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Blutmusik

Blutmusik

Titel: Blutmusik
Autoren: Greg Bear
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Chromosomen
herum. Mit Kombinationen und Rekombinationen von Säugetiergenen;
und wie ich sehe, vermischen Sie sie mit Genen von Bakterien und
Viren.« Der Glanz verlor sich aus seinen Augen. Sie wurden hart
und felsgrau. »Mit diesen Dingen, Vergil, könnten Sie
erreichen, daß Genetron auf der Stelle dichtmachen muß,
ist Ihnen das klar? Wir haben für derlei Dinge keine
Sicherheitsvorkehrungen. Und Sie arbeiten nicht einmal unter
vorschriftsmäßigen Bedingungen.«
    »Ich arbeite nicht mit reproduktiven Genen.«
    »Gibt es andere?« Harrison richtete sich plötzlich
auf, zornig, daß Vergil offenbar glaubte, ihm etwas vormachen
zu können.
    »Intronen. Ketten, die sich nicht nach der Protein-Struktur
verschlüsseln.«
    »Was soll damit sein?«
    »Ich arbeite nur auf diesem Gebiet. Und mit der
Hinzufügung weiteren nichtreproduktiven genetischen
Materials.«
    »Das hört sich sehr widersprüchlich an, Vergil. Es
gibt keinerlei Beweise, daß Intronen sich nicht genetisch
für etwas verschlüsseln lassen.«
    »Ja, aber…«
    »Aber…« Harrison hob abwehrend die Hand. »Das
alles ist ganz irrelevant. Was immer Sie noch vorhaben, die Tatsache
bleibt, daß Sie bereit waren, gegen Ihre Vertragsbedingungen zu
verstoßen, uns zu hintergehen, indem Sie sich direkt an Bernard
wandten, und versuchten, sich für Ihre persönlichen Ziele
seiner Unterstützung zu versichern. Richtig?«
    Vergil sagte nichts.
    »Ich halte Sie nicht für einen weltklugen Mann, Vergil.
Nicht in den Dingen der Geschäftswelt. Vielleicht haben Sie die
Implikationen nicht erkannt.«
    Vergil schluckte mühsam. Sein Gesicht war noch immer
feuerrot. Er fühlte das Blut in den Schläfen pochen,
benommen vom streßerzeugten Schwindelgefühl. Er nieste
zweimal.
    »Nun, ich werde Ihnen die Implikationen erklären. Sie
sind nahe daran, eingemacht und als Hundefutter verkauft zu
werden.«
    Vergil hob nachdenklich die Brauen.
    »Sie sind wichtig für das MAB-Projekt. Wäre dies
nicht der Fall, würden Sie im Nu auf der Straße sitzen,
und ich würde persönlich dafür sorgen, daß Sie
nie wieder in einem Labor der Privatindustrie arbeiten. Aber Thornton
und Rothwild und die anderen glauben, wir könnten Sie
zurückgewinnen und vor sich selbst retten. Ich habe mit Yng noch
nicht darüber gesprochen. Aber die Sache wird keine Weiterungen
haben – wenn Sie sich korrekt verhalten.«
    Er durchbohrte Vergil mit einem Blick, der unter gesenkten Brauen
hervorschoß. »Sie stellen Ihre
außerplanmäßigen Aktivitäten ein. Wir werden
Ihre Aufzeichnungen dabehalten, aber ich wünsche, daß alle
nicht mit dem MAB-Projekt verbundenen Experimente sofort beendet und
alle Organismen, die in irgendeiner Weise verändert worden sind,
zerstört werden. Ich werde Ihr Labor in zwei Stunden
persönlich inspizieren. Wenn bis dahin nicht geschehen ist, was
ich von Ihnen verlange, sind Sie fristlos entlassen. Zwei Stunden,
Vergil! Keine Ausnahmen, keine Auslegungen!«
    »Ja, Sir.«
    »Das ist alles.«

 
2
     
    Vergils Entlassung hätte seine Arbeitskollegen nicht
allzusehr bekümmert. In den drei Jahren, die er bei Genetron
arbeitete, hatte er sich ungezählter Verstöße gegen
die Laboratoriumsordnung schuldig gemacht. Reagenzgläser und
Schalen wusch er nur selten, und zweimal hatte man ihn dabei ertappt,
daß er verschüttetes Äthidiumbromid, ein starkes
Mutagen, nicht vom Arbeitstisch aufgewischt hatte. Auch im Umgang mit
Radionukleiden zeigte er sich ziemlich unbekümmert.
    Die meisten Leute, mit denen er arbeitete, waren nicht eben Muster
von Bescheidenheit. Schließlich waren sie junge
Wissenschaftler, hervorragende Forschungskräfte auf einem
vielversprechenden Gebiet – viele rechneten fest damit,
daß sie in ein paar Jahren reich und im Besitz ihrer eigenen
Firmen sein würden. Vergil paßte nicht in ihre
Verhaltensmuster. Er arbeitete tagsüber still und intensiv und
abends machte er Überstunden. Er war ungesellig, wenn man ihm
auch nicht nachsagen konnte, daß er unfreundlich war; die
meisten Leute ignorierte er einfach.
    Er teilte ein Labor mit Hazel Overton, einer gewissenhaften und
vorbildlichen Wissenschaftlerin, wie man sich keine bessere
wünschen konnte. Hazel würde ihn am allerwenigsten
vermissen. Vielleicht war sie es gewesen, die seine Unterlagen
ausgeforscht hatte – sie war keine Anfängerin im Umgang mit
dem Computer, und es war ihr zuzutrauen, daß sie nach etwas
Ausschau hielt, was geeignet wäre, ihn in Schwierigkeiten zu
bringen. Aber er hatte
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