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Blutsvermächtnis (German Edition)

Blutsvermächtnis (German Edition)

Titel: Blutsvermächtnis (German Edition)
Autoren: Kathy Felsing
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würgte Blut und Schmerz ihrer aufgeplatzten Haut hinunter.

Tal des Todes – Atacamawüste
    N och immer durchfluteten Elasippos die Bilder seiner vor zwölf Jahrtausenden versunkenen Heimat, sobald er die Lider schloss.
    Er sah sich auf dem Gipfel eines der gewaltigsten Bergkegel des Reiches stehen, atmete die klare Luft und blickte auf das dunstige Wolkenmeer, das nur noch die Spitze des geheiligten Berges der Hauptinsel sein wogendes Bett durchstoßen ließ. Über sich nichts als den blauen Himmel und die Sonne, die grelle Muster auf die Wolkendecke warf, fühlte er sich seinem Zwilling Mestor, ihrem ältesten Bruder und oberstem Machthaber Atlas und seinen weiteren sieben Geschwistern nahe, spürte die Stärke ihres Vaters Poseidon und die Gegenwärtigkeit aller Götter. Die Erinnerungen flogen an ihm vorüber. Wie er am Strand saß, das Brechen der Wellen an den zerklüfteten rot-weiß-schwarzen Klippen beobachtete, der tosenden Brandung lauschte, die mit ihrem niemals endenden Rauschen und Brausen in sein Innerstes zu fließen schien und ihn zu besänftigten oder aufzupeitschen vermochte.
    Elasippos schmeckte den Lebenssaft der kräftigen Stiere, die das Volk ihren Königen zur Ehre opferte, labte sich an der fröhlichen Ausgelassenheit der Alten, Frauen und Kinder, wenn die Armada in den Hafen einlief und sein Flaggschiff die drei konzentrisch angeordneten, ringförmigen Kanäle um die Hauptstadt entlangsegelte.
    Und dann packte ihn wieder diese unbesiegbare Qual, die ihn seines höchsten Glückes jäh beraubt hatte.
    Er sah sich von einem Eroberungszug heimkehren und auf dem Rücken eines Elefanten durch das Stadttor reiten. Wie Isi neben seiner Mutter Kleito im Schatten des marmornen Streitwagens an der Längsseite des Tempels stand.
    Ihr schneeweißes Gewand, geziert mit einer unüberschaubaren Zahl an Kügelchen aus Oreichalkos 1 , Gold und Silber. Das feurige Schimmern, der überirdische Glanz, als sie in die Flut des Sonnenlichts trat und ihm ein Bündel mit ausgestreckten Armen in die Höhe streckte.
    Das Baby. Sein Sohn Mestor.
    Er hatte der gesamten Marine befohlen, hinauszusegeln und Leuchtfeuer zu entfachen. Mehr als 1.200 Ruderschiffe. Abertausende Fackeln, die den Nachthimmel in grellrote Glut verwandelten. Abertausende Stimmen, die mit engelsgleichem Gesang den Ozean zum Schweigen zwangen.
    Mit Isi und dem Säugling war er auf sein Boot zurückgekehrt, hatte Segel setzen und sich von der Mannschaft an den Horizont rudern lassen, um die Lichter der Provinz und den Bogen aus Feuer zu bewundern. Um unter dem Sternenzelt die Geburt seines Stammhalters zu feiern. Um mit den Göttern seine grenzenlose Freude zu teilen.
    Kein Funke davon war ihm geblieben. Ein einziger Tag und eine einzige Nacht hatten das Reich zerstört, brachten den Zorn der Väter über seine Heimat, zertrümmerten den Kontinent mit Feuerbällen aus dem Himmel, welche die Erde beben und bersten ließen; überrollten mit Wellen, die nahezu bis an die Wolken reichten, die Siedlungen und hinterließen Zerstörung und Tod. Nicht einmal das war übrig.
    Er hatte aus der Ferne die Inseln im Meer versinken sehen und der Strudel trachtete unaufhörlich danach, das Schiff in seinen tödlichen Sog zu ziehen. Die zweihundert Männer an Bord waren stark. Sie ruderten, bis ihre Kräfte erlahmten und als eine Flutwelle den Kiel packte, ihn auf seinem Kamm dahintrug und schließlich mit Urgewalt vernichtete, versanken sie mit den Trümmern, zu ermattet, den Kampf um ihr Dasein zu gewinnen.
    Das Baby fest an sich gepresst, hatte er Isis Hand gehalten, doch die Gewalten entrissen sie ihm wie den animalischen Schrei seiner wunden Kehle. Dann war nichts mehr wichtig gewesen außer dem winzigen Lebewesen. Elasippos wusste nicht, wie viel Zeit dahinstrich, wie lange er auf den Wogen trieb, den Jungen mit seinem Blut zu nähren versuchte. Irgendwann hatte er Sand zwischen den Zehen gespürt und die verklebten Augen mühselig von Salzkrusten befreit. Bis er sie öffnen konnte, vergingen weitere Tage. Aber sein Sohn atmete und rührte sich leicht an seiner Brust. Sein Herzchen flatterte wie Flügelschläge eines Schmetterlings an seiner Haut.
    Er nahm die Wanderung auf in das unbekannte Land, das urwüchsig und brach vor ihm lag. Niemals traf er seinesgleichen, kein menschliches Wesen zeigte sich seinem Antlitz, weder Städte noch Dörfer erhoben sich am Horizont. Hitze und Trockenperioden wechselten mit Regen, Eis und Schnee, bis mächtige Bergmassive
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