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Blutspuk in Venedig

Blutspuk in Venedig

Titel: Blutspuk in Venedig
Autoren: Jason Dark
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Brandmale leuchteten sie.
    Rot und grell.
    Sie verschwanden wieder.
    Seine Furcht aber blieb.
    Sie war konkret geworden. Es war einzig und allein die Furcht vor der Halle am Ende der Treppe, obwohl dort keiner auf ihn wartete, der ihm ans Leben wollte.
    Und doch hatte sich etwas verändert.
    Seine Augen bewegten sich, sein Blick war unruhig geworden. Auf der Stirn schimmerten Schweißperlen, und er brauchte einige Sekunden, um festzustellen, was sich da unten verändert hatte.
    Es war Zeit vergangen, in der er fotografiert hatte. Bei dieser Arbeit war die Zeit bedeutungslos geworden. Nun aber kehrte sie sichtbar zurück, und er konnte genau sehen, was sich in der Halle verändert hatte. Durch die Fenster waren die Schatten gekrochen und hatten sich wie hauchdünne Teppiche auf dem Marmorboden verteilt. Sie sahen staubig aus, sie wirkten bleich trotz der grauen Farbe. Sie waren einfach normal, denn jeden Tag würde das gleiche geschehen.
    Dennoch kam es ihm hier anders vor.
    Er ging weiter.
    Unten lag die Halle.
    Der Boden schimmerte nicht mehr blank, sondern düster. Er war für Sid Arnos zu einem See geworden, unter dessen Oberfläche das Verderben lauerte.
    Schritt für Schritt bewegte er sich weiter. Er hörte unter seinen Füßen das leise Schaben, wenn er die blanken Stufen berührte, doch das machte ihm nichts mehr aus. Es gehörte einfach dazu. Es war nicht fremd, obwohl es ihm so vorkam.
    Ich muß mich von diesem verdammten Druck befreien, verflucht noch mal! Sid gab sich einen Ruck.
    Er ging jetzt schneller. Die Stufen kamen ihm weich vor, als wären sie dabei, sich aufzulösen. Die letzten lagen bereits im Schatten, so hatte er den Eindruck, ins Leere zu treten.
    Schließlich stand er in der Halle und mußte feststellen, daß nichts passiert war.
    Er war allein.
    Tatsächlich allein?
    Mit der Hand wischte er durch sein Gesicht. Als er auf die Fläche schaute, war sie naß. Angstschweiß… Nur gab es keinen Grund! Oder doch?
    In seinem Innern wechselten sich die Fragen ab. Er wollte sich beruhigen, aber sofort war seine Psyche dabei, dies in Frage zu stellen.
    Sie hielt immer ein Gegenargument bereit, und das war es, was ihn mürbe machte. Dieses verdammte zweite Ich oder was immer es sein mochte.
    Die Halle kam ihm unheimlich vor. Sie schien in der letzten Zeit gewachsen zu sein. Die Entfernung zur Tür kam ihm viel länger vor als noch bei seinem Eintritt. Alles hatte sich verändert. Die Perspektiven waren völlig fremd für ihn geworden, und die beiden Säulen sah er an wie mächtige Beine eines vorsintflutlichen Ungeheuers.
    Der Mund war noch immer trocken. In den Knien spürte er das Zittern.
    Die Luft war feucht und schleimig. Sie klebte in seinem Gesicht, und der Geruch nach Farbe hatte zugenommen.
    Er ging zur Tür.
    Links an der Säule mußte er vorbei.
    Die ersten Schritte legte er normal zurück, dann hatte er die Säule erreicht und blieb stehen. Er wunderte sich selbst darüber, weshalb er nicht weiterging, aber irgendwie hatte er das Gefühl, an einer Grenze zu stehen. Er hatte etwas erreicht, das es gab, das aber nicht zu sehen war.
    Eine unsichtbare Linie.
    Das Limit!
    Für ihn? Nur für ihn allein? Lauerte diese Kraft, diese Macht hier in der Halle?
    Sid Arnos schaffte es, sich auf die Stille zu konzentrieren. Er lauschte in sie hinein. Sie war da, aber sie lebte.
    Der Vergleich schoß plötzlich durch seinen Kopf. Sie lebte, das wußte er und dachte gleichzeitig darüber nach, ob es überhaupt eine lebende Stille gab. Eigentlich nicht. Das war alles Unsinn. Eine Stille war still, wie schon das Wort sagte. Aber warum kam sie ihm anders vor?
    Er fand keinen Grund, ging und kam aber nur einen Schritt weit.
    Da spürte er den Hauch!
    Er war kalt, er war eisig, als wäre irgendwo eine Luke geöffnet worden, um die eisige Luft in die Halle zu lassen. Er konnte diesen Hauch nicht begreifen, die Fenster waren zu, die Tür ebenfalls, und trotzdem hatte er ihn erwischt.
    Sid drehte seinen Kopf nach links.
    Er schaute die Säule an.
    Neben ihr bewegte sich etwas.
    Ein Schatten.
    Und dann sah er die Maske!
    ***
    Der Mann aus London war nicht in der Lage, sich zu bewegen, auch wenn er es gewollt hätte. Dieser Anblick hatte ihn geschockt, er war wie ein Volltreffer gewesen, denn für das Auftauchen der Maske gab es keine logische Erklärung.
    Sie schwebte etwa in Kopfhöhe über dem Boden und hatte ihren Weg um die Säule herum beendet. Arnos versuchte, sich das Aussehen der Maske einzuprägen. Er
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