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Blut will Blut

Blut will Blut

Titel: Blut will Blut
Autoren: Linda Barnes
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Spraggue war froh über die Gelegenheit.
    «Da draußen gibt’s nichts als
Auspuffgase.»
    Nachdem das Fenster offen war
und die Pfeife brannte, richtete Darien seinen Blick auf einen Punkt über
Spraggues Kopf und fuhr fort. «Erinnern Sie sich noch an diese Schwierigkeiten,
die wir damals in London hatten?» fragte er. «Dieses Mädchen...»
    Diese unglaubliche Frau.
Spraggue saß nicht länger in einem vollgestopften, kleinen Büro und inhalierte
abgestandenen Pfeifenqualm. Er saß oben in einem roten Doppeldeckerbus, lachte
über den Regen, während...
    «Damals haben Sie dem Ensemble
geholfen.» Dariens Stimme holte ihn zurück. «Alles ist vertuscht worden, aber
ich bin dahintergekommen.»
    «Das war nichts. Nur ein
kleiner Diebstahl, mehr nicht.»
    «Die Situation hätte außer
Kontrolle geraten können. Die Gemüter waren erhitzt...»
    «Haben Sie mich hergebeten, um
in Erinnerungen zu schwelgen, Arthur? Nach all den Jahren?»
    «Sie machen es mir nicht
leichter, Michael. Ich weiß, daß Sie eine Weile als Privatdetektiv gearbeitet
haben...»
    «Das ist vorbei. War nichts für
mich.»
    Arthur Darien faltete die
fleischigen Hände auf dem Schreibtisch. «Nachdem Frank jetzt fort ist, habe ich
eine unbesetzte Rolle: Dr. John Seward. Keine Hauptrolle, aber auch keine
richtige Nebenrolle. Eine kleine Rolle, eine Charakterrolle. Seward ist
Psychiater. Gescheit. Leitet eine Irrenanstalt. Einer seiner Patienten steht
unter Draculas Einfluß.»
    «Renfield», sagte Spraggue.
    «Sie erinnern sich also
an das Buch.»
    «An den Film. Bela Lugosi war
einer meiner großen Helden.»
    «Lesen Sie das Buch. Es ist ein
wirklich erstaunliches Werk. Dunkel und hypnotisch, furchterregend und real. Stoker
hat ursprünglichen Horror freigesetzt, ein Phänomen, von dem ich bezweifle, daß
selbst er es richtig verstanden hat. Sie werden diese Macht spüren.» Darien
inhalierte, hustete Pfeifenrauch. «Das Stück, das es sein könnte, sein sollte, ist noch nicht auf die Bühne gebracht worden. Dieses alte
Deane-Balderston-Melodram vermittelt auch nicht annähernd die Atmosphäre des
Buches. Es gab soviel, was diese Burschen in den zwanziger Jahren nicht sagen
konnten, nicht mal andeuten konnten. Verdammt, damals wurde das Wort ‹Lust› in
der feinen Gesellschaft nicht mal in den Mund genommen! Sexszenen waren tabu!
Und wenn ich nur an den technischen Fortschritt denke! Nebelmaschinen!
Projizierte Kulissen! Deane und Balderston mußten ihre Inszenierung komplett in
England ansiedeln. Wir können heute von Transsilvanien nach England und wieder
zurück nach Transsilvanien gehen, der dreiteiligen Struktur des Romanes
wirklich folgen! Und: ich habe ein Ensemble, ein unglaublich gutes
Ensemble! Als Dracula: John Langford. Na, ist das inspiriert?»
    Spraggue stieß einen leisen
Pfiff aus. Langford. Er machte die Ambrose mehr als wett.
    «Und dann haben wir eine
Liebesgeschichte», sagte Darien verschmitzt. «Seward ist in Draculas erstes
englisches Opfer verliebt, in Lucy. Emma Healey spielt die Lucy.»
    Wenigstens würde er nicht mit
Caroline Ambrose schlafen müssen. «Der Name sagt mir nichts, Arthur. Sollte
er?»
    «Nein, aber ihr Körper sollte.
Eine phantastische Rothaarige. Macht im Fernsehen Reklame für Sonnenkosmetik,
diesen Mist eben. Sie haben sie schon gesehen. Dunkelbraun, winziger, weißer
Bikini. Ein Meilenstein, was Lüsternheit in der Werbung betrifft. Eure
Liebesszenen müßten spektakulär werden.»
    «Aber ich vermute, alles streng
viktorianisch.»
    «Wenn ich so alt wäre wie Sie,
würde ich mich um die Rolle reißen. Auch wenn ich Emma auf der Bühne
nicht bumsen kann! Es gibt immer den einen oder anderen freien Nachmittag! Der
Seward ist eine faszinierende Rolle. Introspektiv, aber durchaus nicht passiv.
Eher ein Horatio als ein Hamlet. Sehr aktiv während der Klimax des Stückes.»
    «Und wie lautet Ihr anderes
Angebot...»
    «Sie könnten ihn spielen,
Michael.» Darien galoppierte einfach über die Unterbrechung weg. «Sie sind Schauspieler. Die Jahre, die Sie nicht mehr im Beruf sind, spielen überhaupt keine Rolle.
Jetzt sind Sie wieder da. Bei Gott, ich beneide Sie um dieses Gesicht, diese
Vielseitigkeit. Ihre Nase ist eine Nase, Ihr Mund ist ein Mund. Nichts
Hervorstechendes, bis auf diese Katzenaugen. Sie besitzen diese wunderbare
Vielfalt und erinnern mich an den jungen Laurence Olivier.»
    Spraggue hob fragend eine
Augenbraue. Hier wird mir Honig von der besten Sorte um den Bart geschmiert,
dachte er.
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