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Blut will Blut

Blut will Blut

Titel: Blut will Blut
Autoren: Linda Barnes
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seinen großen, blauen Augen direkt ansah, bevor er fortfuhr.
«Verdächtigen Sie jemanden? Wenn dem so ist, dann sagen Sie es mir jetzt.»
    «Wenn ich das wüßte, wenn ich
irgendeine Idee hätte, würde ich mich selbst um den Bastard kümmern.»
    «Gibt es jemanden, den Sie
definitiv ausschließen können?»
    «Ja.» Darien schloß die Augen,
massierte sich mit zitternden Fingern die Schläfen. «Zuerst mal die technische
Crew. Die Störungen haben schon angefangen, bevor sie aus New York raufgekommen
sind. Mein Intendant Dennis Boland. Er war nicht in der Stadt, als einige der
Streiche abgezogen wurden. Mein Inspizient — nein. Sie kann es auch nicht
gewesen sein.»
    «Sie?»
    «Karen Snow. Ausgezeichnete
Inspizientin. Sehr professionell.»
    «Damit bleibt nur das Ensemble,
Arthur.»
    Darien hob in einer hilflosen
Geste die Hände. Das dahinter verborgene Gefühl, vermutete Spraggue, war
aufrichtig. Die Geste selbst war pures Theater. «Ich kann einfach nicht
glauben, daß einer meiner Schauspieler versuchen würde, dieser Produktion zu
schaden. Hier ist das Skript. Morgen früh, neun Uhr...»
    «Moment, bitte. Noch keine
Festlegung. Wenn Ihnen das wirklich ernst ist, brauche ich erheblich mehr als
ein lausiges Skript. Ich brauche eine Liste des gesamten Ensembles, eine
Aufstellung der technischen Crew, Lebensläufe, eine Aufstellung der
Finanziers...»
    Darien brachte ihn mit der
gehobenen Hand zum Schweigen. «Ich habe meine Verpflichtungen diesen Leuten
gegenüber. Finanzielle Dinge kann ich mit Ihnen nicht besprechen. Hören Sie» —
er dachte angestrengt nach — , «was halten Sie davon? Sie können die Finanziers
nächste Woche kennenlernen. Ich werde eine Party schmeißen, eine Gala, wie sie
der alte Phelps auch gegeben hat, wenn das Theater mit einem neuen Stück
herauskam. Die Finanziers werden alle da sein und...»
    «Was denn? Ich soll eine Woche
lang untätig herumsitzen? Wie die Dinge liegen, haben wir ohnehin zuwenig Zeit.
Zu viele Personen sind in die Sache verwickelt, es gibt zu viele
Möglichkeiten.»
    Darien wedelte mit dem Skript
vor Spraggues Nase. «Lesen Sie’s einfach», flehte er ihn an. «Kommen Sie morgen
wieder zu mir, und geben Sie mir dann Ihre Antwort.»
    «Eine halbe Antwort kann ich
Ihnen jetzt schon geben. Ja, ich würde den Seward gern spielen. Aber eine
Woche...»
    «Verdammt, Spraggue, ich weiß,
daß Sie schnell lernen. Wenn ich nicht genau wüßte, daß Sie es schaffen können,
hätte ich keine drei Tage damit vergeudet, Sie aufzuspüren. Ich mußte
persönlich Ihre Tante anrufen, sie anflehen, dafür zu sorgen, daß Sie kommen
und mit mir sprechen. Ich behaupte nicht, daß es leicht sein wird.» Er riß die
oberste Schreibtischschublade auf, machte ein einzelnes Blatt ausfindig. «Hier
ist der Probenplan. Wir stecken schon in der Endphase. Sie werden zwei Wochen
lang keinen freien Tag mehr haben...»
    Spraggue hob seinen Blick von
dem ordentlich geschriebenen Zeitplan. «Und das ist dann Montag.»
    «Genau. Es heißt: auf
Wiedersehen Wochenenden.»
    «Sonntag morgens auch», sagte
Spraggue.
    «Und mittwochs», fügte Darien
hinzu. «Ich weiß, daß Sie nicht auf das Geld angewiesen sind, Spraggue...»
    «Aber die Arbeit wird mir
gefallen.»
    «Ich hatte gehofft, daß Sie das
sagen.»
    «Wissen Sie, es ist eben nur,
daß die andere Hälfte unserer Abmachung nicht gerade nach Flieder duftet.»
    «Sie würden uns allen sehr
helfen. Die Schauspieler sind in Panik. Verdammt, ich selbst bin in
Panik.»
    Spraggue erhob sich. «Ich werde
das Skript lesen», sagte er.
    «Mehr kann ich nicht
verlangen.»
    Nach dem überheizten Büro
wirkte der Korridor kühl und dunkel. Spraggue schloß die Tür und blieb einen
Augenblick stehen, ließ die Unterhaltung noch einmal vor seinem geistigen Auge
Revue passieren. Arthur Darien... Es waren nicht seine Worte; die waren schon
profan genug. Man bekam nie die Chance zu erkennen, wie gewöhnlich die Gedanken
waren, wenn Darien sie sprach. Er fixierte einen mit diesem starren Blick
seiner blauen Augen, richtete die ganze Wucht seiner Persönlichkeit auf einen —
und man beugte sich. Was wäre er für ein Schauspieler geworden! Was war er für
ein Schauspieler!
    Spraggue hörte das Klicken der
Tür und ging schnell weiter. Er wollte nicht, daß der Regisseur ihm in den
Rücken stolperte. Aber die Tür blieb geschlossen; Darien trat nicht heraus.
Eine der anderen Türen in das Büro hatte sich geöffnet. Aus dem Inneren
gedämpfte Stimmen.
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