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Blut der Wölfin

Blut der Wölfin

Titel: Blut der Wölfin
Autoren: Kelley Armstrong
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nahe genug herangekommen war, um durch die Bäume sehen zu können, spähte ich nach vorn. Er kauerte neben dem Pfad, bewegungslos wie eine Statue, nur die zuckende Schwanzspitze verriet seine Ungeduld.
    Ich fand die direkteste Angriffslinie, kauerte mich zusammen und sprang. Ich landete auf seinem Rücken und versenkte die Zähne in dem dicken Fell um seinen Hals. Er kläffte und machte Anstalten, sich nach hinten zu werfen; dann hielt er inne. Ich stieß ein knurrendes Lachen aus – ich wusste, er würde nicht wagen, mich in meiner »Verfassung« abzuschütteln. Ich brauchte nichts weiter zu tun, als festzuhalten und –
    Er ließ sich fallen, ließ ganz einfach die Beine einknicken, so dass sein Körper meinen eigenen Fall abfing, aber die Plötzlichkeit der Bewegung überraschte doch so, dass ich seinen Nackenpelz losließ. Er glitt unter mir heraus, drehte sich und nagelte mich fest; seine Zähne schlossen sich um meinen Unterkiefer. Ich trat nach seinem Bauch. Er schnaubte, als meine Pfoten auftrafen, machte aber keine Anstalten zu kämpfen.
    Stattdessen sah er auf mich herunter; Unentschlossenheit flackerte in seinen Augen. Dann ließ er meinen Kiefer los, und sein Kopf schoss herunter zu meiner Kehle. Ich zappelte und versuchte auszuweichen, aber er vergrub lediglich die Nase in meinem eigenen Nackenpelz und atmete tief ein. Er schauderte, und seine Beine zitterten an meinen Flanken. Ein kurzes Zögern. Ein leises Knurren, dann drehte er sich von mir ab und verschwand wieder zwischen den Bäumen.
    Ich rappelte mich auf und machte mich an die Verfolgung. Diesmal war sein Vorsprung zu groß, und ich kam ihm nur nahe genug, um sein Hinterteil vor mir dahinjagen zu sehen. Er hob den Schwanz – er machte sich über mich lustig, zum Teufel mit ihm. Ich stürzte vorwärts und kam ihm nahe genug, um das Klopfen seines Herzschlags zu hören. Er bog ab, zwängte sich durch das knackende Unterholz in den Wald hinein, vom Pfad herunter, und ich lachte in mich hinein. Jetzt hatte ich ihn. Sich einen neuen Pfad zu bahnen, würde ihn eben genug aufhalten, dass ich …
    Ein Paar Schneehühner flog auf, beinahe unter meinen Pfoten hervor. Ich kam schlitternd zum Stehen und wäre vor Schreck fast hintenübergekippt. Während die panischen Vögel himmelwärts verschwanden, versuchte ich mich zu orientieren, sah mich um … und stellte fest, dass ich allein war. Ausmanövriert. Zum Teufel mit ihm. Und zum Teufel mit mir dafür, dass ich darauf hereingefallen war.
    Ich fand seine Fährte, aber ich war noch keine dreißig Meter weit gekommen, als ein gurgelndes Stöhnen die Stille zerriss. Ich blieb stehen, und meine Ohren stellten sich auf. Ein Grunzen, dann schweres Atmen. Er wandelte sich.
    Ich sprang ins nächste Gebüsch und begann mit meiner eigenen Wandlung. Sie erfolgte rasch, getrieben von einer gesunden Doppeldosis aus Adrenalin und Frustration. Als ich fertig war, war er immer noch in seinem Gebüsch.
    Ich schlich mich zur anderen Seite, schob eine Hand voll Laub zur Seite und spähte hinein. Er war fertig, hatte sich aber noch nicht ganz erholt – er war auf allen vieren und keuchte, um wieder zu Atem zu kommen. Die Regeln der Fairness hätten verlangt, dass ich ihm die dafür nötige Zeit gab, aber ich war nicht in der richtigen Stimmung für Regeln.
    Ich warf mich mit einem Satz auf seinen Rücken. Bevor er reagieren konnte, hatte ich ihm den Arm um den Hals gelegt und den Unterarm gegen seine Luftröhre gedrückt.
    Ich beugte mich über seine Schulter. »Hast du gedacht, du kommst so einfach davon?«
    Seine Lippen murmelten einen Fluch, aber es war kein Laut zu hören. Seine Schultern sanken ab, als erklärte er sich für besiegt. Als ob ich dumm genug gewesen wäre, darauf hereinzufallen. Ich tat so, als lockerte ich meinen Griff. Und natürlich – sobald ich es tat, fuhr er herum und versuchte mich zu packen.
    Ich glitt von seinem Rücken und zog ihn seitlich mit mir nach unten. Bevor er sich fangen konnte, war ich über ihm, den Unterarm wieder an seiner Kehle. Seine Hände glitten an meinen Flanken aufwärts und nach vorn und legten sich um meine Brüste.
    »Uh-oh«, knurrte ich, ohne den Druck auf seine Luftröhre zu lockern. »Keine Ablenkungsmanöver.«
    Er seufzte und ließ die Hände sinken. Ich gab etwas nach, und augenblicklich schüttelte er mich ab, immer noch sehr viel behutsamer als üblich, und hatte mich so unentrinnbar festgenagelt wie zuvor in Wolfsgestalt. Er senkte sich auf mich
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