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Blutrot wie die Wahrheit

Blutrot wie die Wahrheit

Titel: Blutrot wie die Wahrheit
Autoren: P.B. RYAN
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vielsagenden Blick zu, die ihm vergnügt zuzwinkerte und ihn mit der Schulter anstubste.
    Peter sah kurz etwas irritiert zu Nell hinüber und griff dann rasch nach der Teetasse. Seine Ohren glühten.
    Im Vorbeigehen schnappte Dennis sich die Zeitung und reichte sie Mary Agnes, als sie sich nebeneinander an das andere Ende des Tisches setzten. „Hier, von der hab ich dir vorhin erzählt“, sagte er und zeigte auf das Bild von Virginia Kimball, spießte dabei mit dem Messer eine Scheibe Schinken auf und schob sie sich in den Mund.
    â€žWie meinten Sie das eben, als Sie sagten, niemand wolle auf ihrem Begräbnis gesehen werden?“, fragte Nell.
    Dennis lachte in sich hinein und noch während er mit offenem Mund kaute, sagte er: „Sagen wir mal so: Ich hab da ein paar Sachen gehört, die eine so sittsame kleine Miss wie Sie geradewegs in Ohnmacht fallen lassen würden.“
    â€žAlles nur Gerüchte“, befand Peter.
    Dennis verdrehte die Augen. „Sie war eine Schauspielerin, Pete. Du weißt ebenso gut wie ich, was das heißt. Hure bleibt Hure, und wenn sie sich noch so viele Diamanten …“
    â€žPass auf, was du hier vor der Dame sagst“, warnte ihn Peter.
    â€žWenn die Dame die Antwort nicht verträgt, sollte sie besser gar nicht erst fragen“, entgegnete Dennis.
    â€žSie könnten zumindest darauf Rücksicht nehmen, was Sie vor Gracie sagen“, wies Nell ihn zurecht.
    â€žUnd was ist mit mir?“, beschwerte sich Mary Agnes, den Mund voller Hühnerklein. Ziemlich beleidigt sah sie aus, als niemand es für nötig befand, darauf etwas zu erwidern.
    Finster schaute Dennis auf Gracie, die noch immer eifrig in ihrem Porridge rührte, ihnen den Rücken zuwandte und glücklicherweise viel zu beschäftigt war, um von dem Gespräch etwas mitzubekommen. „Also, wenn ihr mich fragt“, meinte er, „dann hat dieser kleine Fehltritt hier im Haus gar nichts zu suchen, ebenso wenig wie …“
    â€žDenny!“ Peter sah sich besorgt um. „Was glaubst du eigentlich …?“
    Nell beugte sich zu Dennis vor und konnte ihre Stimme vor Wut nur mühsam beherrschen. „Wenn Mrs. Hewitt erfahren sollte, wie Sie dieses Kind soeben genannt haben, würde sie Sie auf der Stelle entlassen – und zwar ohne Referenz.“ Als Viola Gracie gleich nach deren Geburt vor fünf Jahren adoptiert hatte, hatte sie dem Hauspersonal gegenüber deutlich gemacht, sie wünsche von allen, dass sie das Kind fortan ebenso behandelten wie ihre leiblichen Kinder. Jeder, der auch nur andeutete, dass sie das uneheliche Kind eines einstigen Zimmermädchens war, würde fristlos entlassen.
    â€žWoll’n Sie ihn jetzt vielleicht verpetzen?“, fragte Mary Agnes spöttisch.
    â€žNee, das mach ich schon“, murmelte Peter. „Wenn er so was noch einmal sagt, werde ich es tun. Oh ja, das werde ich“, bekräftigte er. „Langsam treibst du es wirklich zu weit, Denny.“
    â€žUnd du glaub bloß nicht, du könntest die da …“, Dennis deutete verächtlich mit dem Kopf auf Nell, „… mit deinem Gerede beeindrucken. Die hat’s doch längst schon auf wen anders abgesehen. Dabei kommen wir alle aus demselben irischen Sumpf, aber das vergisst sie halt gern mal, die feine Miss Sweeney.“
    Die feine Miss Sweeney. Hochnäsig. Eingebildet. Zimperlich. Kleine Aufsteigerin. Das hatte Nell alles schon viel zu oft gehört – und noch ganz anderes dazu.
    Gouvernante zu sein, und damit weder eine Bedienstete noch eine Dame von Stand, sondern eine jener unabhängigen, für ihren eigenen Lebensunterhalt arbeitenden Frauen zu sein, die meist noch immer als eine exotische Spezies betrachtet wurden, war an sich schon kompliziert genug, da man nie wirklich dazugehörte, weder zur Familie, noch zum Personal. Aber eine Gouvernante mit so bescheidenem Hintergrund zu sein, wo doch die meisten Gouvernanten selbst den besseren Kreisen entstammten, war nicht nur ungewöhnlich, sondern stieß oft auch auf ungewöhnlich heftige Ablehnung. Die anderen Bediensteten, zumindest die meisten, lehnten sie schon allein aufgrund der besonderen Behandlung ab, die sie genoss und die sie sich ihrer Meinung nach unrechtmäßig erschlichen hatte. Und was die Familie und deren Freunde anging … nun, da gab es durchaus erfreuliche Ausnahmen wie Viola und Will, aber die meisten
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