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Blutige Tränen (German Edition)

Blutige Tränen (German Edition)

Titel: Blutige Tränen (German Edition)
Autoren: Simon Rhys Beck
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Doch hier war ich unterlegen, und das war einfach beschämend.
    In meinem Kopf entstanden die wildesten Ideen – ich musste Lance besiegen. Ich wollte ihn besiegen! Doch wie?
     

4
    Überrascht hatte Alex am nächsten Tag festgestellt, dass seine Haare nicht wieder auf ihre ursprüngliche Länge gewachsen waren: Sie waren noch immer so kurz, wie er sie am Abend des Vortages getragen hatte. Nun, hier schien einiges anders zu sein. War er vielleicht wieder ein Mensch? – Nein, sein Blutdurst war mittlerweile immens und auch die Wunden, die Lance ihm beigebracht hatte, waren sehr schnell geheilt. Viel zu schnell für einen Menschen.
    Alex beobachtete den Herrscher mit einer Mischung aus kühlem Interesse und mühsamer Beherrschung. Er hatte schon lange nicht mehr solche Erniedrigungen ertragen müssen, und er fragte sich, wofür? Was hatte er getan, dass er hier gelandet war? – Wäre Lance der Teufel gewesen, und er, Alex, hätte nun für seine Sünden büßen müssen, dann wäre alles klar gewesen. Doch von dem Vampir wurde nicht erwartet, dass er auf einmal gläubig wurde, Lance war nicht gekommen, ihn zu bekehren. Es schien purer Zufall zu sein, dass er auf diese verdammte Steinplatte gestoßen war. Alex verfluchte seine Neugier!
    Als Lance ihm das breite, lederne Halsband umlegte, zitterte er vor Zorn.
    Prüfend zupfte Lance an der feingliedrigen Eisenkette. Dann zog er ihn mit sich aus dem Raum, den Gang entlang, hinein in einen großen Sitzungssaal, in dem schon einige Leute saßen und standen und sich angeregt unterhielten. Als Lance den Saal betrat, verstummten die Gespräche für einen Moment. Alex betrachtete die Anwesenden – offensichtlich Minister oder andere Vertraute des Herrschers. Ihre Garderobe war ausnahmslos edel. Sie bestand aus einer einfachen Hose aus Leder oder Stoff, über der sie kostbar gearbeitete Gewänder trugen. Bei den Ministern und Vertrauten Lances reichten sie bis zu den Knöcheln und erinnerten Alex an eine Soutane. Nur die Wächter unterschieden sich von der Kleidung her – sie trugen keine Obergewänder, über ihren muskulösen Oberkörpern spannten sich breite Ledergurte, einige waren mit eisernen Schulterpanzern ausgestattet. Und jeder von ihnen trug eine Peitsche mit kurzem Griff am Gürtel.
    Diener drückten sich an den Wänden in den Hintergrund, bereit, jederzeit zu Diensten zu sein.
    Lance setzte sich auf seinen Platz und zog Alex zu Boden.
    Der Vampir fühlte sich wie ein seltenes Raubtier, das man im Zoo begaffen konnte. Er erinnerte sich an Bilder der ägyptischen Herrscher, die sich mit Geparden schmückten, die ihnen zu Füßen lagen. Und genau diesen Platz hatte er im Moment inne – zu Lances Füßen.
    Und dieser genoss Alex’ erzwungene Unterwürfigkeit in vollen Zügen. Während er sich mit einem seiner Minister unterhielt, wanderte seine Hand über Alex’ nackten weißen Rücken, streichelte ihn, wie man ein Haustier streichelte.
    Die Männer und Frauen betrachteten ihn neugierig; Alex hörte das menschliche Blut in ihren vergänglichen Adern pulsieren. Er hätte sie alle vernichten können. Wenn Lance nicht gewesen wäre ... 
    »Von was ernährt sich denn dein neues Spielzeug?« fragte einer der Anwesenden, der zur Linken des Herrschers saß. Er hatte ein schmales Gesicht und eine lange, gebogene Nase. Sein Mund war eine dünne, harte Linie. »Er ist kein Mensch, oder?«
    Lance schüttelte leicht den Kopf. »Du hast recht, Garodon – er ist ein Vampir. Ich hatte wieder einmal das große Glück, einen echten Vampir zu fangen.«
    Eine große, kräftige Frau stand auf. Ihre Haare waren kunstvoll zu einer Frisur hochgesteckt, wie die antiken Göttinnen sie getragen haben mochten. »Darf ich ihn anfassen?«
    Garodon lachte anzüglich. »Typisch Raquel ...«
    Andere Männer fielen in sein Gelächter ein. Doch Lance nickte ihr freundlich zu. Alex hielt den Atem an, er versuchte, seine Wut zu kontrollieren. Sich seinen inneren Aufruhr nicht anmerken zu lassen. Wenigstens bin ich nicht völlig nackt , dachte er zynisch.
    Die Frau trat an ihn heran. Weiche, warme Finger fuhren über seinen Rücken, vergruben sich in seinem schwarzen Haar. »Er ist ganz kalt und hart«, stellte sie fest.
    »Das ist doch das Richtige für dich«, witzelte einer der Minister, und Raquel schenkte ihm ein breites Lächeln.
    »Trinkt er wirklich Blut?« fragte Garodon nun.
    Lance antwortete nicht, entblößte stattdessen sein kräftiges Handgelenk und hielt es Alex entgegen.
    Dieser
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