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Blutköder

Blutköder

Titel: Blutköder
Autoren: Nevada Barr
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zur Selbstverteidigung angeschafft zu haben. Anna vermutete, dass er Geoffrey damit hatte drohen wollen: »Tu, was ich dir sage, oder ich knalle den Bären ab.« Bevor Geoffrey Balthazar nicht für ihn zurück in den Anhänger lockte, hatte McCaskil nämlich nichts in der Hand.
    Ob er Geoffrey getötet hätte, nachdem er sich wieder beruhigt hatte, würde Anna nie erfahren. Sie ging nicht davon aus. Ohne Balthazar stellte Geoffrey keine Bedrohung für ihn dar.
    Allerdings war sie, was den wichtigsten Aspekt dieses Falls anging, gescheitert: Sie hatte den wundervollen Bären nicht gerettet.
    Zurück in Mississippi, betete Anna zu sämtlichen Göttern, die bekanntermaßen eine Schwäche für Tiere haben, und kam sich deshalb albern und wie eine Heuchlerin vor. Sie war mürrisch zu ihren Rangern, ging ihrem Freund aus dem Weg und kannte keine Gnade mit Rasern.
    An ihrem vierten Tag wieder zu Hause brachte Federal Express ein Päckchen von Joan. Anna hatte zu den falschen Göttern gebetet, denn die Hilfe war in Form des früheren Leiters des Glacier gekommen, der nun im Yosemite-Nationalpark tätig war. Da die Welt der Nationalparks überschaubar war, war dieser wiederum mit dem Leiter von Canyonlands befreundet. Am Rand des Nationalparks, unweit von Moab, Utah, lebte ein Mann, der die meisten großen und gefährlichen Tiere für Hollywood-Produktionen trainierte. Er war bereit, Balthazar zu übernehmen. Das war die gute Nachricht. Die noch bessere Nachricht lautete, dass er außerdem Geoffrey Micou eine Lehrstelle anbot.
    »Halleluja!«, rief Anna aus.
    Das Päckchen war im Stützpunkt in Port Gibson abgegeben worden, wo Anna ihr Büro hatte. Da sie es nicht erwarten konnte, riss sie es schon im Vorzimmer auf und las den beiliegenden Brief. Randy Thigpen, einer ihrer Ranger, dem es gar nicht gefiel, eine Frau und überdies eine Nordstaatlerin als Vorgesetzte zu haben, saß an seinem Schreibtisch. »Was ist denn für Sie gekommen?«, fragte er.
    »Für den Bären wird alles gut«, erwiderte sie. Da Randy die Geschichte kannte, brauchte Anna sie nicht weiter auszuführen.
    »Ist ja spitze«, sagte er.
    Anna ließ sich die gute Laune nicht verderben. »Außerdem habe ich ein Geschenk gekriegt.« Ein kleines, in Goldfolie gewickeltes Päckchen mit der Aufschrift »Ein Reisesouvenir. Liebe Grüße, Joan« steckte unten in dem Pappkuvert. Neugierig wie ein Kind, riss Anna es auf. Darin befand sich ein Glasröhrchen, gefüllt mit brauner Flüssigkeit und einer moosähnlichen Masse. Der Name »Balthazar« und das Datum waren auf dem seitlich befestigten Aufkleber vermerkt.
    »Was ist das?«, erkundigte sich Thigpen.
    »Scheiße«, antwortete Anna überglücklich.
    »Sie müssen ja mächtig beliebt sein«, brummte Thigpen.
    Joan hatte ihr eine Kotprobe geschickt. Nun, wozu hatte man schließlich Freunde?
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