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Bombengeschäfte

Bombengeschäfte

Titel: Bombengeschäfte
Autoren: H Friederichs
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vergeblich in Berlin nach deutschen Kampfpanzern angefragt. Keine Bundesregierung war bereit, den Saudis schwere Waffen zu liefern. Helmut Schmidt erfüllte den Wunsch Saudi-Arabiens nach Leoparden ebenso wenig wie sein Nachfolger Helmut Kohl. Der FDP-Politiker Jürgen Möllemann, damals Staatsminister im Auswärtigen Amt, später Wirtschaftsminister, hatte sich 1983 vergeblich für den Export der Panzer nach Saudi-Arabien eingesetzt. 165 Das Nachrichtenmagazin
Spiegel
zitierte Möllemann mit einem Wortspiel: Den Panzer Leo, den die Saudis haben wollten, müsse man „auf Arabisch von rechts nach links“ lesen, dann käme „Oel“ heraus. Dank steigender Ölpreise ist die Bedeutung Saudi-Arabiens seit 1983 noch gewachsen.
    Warum das zweite Kabinett Merkel nun einer Voranfrage für den Export der Leoparden zugestimmt hat, verrät die Regierung nicht – auch den Fachausschüssen des Bundestages nicht. Regierungschefin und Bundesminister verstecken sich hinter dem Bundessicherheitsrat, der stets unter Ausschluss der Öffentlichkeit und unter höchster Geheimhaltungsstufe tage. Dessen Entscheidungen dürften nicht publik gemacht werden. Zudem gebe es berechtigte Geheimhaltungsinteressen der Hersteller. Das Schweigen der Regierung empfindet die Opposition als Provokation. Ein Politveteran mit großer Erfahrung in geheimen Staatsangelegenheiten zog im August 2011 nach Karlsruhe, um vor dem Bundesverfassungsgericht mehr Transparenz zu erzwingen. Hans-Christian Ströbele, der unter anderem im Kontrollgremium zur Arbeit der Geheimdienste sitzt, hofft, dass das höchste Gericht Deutschlands die Bundesregierung in die Schranken verweist. Gemeinsam mit der Vorsitzenden der Grünen, Claudia Roth, und der Rüstungsexpertin der Partei, Katja Keul, hat er ein Organstreitverfahren beim Bundesverfassungsgericht angestrebt. Der Zweite Senat will noch 2012 darüber entscheiden. 166
    Wie die Bundesregierung schweigt auch der Generalunternehmer Krauss-Maffei Wegmann zum Deal mit Saudi-Arabien. Das Unternehmen hat kein Interesse, dass Details an die Öffentlichkeit gelangen. „Fakt ist zum einen, dass das Interesse Saudi-Arabiens am Leopard nicht erst seit diesem Sommer bekannt ist, sondern schon seit sehr vielen Jahren. Das ist eigentlich keine Neuigkeit“, sagt Unternehmenssprecher Christoph Müller ungewohnt offen im
Deutschlandfunk
. „Fakt ist aber auch, dass wir bei KMW keinen Vertrag für die Lieferung von Leoparden nach Saudi-Arabien besitzen. Aber es ist mit Sicherheit eine Diskussion gewesen, die eine ausgesprochen hohe Aufmerksamkeit und auch Medienaufmerksamkeit über die vergangenen Wochen und Monate besessen hat. Wir haben große Sorge, dass das Thema in der Unternehmensbetrachtung sehr verkürzt dargestellt wird.“ Normalerweise äußert sich der Sprecher zum Thema Panzerlieferung nach Saudi-Arabien nur „unter drei“. Diese Sprachregelung, die normalerweise zwischen Politikern und Journalisten gilt, bedeutet, dass Informationen aus einem Gespräch nicht veröffentlicht werden dürfen. Müller, ein charmanter und intelligenter Gesprächspartner, ist mehr als ein Sprachrohr seiner Firma. Man hat ihm Prokura erteilt, also kaufmännische Verantwortung übertragen. Nachdem der
Spiegel
erstmals über den Panzerdeal mit Riad berichtet hat, bekommt Müller viel zu tun. Zahlreiche Journalisten rufen bei KMW an, und allen kann Müller nichts sagen. Er weiß genau: Saudi-Arabien gehört zu den heikelsten Kunden der deutschen Rüstungsindustrie. Öffentlichkeit schadet dem Geschäft. Diskretion sei wichtig, heißt es bei KMW. In Riad haben Verantwortliche hingegen keine Hemmungen, über das Thema zu sprechen.
Arabische Interessen und deutsche Dementis
    Diese Erfahrung macht Jan van Aken, ehemaliger Rüstungsinspekteur der Vereinten Nationen, davor Gründer und Leiter der Forschungsstelle Biowaffen an der Universität Hamburg, heute Bundestagsabgeordneter der Linkspartei. Er besuchte vom 3. bis 6. Oktober 2011 Saudi-Arabien. Im Verteidigungsministerium in Riad trifft er den saudischen General Abdullah al-Saleh, zuständig für den Waffeneinkauf. Der Autor war bei dem Treffen dabei.
    „Wir haben gefährliche Nachbarn“, sagt der General. Er trägt eine khakifarbene Uniform, auf deren Schulterklappen gekreuzte goldene Säbel gestickt sind. Al-Saleh spricht mit sanfter Stimme und in bestem Oxford-Englisch. Er ist Ende vierzig, ein kleiner Mann mit ergrautem Schnauzer und sorgfältig gestutztem Kinnbart. Der General empfängt van
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