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Blut will Blut

Blut will Blut

Titel: Blut will Blut
Autoren: Linda Barnes
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Der bislang unbekannte Teil des Geschäftes mußte schon ziemlich übel
sein.
    Dariens Büro im alten Fens
Theater war eng und muffig, vollgestopft mit alten Theaterrequisiten. Der
kleine Regisseur wirkte winzig auf seinem Mahagoni-Thron. Ein Bischofstuhl,
vermutlich aus einer längst vergessenen Spielzeit von Murder in the
Cathedral gerettet. Wenigstens sah er bequem aus. Spraggues Stuhl mußte
seine Dienste in einer französischen Salon-Farce geleistet haben. Unechte
Pflanzen versperrten beinahe völlig das einzige Fenster: die Wintergarten-Szene
aus The Importance of Being Earnest. Der Raum besaß mehr Türen als
Fenster. Neben dem Eingang vom Flur zwei weitere schwere Holztüren. Ein
riesiger, mit Brettern vernagelter, offener Kamin erstreckte sich über eine
ganze Wand. Darüber: gekreuzte Schwerter. Cyrano de Bergerac. Die Dolche
darunter gehörten Macbeth. Oder hätte Macbeth Messer mit diesem eigenartigen,
in die Messingknäufe ziselierten Kreuz-Motiv benutzt?
    Auf dem Sideboard keine
Karaffen. Keine Flaschen auf der Fensterbank. Kein Whiskeygeruch. Dariens Hände
waren nervös, aber ruhig. Ein großer Unterschied zu ihrer letzten Begegnung.
    «Wir bewältigen hier wichtige
Arbeit, Michael», sagte Darien schließlich.
    Spraggue nickte pflichtbewußt,
war in Gedanken woanders.
    «New York will nur
effektheischende Gags, Musicals, Glitter und Protz! Hier, weit ab von diesem
Irrsinn, können wir richtig arbeiten. Dieses Theater hier sollte abgerissen
werden, als ich es gefunden habe. Können Sie sich das vorstellen? So ein
herrliches Relikt? Und historisch dazu! Das letzte echte Schauspielhaus, das in
Boston erbaut wurde. Stammtheater des phantastischen Boston Rep, des
besten gottverdammten festen Repertoiretheaters in Amerika. Ihr Regisseur hatte
sein gesamtes Familienvermögen in dieses Theater gesteckt. Da wurde nicht
geknausert. Und immer nur die beste Ausstattung: Drehbühne, Obermaschinerie,
wunderbare Scheinwerferpositionen...»
    «Hat sich das alles gelohnt?»
    «Machen Sie Witze?» Darien
lachte ein volltönendes, brüllendes Lachen, und die Londoner Zeit kehrte
zurück. «Theater waren schon immer eine lausige Investition. Als der Tonfilm
kam, war das Theater erledigt. Der alte Knabe ist pleite gegangen. Samuel
Borgmann Phelps. Schon mal von ihm gehört?»
    «Nein.»
    «Der letzte seiner Art. Ein
echter Mann des Theaters, wie es sie im neunzehnten Jahrhundert noch gab. Er
hat einfach alles gemacht — Regie geführt, produziert, ja er hat sogar
sein eigenes Schauspielhaus gebaut. Ein Mann mit Visionen, ein Mann mit
Träumen...»
    «Was ist passiert, als ihm das
Geld ausging?»
    «Ein Mann mit einem großen
Gespür für Theater. Nach der letzten Vorstellung, da hat er den großen
Hauptvorhang geöffnet, die Scheinwerfer genau auf die Mitte der Bühne gerichtet
und sich dort am Laufsteg der Obermaschinerie erhängt. Eine unvergeßliche
Schlußvorstellung. Ein paar meiner Schauspieler glauben, daß er immer noch hier
herumspukt.»
    «Glauben Sie, daß er Frank die
blutigen Bloody Marys gemixt hat?»
    Darien konzentrierte sich auf
eine Ameise, die gerade den Schreibtisch überquerte. «Ich habe dem Ensemble
nichts von Frank erzählt. Aus Sorge, Schwierigkeiten heraufzubeschwören. Ich
habe ihnen einfach irgendwas erzählt — irgendein persönlicher Grund, aus dem er
uns verlassen mußte. Ich konnte es nicht riskieren, so kurz vor der Premiere
noch jemanden zu verlieren. Die Schauspieler sind nervös und empfindlich wie
nur was.»
    Und jetzt kommt’s, dachte
Spraggue.
    «Michael, ich brauche Ihre
Hilfe. Sie könnten diesen Scherzbold aufhalten. Sie wären mit dort draußen, im
Ensemble, auf der Bühne...»
    «Um zu spionieren», fügte
Spraggue trocken hinzu.
    «Dieses Stück hat die Chance
verdient, das Licht der Welt zu erblicken.» Dariens Stimme senkte sich. «Ich
will eine Chance. Alles, was ich besitze, steckt in diesem Projekt. Ich brauche dieses Stück! Ich kann es nicht einfach so den Bach runtergehen lassen!»
    Spraggue bewegte sich auf
seinem unbequemen Stuhl hin und her. Deutlich spürte er die eiserne Sitzfläche
unter dem winzigen rosafarbenen Polster. «Darf ich vielleicht vorschlagen, daß
Sie die Polizei einschalten?»
    «Ich will eine Aufführung,
keine offizielle Untersuchung! Stellen Sie sich doch nur die Proben vor,
während unsere Freunde und Helfer in den Galerien rülpsen! Stellen Sie sich
diese Publicity vor! Nein, absolut nein!»
    «Arthur.» Spraggue wartete, bis
Darien ihn mit
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