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Blut der Wölfin

Blut der Wölfin

Titel: Blut der Wölfin
Autoren: Kelley Armstrong
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damit nur …«
    »Clay, hol die Stühle. Und die Laternen. Elena, ich muss mit dir reden.«
    Während Clay sich entfernte, wappnete ich mich für die Predigt. Nicht, dass Jeremy jemals wirklich predigte – dazu muss man mehr als ein paar Sätze sagen. Und in diesem Fall kannte ich die paar Sätze bereits auswendig. Er würde mir zustimmen, dass Clay überfürsorglich war und er selbst ebenfalls, aber sie wussten beide, wie wichtig mir diese Schwangerschaft war, und sie wollten einfach sicherstellen, dass alles glattging. Nur noch acht Monate. Vierunddreißig Wochen. Zweihundertdreiundachtzig Tage …
    »Hast du die neuen Vitamine genommen?«
    Ich warf ihm einen Blick zu. Er hob einen Finger und schaute dann schnell zu Clay hinüber, wodurch er mir bedeutete, dass ich mitspielen sollte.
    »Ja, ich habe die neuen Vitamine genommen, und nein, ich scheine keine Magenbeschwerden davon zu kriegen wie bei der letzten Mixtur. Aber wenn du das nächste Mal welche mischst, könntest du vielleicht etwas Kirscharoma reintun? Vielleicht kleine Tierfigürchen draus formen? Häschen wären gut. Ich mag Häschen.«
    Clays leises Lachen trieb zu uns zurück, und er ging schneller. Jeremy warf einen Blick über die Schulter, schätzte die werwölfische Hörweite ab und senkte die Stimme.
    »Jemand hat für dich angerufen, während du weg warst«, sagte er.
    Clay blieb stehen.
    »Es war Paige.«
    Clays Schultern strafften sich. Ein Zögern überkam ihn, dann schüttelte er es ab und ging weiter.
    »Das ist der Teil des Verhätscheltwerdens, gegen den ich absolut nichts habe«, murmelte ich. »Er beschwert sich nicht mal drüber, dass Paige mich anruft. Will sie zurückgerufen werden?«
    Jeremy sagte nichts, hielt nur den Blick auf Clay gerichtet und wartete dieses Mal ab, bis er sich weiter entfernt hatte, bevor er fortfuhr.
    »Sie hat eine Botschaft weitergegeben. Jemand hat versucht, dich zu erreichen. Xavier Reese.«
    Jetzt fuhr Clay herum. Jeremy verzog das Gesicht.
    »Du hast’s jedenfalls probiert«, sagte ich.
    »Reese?« Clay kam mit langen Schritten auf uns zu. »Der Typ aus der Anlage?«
    »Das ist der einzige Xavier, den ich kenne.«
    »Was zum Teufel will er?«
    Ich hatte meine Vermutungen. »Hat Paige dir seine Nummer gegeben?«
    »Du wirst ihn ja wohl nicht anrufen, oder?«, sagte Clay. »Nach allem, was er …«
    »Er hat mir das Leben gerettet.«
    »Bitte? Na, wenn er nicht gewesen wäre, hätte dir keiner das Leben retten müssen. Und ich bin mir sicher, du hättest es ohne Weiteres auch ohne seine Hilfe geschafft. Der einzige Grund, warum er dich ›gerettet‹ hat, war, dass er dann damit kommen kann und verlangen …« Er brach ab; seine Kiefermuskeln strafften sich. »Das ist jetzt hoffentlich nicht der Grund, warum er anruft.«
    Ich ließ mir von Jeremy die Nummer geben. »Wir werden’s ja gleich wissen.«
     
    »Hey, Elena!« Die Handyverbindung war schlecht, und seine Stimme rauschte. »Erinnerst du dich an mich?«
    »Mhm.«
    Ich richtete mich auf dem Sofa ein und zog die Beine hoch. Clay setzte sich ans andere Ende und versuchte gar nicht erst, so auszusehen, als hörte er nicht zu. Sein schärferes Gehör brachte es mit sich, dass er beide Seiten der Unterhaltung verstehen konnte. Mich störte das nicht. Wäre es anders gewesen, hätte ich ihn gar nicht erst ins Zimmer gelassen.
    »›Mhm‹?«, sagte Xavier. »Das ist alles, was ich nach drei Jahren zu hören kriege? Wir haben eine aufreibende Woche zusammen verbracht, eingesperrt in einem unterirdischen Verlies, und ums Überleben gekämpft …«
    »Ich habe ums Überleben gekämpft. Du hast dein Gehalt bezogen.«
    »Na hör mal, in gewissem Sinne war ich dort genauso sehr ein Gefangener wie du.«
    Ich schnaubte. »Gefangener deiner eigenen Habgier vielleicht.«
    »Gefangener meiner eigenen Unzulänglichkeit. Eigentlich ist das tragisch.«
    »Weißt du, was noch tragischer wäre? Wenn du dich mal mitten in eine Mauer teleportieren und dort in die Falle deiner Unzulänglichkeit geraten würdest. Passiert so was manchmal?«
    »Meine Mama hat mir beigebracht, immer aufzupassen, wo ich hintrete.«
    »Mist.«
    »Was hab ich dir eigentlich jemals angetan … Moment, beantworte das lieber nicht.«
    Ich sah zu Clay hinüber. Er gab mir zu verstehen, dass ich auflegen sollte.
    »Was willst du, Xavier? Ich wollte eigentlich gerade los, zum Eisessen.«
    »Und das ist dir wichtiger, als mit mir zu reden? Nein, warte, das beantwortest du besser auch nicht.
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