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Blutsverwandte: Thriller (German Edition)

Blutsverwandte: Thriller (German Edition)

Titel: Blutsverwandte: Thriller (German Edition)
Autoren: Jan Burke
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Delacroix’ Versuch unterlief, Blickkontakt zu ihm aufzunehmen. Unverzeihlicherweise saßen sie auf der anderen Seite des Gerichtssaals. Sie hatten Mason stets nur als Schandfleck betrachtet, was wiederum Caleb veranlasste, sich dafür zu schämen, mit ihnen verwandt zu sein.
    Auch Nelson Fletcher saß da, hinter den Delacroix’ und neben Calebs anderem Großvater Graydon Fletcher. Ein Dutzend von Richards anderen Pflegegeschwistern war ebenso gekommen wie etliche »Tanten« und »Onkel«, die Caleb kaum kannte. Ein paar von ihnen hatten das ganze Verfahren verfolgt.
    Was für eine zusammengewürfelte Familie sie nur waren. Calebs Vater war weder mit Onkel Nelson noch mit einem der anderen blutsverwandt gewesen. Richard und Nelson waren gemeinsam in einer Pflegefamilie aufgewachsen, zwei von einundzwanzig Kindern, die die für ihre Selbstlosigkeit berühmten Fletchers unter ihre Fittiche genommen hatten.
    Verstohlen warf Caleb einen Blick auf Großvater Fletcher. Der alte Mann war wie immer tadellos gekleidet. Caleb stand ihm zwar nicht besonders nahe, bewunderte ihn aber dennoch.
    Nach dem Tod seiner Großmutter hatte Calebs Familie Großvater Fletcher höchstens ein- oder zweimal besucht und in den letzten Jahren überhaupt nicht mehr. Obwohl er zu verstehen glaubte, warum sein Vater sich vom Einfluss der Familie unabhängig machen wollte – er fand, sie mischten sich alle viel zu sehr in die Angelegenheiten der anderen ein und seien wie eine Art Sekte -, machte diese Distanz Caleb jetzt zu schaffen. Sie kannten Mason nicht, also warum sollten sie an seiner Schuld zweifeln?
    Als hätte er Calebs Aufmerksamkeit gespürt, wandte sich Großvater Fletcher um, sah ihn an und nickte ihm kaum merklich zu.
    Caleb erwiderte das Nicken, während er wünschte, es hätten nicht alle für nötig gehalten, Position zu beziehen. Wenn Großvater Fletcher glaubte, was auch immer ihm Onkel Nelson über Mason erzählte, dann konnte Caleb es ihm nicht verübeln.
    Die Presse schwelgte natürlich in der »Ironie des Schicksals«. Ein Waisenjunge hat Glück und wächst in einer wunderbaren Pflegefamilie auf. Er wird ein erfolgreicher Grafikdesigner, heiratet eine Frau, die sich als junge alleinerziehende Mutter durchgeschlagen hat, und adoptiert ihren fünfjährigen Sohn. Er liebt ihn und sorgt für ihn und bekommt mit seiner Frau zwei weitere Kinder. Doch Mason, der undankbare Junge, den er adoptiert hat, vergilt ihm seine liebevolle Fürsorge, indem er angeblich ihn und sein jüngstes Kind ermordet. Die kleine Jenny.
    Wenn es ein Wort gab, das Pressevertreter nicht wirklich meinten, wenn sie es benutzten, dann war es das Wort »angeblich«. Doch Caleb glaubte keinen einzigen der Vorwürfe gegen Mason. Mason mochte oft mit seinem Vater gestritten haben, aber er liebte ihn. Und er würde nie, nie in seinem ganzen Leben Jenny etwas antun. Mason sagte, er könne sich zwischen einer Party mit ein paar Freunden am Abend vor dem Mord und dem Moment, als er zwei Tage später im Krankenhaus aufwachte, an nichts erinnern. Seine Freunde sagten zu seinen Gunsten aus und erklärten, er habe nicht viel getrunken, sie jedoch schon, womit sie zugeben mussten, dass ihre eigenen Erinnerungen an jenen Abend nicht besonders klar waren. Caleb glaubte, dass irgendjemand seinen Bruder reingelegt hatte, aber wer – und warum?
    Zuerst hatte Caleb erwogen, Detective Harriman anzurufen und ihn darauf hinzuweisen. Doch er hatte der Polizei im Grunde keine Ideen anzubieten und konnte die Beweise nicht überzeugend entkräften. DNA-Beweise. Eine aus dem Büro seines Vaters stammende Flasche Scotch. Eine Trophäe, die sein Vater bei einem Design-Wettbewerb gewonnen hatte – die Mordwaffe.
    Caleb und seine Mutter hatten mittlerweile eine Menge anderer Sorgen. Die anfängliche Erleichterung darüber, dass Mason gefunden worden war, die Furcht um sein Leben in den ersten heiklen Stunden danach, die zunehmende Angst um Jenny, der Schock über Masons Festnahme – all das verschärfte ihre Trauer über den Tod seines Vaters noch. Die vielen Dinge, die sie nach dem Tod seines Vaters erledigen mussten, beschäftigten sie überdies.
    Die Firma seines Vaters war mit einem Schlag wertlos geworden, da sie vollständig von dessen Können abhing. Zum Glück bestand ausreichender Versicherungsschutz, sodass sie Schulden begleichen und die Anzahlungen auf Verträge zurückzahlen konnten, die nun nie mehr erfüllt werden würden. An Geldanlagen war nur wenig
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