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Blutsvermächtnis (German Edition)

Blutsvermächtnis (German Edition)

Titel: Blutsvermächtnis (German Edition)
Autoren: Kathy Felsing
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Beschuldigungen vorbrachte, konnte man sie schlecht festhalten. Oder hatte es doch einen Unfall gegeben?
    Der Fahrer des offenen Wagens kletterte auf die Rückbank. Varela quetschte sich auf den Beifahrersitz und verfrachtete seine langen Beine auf die Fahrerseite, während er Nevaeh unerbittlich am Handgelenk mit sich zog, bis er auf dem Fahrersitz saß und sie daneben. Umständlicher hatte er das nicht bewerkstelligen können. Sie biss sich auf die Unterlippe, inständig bemüht, Angst und Verunsicherung keinen größeren Raum zu gewähren. Der Coronel fuhr an, wie er sich bewegte: ruckartig und so heftig, dass der Schwung sie gegen die Rückenlehne presste. Das Anlegen des Sicherheitsgurtes bereitete Schwierigkeiten, die schnelle Fahrt durch das unwegsame Gelände warf sie im Sitz hin und her. Sie holperten auf den geschotterten Weg zu, der Richtung San Pedro de Atacama führte. Ein Lastwagen kam ihnen entgegen, der Dieselmotor knatterte lautstark. Der Truck musste auf dem Weg ins Camp sein.
    Nevaehs Gedanken rasten auf der Suche nach einer Erklärung. Sie besaßen alle erforderlichen Genehmigungen und sogar die Erlaubnis, die Babymumie – sofern sie diese fanden – außer Landes zu überführen, solange man sie nach Abschluss der Untersuchungen, spätestens nach fünf Jahren an die chilenische Regierung zurückgab. Die Strafe, die ihr Arbeitgeber bei Nichteinhaltung der Vereinbarung zu zahlen hätte, war so hoch, dass man garantiert etliche Monate früher die Rückführung veranlasste, allein, um nicht Gefahr zu laufen, den Termin zu überschreiten.
    Oh Gott. Diesmal drängten sich die grausigen Bilder in den Vordergrund ihres Denkens. Die Vorstellung, dass Dad und seine Begleiter mit verrenkten Gliedern hilflos in dem Tunnel verschüttet lagen, ließ sich nicht abschütteln.
    Wie unabsichtlich tastete sie mit Blicken den Horizont ab, obwohl sie nur vage ahnte, in welcher Himmelsrichtung sich eine Spur abzeichnen mochte, die den Jeep mit ihren Teamkollegen ankündigte. Dad hatte um die genaue Position der Grabungsstätte ein ebensolches Geheimnis veranstaltet wie darum, woher die Information stammte, dass sich ein zwölf Jahrtausende altes mumifiziertes Baby in der gesuchten Grabkammer befände. Angeblich war es ihm untersagt, seine Quelle zu nennen. Nevaeh hatte mehrfach Skepsis geäußert, ihm jedoch letztlich seinen Spleen gelassen, denn sie war sicher, dass Dad niemals Hirngespinsten nachjagte und das Institut nicht auf blauenDunst hinaus eine solche Expedition finanzierte. Außerdem war sie zu versessen darauf, dass er recht hatte, hoffte, dass Erfolg ihr Unternehmen krönte, um jahrelange Studien an der Mumie vorzunehmen. Sie würde überwältigende Erkenntnisse gewinnen, sich in ihrer Lieblingsbeschäftigung vergraben, die Erfolgsleiter weiter hinaufklettern, Dads Ruf zur Ehre gereichen; bis sie sich eines Tages in eine Einöde würde zurückziehen können, um vielleicht ein Buch über ihre Arbeit zu schreiben.
    Um keine Gefahr mehr darzustellen!
    Die Schublade in ihrem Kopf drohte, sich gewaltsam zu öffnen.
    Brandgeruch stieg ihr in die Nase und als sie um eine Kurve bogen, erfasste sie im Vorbeirasen einen ausgebrannten Lieferwagen, um den sich Soldaten mit Maschinenpistolen postiert hatten. Unförmige Körper zeichneten sich unter fünf schmutzig weißgrauen Tüchern am Straßenrand ab. Ein Stoßgebet zum Himmel sendend realisierte sie, dass es nicht ihr Vater und seine Begleiter gewesen sein konnten. Sie waren nur zu dritt.
    Nevaeh zuckte zusammen, als der Coronel ihr eine Wasserflasche vor die Brust schlug. Sie griff zu. Trotz ihres Durstes nahm sie nur widerwillig einen Schluck, der warm und schal ihre ausgetrocknete Kehle hinabrann. Hoffentlich brüteten nicht Milliarden Bakterien in der Brühe. Als die Fahrt endlich etwas ruhiger verlief, startete sie einen erneuten Versuch.
    „Coronel Varela, ich bitte Sie. Sagen Sie mir, was hier abläuft und warum Sie uns aus dem Camp …“ Sie verbiss sich ‚verschleppen‘, doch er schnitt ihr ohnehin das Wort ab und brachte sie mit einem scharf geschnalzten Laut zum Schweigen. Es war sinnlos. Sie drehte sich zu den beiden anderen Fahrzeugen um. Wie ein Peitschenhieb durchfuhr sie die Erkenntnis, dass nicht einmal eine Staubwolke davon zeugte, dass die Militärjeeps irgendwo zurücklagen und weiterhin dasselbe Ziel verfolgten.
    „Hören Sie, ich fordere …“
    Ein harter Schlag traf sie auf die Unterlippe. Nevaeh riss die Hände vor das Gesicht und
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