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Böse Freundin (German Edition)

Böse Freundin (German Edition)

Titel: Böse Freundin (German Edition)
Autoren: Myla Goldberg
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siehst du aus», erklärte sie. «Ein bisschen blass vielleicht.»
    Celia hätte am liebsten für alles um Entschuldigung gebeten: für das unzulängliche Telefongespräch, für ihre Anwesenheit hier am Flughafen und dafür, dass sie mit ihrem Eintreffen den Tagesplan durcheinanderbrachte. «Ich habe schlecht geschlafen», sagte sie und sah die Kopfhaut durch Noreens kunstvoll aufgetürmtes, dünn gewordenes Haar schimmern, das den gleichen dunkelbraunen Ton hatte wie ihr eigenes.
    «Um die Augen herum siehst du ein bisschen aus wie ein Waschbär», sagte Noreen. «Aber das kriegen wir schon wieder hin. Ich habe vorsichtshalber zwei Betten für dich gemacht. Eins im Gästezimmer … aber ich zumindest finde es furchtbar, ganz allein in einem großen Bett zu schlafen, deshalb habe ich dir auch noch das in deinem alten Zimmer hergerichtet, nur für alle Fälle.»
    Sie waren beim Gepäckband angekommen, auf dem dunkle Rollkoffer in Schrittgeschwindigkeit ihre Kreise zogen. Die Wartenden beugten sich mit suchendem Blick vor und wieder zurück, eine synchrone Schlangenbewegung.
    «Das Gästezimmer ist völlig in Ordnung», sagte Celia. Ein Zelt im Garten wäre auch in Ordnung gewesen oder ein Plätzchen auf dem Fußboden in der Garage. Die Anwesenheit ihrer Mutter steigerte die Scham, die Celia in Chicago überkommen hatte und sich nun über die Grenzen ihres Körpers hinaus auszudehnen schien. Ein kieferngrüner Koffer tauchte auf dem Gepäckband auf. Celia beugte sich vor.
    «Das dachte ich mir.» Noreen seufzte. «Ihr wart schon immer so viel selbständiger. Ich glaube, die paar Male, die dein Vater und ich getrennt voneinander geschlafen haben, kann man an einer –»
    Celia tätschelte ihren Arm. «Mom, es ist alles okay», sagte sie. «Huck wollte ja mitkommen. Ich war diejenige, die den Riegel vorgeschoben hat. Das Trimester ist fast um. Es hätte ihn jemand vertreten müssen, und die Kids aus seinem Kurs in der sechsten Stunde haben in nicht mal vier Wochen die Vorauswahlprüfung fürs College.»
    «Ja, natürlich», pflichtete Noreen bei und begann zu weinen. «Entschuldige.» Sie betupfte sich das Gesicht mit einem zerknüllten Taschentuch. «Ich bin ein bisschen … Ich habe letzte Nacht auch nicht so besonders geschlafen. Ich war einfach zu aufgeregt.» Sie verzog den Mund zu einem schiefen Lächeln.
    Warren parkte direkt hinter dem Ausgang in einer neuen, silbergrauen Limousine, durch deren offene Fenster ein Stück von Bud Powell dröhnte. Beim Anblick seiner Tochter beugte er sich zur Seite und öffnete die Beifahrertür.
    «Willkommen daheim, Kleines!», rief er. Über den Pianokaskaden war seine Stimme kaum zu hören, aber seine Miene war so unmissverständlich wie ein wedelnder Hundeschwanz. Celia kannte keinen anderen Menschen, der alle, die ihm lieb und teuer waren, mit so unkomplizierter Freundlichkeit begrüßte.
    «Warren, stell das leiser!», schalt Noreen, lächelte aber dabei. Zu Celia sagte sie: «Seinetwegen sind wir vierzig Minuten zu früh losgefahren – weil man ja nie wissen kann.»
    Celia schob den Beifahrersitz zurück, um Platz für ihre Beine zu schaffen, und bemerkte, dass zum ersten Mal seit ihrem Wachstumsschub mit vierzehn Fahrer- und Beifahrersitz nicht auf einer Höhe waren. Ihr Vater schrumpfte allmählich. Sie ließ ihren Sitz rasch eine Stufe weiter vorn einrasten.
    «Na, was sagst du?» Warren deutete auf das Wageninnere. Er trug seine ledernen Autohandschuhe und dazu das Käppi, das Celia ihm zum letzten Vatertag geschenkt hatte.
    «Das ist doch alles wie gehabt!», maulte sie. «Als du silbermetallic gesagt hast, hab ich mir was Todschickes vorgestellt.»
    «Na, wenn das nicht todschick ist!», sagte ihr Vater. «Schau, hier, mit Glasschiebedach!»
    «Es ist ein Camry, Dad.»
    «Natürlich ist es ein Camry.» Warren zuckte mit den Schultern. «Das ist ein erstklassiges Modell.»
    «Und warum kaufst du dann alle zwei Jahre ein neues?»
    Warren zwinkerte ihr zu. «Weil ich damit bei einer gewissen Dame Eindruck schinden will, meine Süße.»
    Von der Rückbank hörte man Celias Mutter kichern.
    Warren umfing das Lenkrad wie eine Lieblingstanzpartnerin; er fuhr sicher, alles andere als aggressiv und verpasste, auch wenn er sich unterhielt, nie eine Abzweigung. Die Zeit, in der er um Noreen geworben hatte und allwöchentlich sechs Stunden von seinem Militärstützpunkt in Fort Letterkenny zu ihr gefahren war, die damals noch das College besuchte, hatte er einmal als eine
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