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Blutstrafe - Thriller

Blutstrafe - Thriller

Titel: Blutstrafe - Thriller
Autoren: PeP eBooks
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genannt D-Ray, mit richtigem Namen hieß er Kenneth Robinson –, der in einem dreifachen Drogenmord als Hauptverdächtiger galt. Das heißt, eigentlich war er der einzige Verdächtige. Als ihm die Polizei einige Stunden zuvor auf die Schliche gekommen war, hatte er sich in einem Haus in Harlem verschanzt, das mittlerweile von der Polizei umstellt war, und drohte, fünf Mitglieder seiner eigenen Familie umzubringen.
    » Das Geld kommt, D-Ray«, antwortete ich mit sanfter Stimme ins Mikrofon. » Ich habe dir doch schon gesagt, dass ich Wells Fargo veranlasst habe, einen Geldtransporter von Brooklyn herzuschicken. 100 000 Dollar in nicht gekennzeichneten Zwanzigern auf dem Beifahrersitz.«
    » Das sagst du schon die ganze Zeit, aber ich sehe keinen Geldtransporter!«
    » Es ist nicht so einfach, wie es sich anhört«, log ich. » Der Geldtransporter muss sich an die Banköffnungszeiten halten. Man kann ihn nicht einfach wie ein Taxi rufen. So viel Geld trägt keiner mit sich herum – diese Menge zusammenzubekommen ist sehr umständlich. Und der Transporter muss sich wie jedes andere Auto auch durch die überfüllten Straßen quälen.«
    Geiselnahmen erfordern eine besondere Ruhe, die ich besonders gut vortäuschen kann. Wären nicht ein Dutzend uniformierte Polizisten der Spezialeinheit und der Manhattan North Task Force anwesend, könnte man denken, ich wäre Priester und nähme jemandem die Beichte ab.
    In Wirklichkeit stand der Wagen von Wells Fargo bereits seit zwei Stunden draußen um die Ecke. Ich kämpfte mit allem, was ich hatte, damit D-Ray ihn nicht zu Gesicht bekam. Wenn der Wagen dieses letzte Stück bis vors Haus fuhr, hieß das, ich hatte versagt.
    » Treibst du Spielchen mit mir, Bulle?«, bellte D-Ray. » Niemand treibt Spielchen mit mir. Meinst du, ich weiß nicht, dass ich sowieso schon lebenslänglich kriege? Was hätte ich zu verlieren, wenn ich noch jemanden töte?«
    » Ich weiß, dass du es ernst meinst, D-Ray«, beruhigte ich ihn. » Ich ebenfalls – ich will nichts riskieren. Das Geld ist auf dem Weg. Brauchst du in der Zwischenzeit noch etwas? Noch mal eine Runde Pizza, Limo, irgendwas in der Art? Es muss doch heiß sein da drin. Wie wär’s mit Eis für deine Nichte und deinen Neffen?«
    » Eis?«, schrie er mit einer Wut, die mich zusammenzucken ließ. » Du erledigst besser deine Arbeit, Bennett! Wenn ich in fünf Minuten keinen Geldtransporter sehe, wirst du erleben, wie eine Leiche über die Veranda kullert.«
    Die Leitung war tot. Ich wischte mir den Schweiß aus dem Gesicht, streifte den Kopfhörer ab und trat ans Fenster des Busses. Er stand mit Blick auf D-Rays braunes Haus auf der 131st Street in der Nähe des Frederick Douglass Boulevard. Ich hob mein Fernglas und betrachtete das Küchenfenster, musste schlucken, als ich sah, dass unter einem Antirassismus-Magnet am Kühlschrank eine Kinderzeichnung und ein Bild von Maya Angelou klemmten. Seine Nichte und sein Neffe waren sechs und acht Jahre alt. Ich hatte Kinder im selben Alter.
    Zuerst hatte ich gehofft, die Situation würde sich entspannen, weil seine Geiseln sein eigen Fleisch und Blut waren. Viele Verbrecher bluffen auf diese verzweifelte Weise und geben auf, bevor sie jemandem, der ihnen nahesteht, besonders kleinen Kindern, wehtun. D-Rays 83-jährige Großmutter, Miss Carol, befand sich auch im Haus. Sie war eine Institution in diesem Viertel, eine einflussreiche, angesehene Frau, die das Freizeitzentrum und den Gemeindegarten leitete. Wenn er auf jemanden hörte, dann auf Miss Carol.
    Doch er hatte nicht auf sie gehört, was ein schlechtes Zeichen war. D-Ray hatte bereits seine Bereitschaft zu morden unter Beweis gestellt. Hinzu kam, dass seine Wut und sein Kontrollverlust im Verlauf der Geiselnahme zugenommen hatten. Ich war sicher, dass er sich mit Crack oder Meth oder was auch immer aufputschte. Er klammerte sich an seinen Fluchtplan. Den Plan zu einer Flucht, bei der er auch über Leichen gehen würde.
    Ich hatte ihm beim Schmieden dieses Plans geholfen, und ich hatte mir alle mir bekannten Tricks zu Nutze gemacht, damit wir die Geiseln lebend herausholen konnten. Ich hatte versucht, eine Bindung zu ihm aufzubauen, mit ihm wie mit einem Freund zu reden, hatte ihm sogar meinen Namen genannt, doch beide Tricks funktionierten nicht.
    Uns lief die Zeit davon.
    Ich ließ das Fernglas sinken und schaute auf den Bereich vor dem Bus. Hinter den Absperrungen und den blinkenden Lichtern der Polizeifahrzeuge standen mehrere
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