trat, wo jedermann eingeladen ist, sein Glück gegen die eigens dafür engagierten Muskelmänner zu versuchen. Der junge Sasoon besaß keinerlei Erfahrung in dieser Hinsicht. Er ging einfach hinein und schickte einen nach dem anderen zu Boden. Der Eigentümer dieser Boxshow stellte ihn augenblicklich als Vormann ein.
    Zwei Jahre zog er mit diesem Unternehmen durch die Lande, bis er - einem plötzlichen Impuls folgend - der westaustralischen Polizei beitrat. Inzwischen waren im Gebiet von Timbertown immer mehr Sägemühlen entstanden, und die wüsten Gesellen unter der Bevölkerung hatten sich in einem Ausmaß vermehrt, daß die Polizeimacht auf doppelte Stärke gebracht werden mußte. Schließlich entschloß man sich in der Polizeidirektion, nicht die gesamte Streitmacht zu verdoppeln, sondern dafür ganz einfach Samuel Sasoon hinzuschicken.
    Er heiratete die beste Freundin von Emma Jukes, und obwohl er nicht ein einziges Mal jemanden wegen Volltrunkenheit zur Anzeige gebracht hatte, beförderte man ihn trotzdem zum Sergeanten. Im Laufe der Jahre wurde er ein wenig zahmer, und seine Erfahrung nahm zu.
    Timbertown war eine ganz gewöhnliche Kleinstadt. An der Hauptstraße lagen die Geschäfte, das Postamt und das Gericht. Krankenhaus und Polizeistation befanden sich in einer Nebenstraße. Die nächste Sägemühle war eine halbe Meile außerhalb der Stadt, dicht bei der Endstation der Eisenbahn. Blühende Eukalyptusbäume spendeten den Straßen Schatten, und die Häuser waren von Gärten umgeben, deren Blumenpracht in den üppigsten Farben glühte.
    Sergeant Sasoon bearbeitete gerade einen Fall, der bald vor Gericht kommen sollte, als er im Vorzimmer die Stimme von
    Matt Jukes vernahm, der dem diensthabenden Wachtmeister wegen einer Kraftfahrzeugzulassung Angaben machte. Ohne sich zu erheben, rief er Matt zu, er möge doch hereinkommen, wenn er draußen fertig sei. Wenige Minuten später betrat Matt den Raum und wurde mit einem Grinsen begrüßt.
    »Habe eine Neuigkeit, Matt«, sagte Sasoon und langte nach Tabak und Zigarettenpapier. »Kam heute morgen. Aber zunächst mal - wie steht’s bei euch draußen?«
    Er war in Hemdsärmeln und lehnte sich gemütlich zurück. Sein blondes Haar war gelichtet, aber seine grauen Augen blitzten immer noch jungenhaft.
    »Gut, Sam. Aber seit Karl aus Albany zurück ist, weiß ich nicht mehr so recht, was ich denken soll«, erwiderte Matt mit besorgtem Gesicht. »Ich weiß einfach nicht, ob das, was Karl erlebt hat, ein
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