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Boerewors und Chardonnay: Ein Jahr in Südafrika

Boerewors und Chardonnay: Ein Jahr in Südafrika

Titel: Boerewors und Chardonnay: Ein Jahr in Südafrika
Autoren: Barbara Brühwiler
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Tag erklärte, die teuren Wagen haben neben dem Prestige noch einen grossen Vorteil: Sie behalten ihren Wert, vor allem wenn sich der südafrikanische Rand gegenüber den europäischen Währungen abwertet. Bei einem Wiederverkauf kann sich die Investition also durchaus lohnen. So argumentieren zumindest die Südafrikaner männlichen Geschlechts, wenn sie ihr Auge auf ein neues Spielzeug geworfen haben.

    *

    Tim ist der Abschied von seinen Grosseltern und Freunden nicht schwer gefallen. Am Flughafen hat er sich strahlend verabschiedet und nicht begriffen, weshalb er traurig sein sollte. Er reiste ja zu seinem Papa, und nach Afrika, das war doch aufregend! Aber nun kommt für ihn die Bewährungsprobe der Reise: Jetzt wird er für ein paar Stunden von seinen Eltern getrennt und muss an einem fremden Ort ausharren, an dem niemand seine Sprache spricht: in der Kinderkrippe.
    „Warum bringt Ihr denn die Jungs in die Krippe?“ wurden wir in der Schweiz oft gefragt. Bekanntlich planten wir ja, eine Maid anzustellen, da wäre die Betreuung der Kinder doch geregelt! Unsere Erfahrungen mit Tim und seiner Krippe in der Schweiz waren jedoch so gut, dass wir die beiden auch weiterhin in den Hort schicken möchten. Dort können sie mit anderen Kindern spielen, die hiesigen Lieder und Spiele lernen, und natürlich die englische Sprache.
    In Bezug auf die Kinderkrippe hatte ich in der Schweiz ein einfaches Leben: Morgens lieferte ich ein gutgelauntes Kind ab, das manchmal nicht einmal genügend Zeit hatte, um sich richtig von seiner Mama zu verabschieden, weil es sofort zu seinen Freunden und Spielsachen flitzen musste. Jetzt ahne ich: So einfach wird es hier nicht.
    Und so ist es. Unsere Krippe ist in Dainfern untergebracht, in einem freundlichen Haus mit Strohdach und riesigen Farn-Palmen im Garten. Sie wird schulähnlich geführt, mit fünf altersmässig gestuften Klassen, die von teachern geleitet werden. Die Krippenleiterin heisst Glen und ist eine ältere, resolute Dame mit grauen Schäfchen-Locken und bunten Kleidern.
    „So, da seid Ihr ja, Ihr zwei! Nein, Ihr seid ja zwei darlings !“ tönt es uns von Glen entgegen. Max guckt freundlich und thront souverän auf meinem Arm, Tim klammert sich an meine Beine. Ich lächle verkrampft.
    Ich führe Tim und Max ein und fülle Formulare zu ihrem Gesundheitsstand und ähnlichem aus. Dann wird mir Max aus dem Arm genommen und Tim von meinen Beinen gelöst, und ich werde freundlich, aber bestimmt aus dem Haus geleitet mit der Bitte, mittags die Jungs wieder abzuholen. Zumindest denke ich, dass es das war, was die Krippenleiterin sagte. Dank dem markerschütternden Geheul meines Sohnes musste ich lippenlesen, was viele Interpreta-tionsfehler zulässt.
    Eigentlich hatte ich erwartet, dass ich den ersten Morgen auf Pikett in der Krippe sitzen würde, und so finde ich mich viel zu früh und allein auf dem Parkplatz wieder. In der Krippe läuft noch immer eine Sirene mit der Stimme meines Sohnes, und ich fühle mich ein bisschen wie damals, als der Zahnarzt mir die Weisheitszähne herausoperierte. Die Operation war nötig, weil in meinem Kiefer kein Platz für die Weisheitszähne war und dieselbigen also besser entfernt wurden, bevor sie ihr bequemes Sofa verliessen und sich mit Schultern und Ellbogen einen Platz ausserhalb des Zahnfleisches eroberten und dabei alle anderen Zähne auf die Ersatzbank verbannten. Obwohl das Zahnfleisch über jedem Weisheitszahn aufgeschnitten werden musste, war die Operation nicht schmerzhaft, aber verstörend. Dank der spiegelnden Brille meines Zahnarztes konnte ich seine Aktionen wie am Fernsehen mitverfolgen, was meinem Magen nicht gut bekam. Zudem war da noch einer dieser Weisheitszähne, der sich nicht lo-ckern wollte, worauf der Zahnarzt ein Knie gegen meine Brust stemmte und den Zahn mit Ganzkörpereinsatz doch noch zur Mitarbeit zwang. Wenn auch nur teilweise, denn der Zahn wurde in zwei Teile gesprengt, wovon einer durch die ganze Zimmerlänge flog und in einer Ecke landete. Unglaublich, aber wahr. Kaum erstaunlich, dass ich mich danach tagelang mit einer geschwollenen Hamster-Backe verstecken musste.
    Um mich von den Gedanken an meine armen Söhne und meine Weisheitszahn-Operation abzulenken, muss ich etwas unternehmen. Ich beschliesse, mich ordnungsgemäss in Dainfern anzumelden, damit ich meine Zutrittskarte erhalte.
    Sicherheit ist das Hauptverkaufsargument für einen südafrikanischen estate wie Dainfern. Die Mauer rund um das Dorf wird mit
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