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Blutherz - Wallner, M: Blutherz

Blutherz - Wallner, M: Blutherz

Titel: Blutherz - Wallner, M: Blutherz
Autoren: Michael Wallner
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spiegelten sich im schwarzen Lack. Wer mochte hinter den getönten Scheiben sitzen und herablassend die Menschen betrachten, die dort vor dem Nachtclub in einer endlosen Schlange standen?
    Hier bist du also gelandet, stellte Sam überrascht fest, als sie den Club näher betrachtete. Selbst in Lower Liargo war das Green Bosniac ein Begriff. Es gab »angesagte« Clubs und solche, in die hineinzugelangen einem Wunder gleichkam. Dazu gehörte das Green Bosniac. Beim Blick auf die Schlange sank Samantha der Mut; dennoch ging sie ans Ende der Reihe, um sich im Nieselregen die Beine in den Bauch zu stehen.
    »Sorry, aber könnten Sie mir behilflich sein?«, sagte jemand hinter ihr.
    Sam hatte nie eine ähnliche Stimme gehört. Es lag Fremdheit in diesem Ton, ein Lauern, ein Glühen; ihr war, als ob unter ihren Füßen der Boden vibrierte. Sie wandte den Kopf. »Meinen Sie mich?«
    Ein dunkelhaariger junger Mann stieg aus der Limousine, er war höchstens ein paar Jahre älter als sie. »Entschuldigen Sie, dass ich Sie einfach so anspreche.«
    Er trug einen schwarzen Mantel, darunter einen Anzug; das schwarze Hemd war bis oben geschlossen und von einer Nadel verziert, deren Emblem in der Dunkelheit blitzte.

    »Sie frieren ja«, sagte er.
    »Meine Jacke ist warm, danke.«
    »Nicht wenn Sie sich hier draußen anstellen wollen.«
    Der junge Mann hatte hohe Wangenknochen und leuchtende Augen, auch wenn seine Pupillen nicht hell, sondern abgrundtief dunkel erschienen. Seine Nase besaß etwas Zupackendes, wie der Schnabel eines Greifvogels, die Lippen aber waren so weich, fast frauenhaft, dass Sam den Blick nicht davon wenden konnte. Er zeigte auf die Schlange, die seit Sams letztem Hinsehen noch länger geworden war.
    »Das bringt mich auf meine ursprüngliche Frage: Ich habe Tickets für die VIP-Lounge, aber dummerweise niemanden, mit dem ich hineingehen könnte. Hätten Sie vielleicht Interesse?« Er sagte das so nebenbei, als wäre das Green Bosniac nicht der gefragteste Tempel der Stadt.
    »Wie kommen Sie darauf, dass ich …?«, fragte sie misstrauisch, weil sie nicht glauben konnte, dass es das Schicksal so gut mit ihr meinte.
    »Verzeihen Sie, natürlich sind Sie schon verabredet.« Er trat einen Schritt zurück.
    »Ach wo!«, brach es aus ihr hervor. »Ich bin allein hier.«
    »Glück muss man haben.« Der Fremde machte eine Geste in Richtung Club. »Wollen wir?«
    Samantha wandte sich zum Ende der Schlange.
    »Das wird nicht nötig sein.« Sanft hielt er sie am Arm fest. »Man kennt mich hier.«
    Er ging mit wehenden Mantelschößen voraus, Sam lief an der wartenden Menschenmenge vorbei, bis sie einen bulligen Aufpasser erreichten.
    »Schönen Abend, Sir. Nett, dass Sie uns auch mal wieder beehren.« Die Hand des Wächters glitt zum Absperrseil, er öffnete die Verriegelung und gab den Weg frei.

    Grußlos ging der junge Mann vorbei und betrat mit Sam das Green Bosniac. Die Musik verschlug ihr den Atem. Wie Hämmer prallte der Takt auf sie ein, obwohl sie noch ein Stockwerk über dem wirklichen Geschehen waren.
    »Ich habe mich noch nicht vorgestellt.« Er wandte den Kopf. »Tad … Ko … yi …«
    Sie verstand nur Bruchstücke seines Namens. »Samantha!«, brüllte sie über den Beat hinweg. »Samantha Halbrook!« Über die violett beleuchtete Treppe folgte sie ihm in die Tiefe.
    Die Bassfrequenzen packten sie körperlich, grelle Blitze schossen auf sie zu und machten ihre Augen sekundenlang blind. Dazwischen herrschte Grabesdunkel, in dem unzählige Leiber zuckten. In den Millisekunden, während der Blitz das unterirdische Treiben aufriss, sah Sam sich um. Der Fremde war zur Bar weitergegangen, aber wie sehr sie auch stieß und schob, sie kam ihm nicht hinterher. Stattdessen wurde sie von den springenden, sich verrenkenden Körpern ins Innere des Treibens gesaugt und landete auf der Tanzfläche. Sam konnte nicht behaupten, irgendetwas zu hören oder zu sehen, sie wurde einfach Teil des Spektakels, ihre Gliedmaßen zuckten, mit halb geschlossenen Augen gab sie sich dem Rhythmus hin. Endlich entdeckte sie den Fremden wieder; unbehelligt stand er am Rand, kein Körper berührte ihn, die Welle der Musik erfasste ihn nicht, aufmerksam verfolgte er das Treiben auf der Tanzfläche. Gerade wollte Samantha sich zu ihm durchkämpfen, da machte ein Kerl in Leder einen Schritt rückwärts und rempelte sie an. Sie verlor das Gleichgewicht und wurde zu Boden gerissen. Einen Moment lang befand sich der Stiefel des Mannes über ihr,
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