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Blutsverwandte: Thriller (German Edition)

Blutsverwandte: Thriller (German Edition)

Titel: Blutsverwandte: Thriller (German Edition)
Autoren: Jan Burke
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sah, verwirrte ihn. Er machte den Kofferraum wieder zu. Da registrierte er zum ersten Mal, dass außer seinen noch andere Fußspuren in der weichen, feuchten Erde zu erkennen waren. Sie begannen neben dem Kofferraum und führten aus dem Graben hinauf zu der Schotterstraße. Dort sah er eine Zigarettenkippe liegen. Er fasste sie nicht an.
    Er ging zurück und musterte die Socken des jungen Mannes. Sie waren sauber, sogar an den Sohlen.
    Er schüttelte sich. Schließlich war er kein Ermittler. Das war nicht seine Aufgabe. Und wenn die Ermittler kamen, würden sie sauer reagieren, wenn er anfinge, sich in Theorien zu ergehen. Diese Lektion hatte er bereits auf unsanfte Weise gelernt. »Deshalb bist du ja hier oben in der Kälte gelandet, zurramato « , brummte er vor sich hin. Es heiterte ihn ein bisschen auf, als ihm einfiel, dass diesen Fall nicht einmal der Leiter der hiesigen Mordkommission bearbeiten würde. Das Verbrechen hatte seinen Ausgang im Zuständigkeitsbereich von Las Piernas genommen, was bedeutete, dass das LPPD die Ermittlungen übernehmen würde.
    Also verkniff Garcia es sich, Theorien zu entwickeln, und begann stattdessen erneut den Namen des Mädchens zu rufen und in den Büschen ringsum nach irgendeiner Spur von ihr Ausschau zu halten. Je mehr er über das nachdachte, was er bis jetzt gesehen hatte, desto weniger optimistisch sah er ihr Schicksal und desto lauter rief er trotz all der Ängste, die er um die Kleine hegte. In einem Ferienhaus in der Nähe riss jemand ein Fenster auf und fing an zu brüllen. »Halt verflucht noch mal das Maul, du Arschloch! Wir wollen schlafen!«
    Cabrón. Er überlegte kurz, ob er hingehen und dafür sorgen sollte, dass der blöde Idiot wirklich kein Auge mehr zutat, nur um seinen eigenen Frust abzureagieren, wurde jedoch vom Geräusch nahender Fahrzeuge und dem roten Blinklicht des Krankenwagens abgelenkt.
    Ich habe einen von ihnen gefunden, dachte er grimmig. Wenigstens habe ich einen von ihnen gefunden. Er fragte sich, ob sich irgendjemand darüber freuen würde oder ob alle – genau wie er – zu besorgt um das kleine Mädchen waren, um darin einen großartigen Sieg zu sehen.
    Noch drei Monate und siebzehn Tage.

6. KAPITEL
     
    VIERZEHN MONATE SPäTER DIENSTAG, 16. JULI, 15:20 UHR LAS PIERNAS
     
    Caleb hatte gelernt, sich nicht mehr zu fragen, ob es noch schlimmer kommen könnte. Es konnte schlimmer kommen. Und es kam schlimmer.
    Und zwar im Handumdrehen.
    Die Geschworenen waren zu einem Urteil gekommen, hatte es geheißen, und nun drängte alles außer den Geschworenen zurück in den Gerichtssaal. Sein Bruder – Mason Delacroix Fletcher, der Angeklagte -, die Anwälte und der Richter hatten ihre Plätze eingenommen. Bald würden die Geschworenen hereinkommen, und dieser Albtraum würde in sein nächstes Stadium eintreten.
    Caleb saß zur Linken seiner Mutter in dem heißen, stickigen Gerichtssaal. Sie schwankte und ließ den Kopf an seine Schulter sinken. Er war mindestens einen Kopf größer als sie. Vor Sorge, sie könnte ohnmächtig werden, legte er ihr einen Arm um die Schultern. Sie zitterte. Er spürte, wie sie bebte, still wurde, erneut bebte, und fühlte, wie die Angst in fremden, arrhythmischen Wellen durch sie hindurchwallte. Mit der linken Hand griff er hinüber und fasste ihre Rechte, als könnte er sie irgendwie vor den aufdringlichen Blicken und den Kameras schützen. Ihre Hand war eiskalt. Sie hielt ihn so fest umklammert, dass er fürchtete, sie werde ihm die Finger brechen.
    Sie war keine schwache Frau. Elisa Delacroix Fletcher hatte all jene überrascht, die im Lauf des vergangenen Jahres jeden ihrer Schritte zu verfolgen schienen. Vielleicht begriffen sie nicht, was es für eine minderjährige Mutter bedeutete, allein ein Kind aufzuziehen, wie sie es mit Mason hatte tun müssen, bis sie Calebs Dad kennenlernte. Eine schwache Frau hätte das, was sie vor ihrem einundzwanzigsten Geburtstag mitgemacht hatte, nicht durchgestanden.
    Vielleicht hatten die Fernsehreporter erwartet, dass seine Mutter daran zerbrechen würde, ihren Mann und ihre Tochter unter so schrecklichen Umständen zu verlieren. Vielleicht hatte ihr Äußeres sie alle getäuscht, denn sie war bleich und zart, doch die ganze Familie hätte ihnen sagen können, dass man Entschlusskraft und Mut in ihr entdeckte, wenn man genauer hinsah. Leider waren jedoch nur wenige von ihrer Familie übrig geblieben. Ihre Eltern zählten nicht, sagte sich Caleb, während er Großmutter
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