Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Blitze des Bösen

Blitze des Bösen

Titel: Blitze des Bösen
Autoren: John Saul
Vom Netzwerk:
Sicht auf die Stadt
bis zu den Bergen ermöglichen. Der gläserne Aufzug, der am
Nordende des Gebäudes hinaufführte, sollte für jedermann
zugänglich sein, der die Aussicht von dort oben genießen
wollte – nicht nur den Anwälten, die bereits um die Anmietung
der Büroräume wetteiferten. Es erfüllte Glen mit Stolz, daß
dieses Gebäude nach seinem Architekten benannt worden war:
Bald würde man nur noch vom »Jeffers Building« sprechen.
    Er blieb noch ein paar Minuten liegen, genoß das Wohlgefühl, das ihn bei diesem Gedanken erfüllte und lauschte dem
Ächzen der Balkon in dem alten Haus, das Anne und er nach
ihrer Heirat vor fast zwanzig Jahren gekauft hatten. Das Haus
war größer gewesen als nötig, und es hatte sich in einem
erbärmlichen Zustand befunden, aber Glen hatte es Anne
dennoch schmackhaft gemacht. Schließlich war er ja Architekt,
und er hatte sich vorgenommen, es ohne größere finanzielle
Mittel in ein Prachtstück zu verwandeln. Was er ihr dabei
allerdings verschwiegen hatte, war, daß seine Fähigkeiten als
Zimmermann, Klempner, Elektriker, Gipser und Dachdecker
mehr als bescheiden waren. Doch das hatte Anne natürlich
längst gewußt, und zum Glück konnte sie selbst geschickt mit
Handwerkszeug umgehen. Heute war diese ehemalige
Bruchbude, die sie für nur vierzigtausend Dollar gekauft
hatten, gut und gerne eine Million wert. Dank ihrer
Renovierungsarbeiten hatten sie quasi eine Vorreiterrolle
gespielt, denn danach war die Gegend auch für andere attraktiv
geworden. Anne, Glen und die beiden Kinder, die sie
inzwischen bekommen hatten, wohnten nun in einem der
besseren Teile von Capitol Hill, nur einen Katzensprung vom
Volunteer Park entfernt. An der dreispurigen Straße waren seit
dem Einzug der Jeffers andere Häuser ebenfalls restauriert
worden.
    Obwohl Glen sich freute, daß er schon damals diese Entwicklung vorhergesehen hatte, war es ihm anfangs eigentlich
nur darum gegangen, den alten Kasten wieder aufzumöbeln,
ihn für viel Geld zu verscherbeln und dann wieder fortzuziehen. Aber während der Renovierungsarbeiten hatten sich er
und auch Anne in das Haus verliebt. Und als dann vor fünfzehn
Jahren Heather und fünf Jahre später Kevin zur Welt
gekommen waren, hatten sie sich entschieden, es weiter zu
bewohnen. Obwohl sie alle paar Monate Kaufangebote bekamen, war ihnen schon seit Jahren nicht mehr der Gedanke an
einen Umzug gekommen.
    Mittlerweile war die Familie noch um eine Tigerkatze
namens Kumquat, einen kleinen, schwarzweißen Hund namens
Boots und einen grünen, ziemlich heiseren Papagei mit Namen
Hector angewachsen. Darum kam ihnen das Haus jetzt auch
nicht mehr zu groß vor. Wenn gar Boots ab und zu Hector
ärgerte und das Gebell des Hundes und das Gekreische des
Vogels das Haus erfüllten, erschien es ihnen viel kleiner als es
in Wirklichkeit war.
    Unten ging der Fernseher an. An dem ohrenbetäubenden
Lärm erkannte Glen, daß Kevin sich die Fernbedienung
genommen hatte. Als er widerwillig die Bettdecke beiseite
schob und aus dem Bett stieg, fühlte er sich alt und steif. In
diesem Moment wußte er, daß er den ganzen Tag Schuldgefühle haben würde, wenn er nicht zum Joggen ging. Er zog sich
Hose und Sweatshirt über, lief die Treppen hinunter und warf
einen Blick ins Wohnzimmer.
    Dort saßen die beiden Kinder wie gebannt vor dem Bildschirm, der das Gefängnis von Connecticut zeigte, wo Richard
Kraven wie geplant in drei Stunden sterben sollte. »Habt ihr
denn davon nicht allmählich die Nase voll?« fragte er. Gestern
abend hatte er ihnen befohlen, den Fernseher abzuschalten,
denn sonst hätten sie bis zum Morgen davorgehockt, um sich
die Live-Sendung der Mahnwache vor dem Gefängnis
anzusehen.
    »Vielleicht kommt Mom ins Bild«, meinte Kevin. Mit diesem Argument hatte er schon öfter Erfolg gehabt.
»Vielleicht bei einem Lokalsender«, entgegnete Glen. »Aber
selbst eure Mutter ist noch nicht berühmt genug, um bei CNN
aufzutreten. Wie wär’s also, wenn ihr die Totenwache abdreht
und euch lieber was Anständiges zum Frühstück macht?«
»Das ist keine Totenwache«, wandte Heather ein und warf
ihrem Vater einen verächtlichen Blick zu. »Es ist ein Protest.
Ich halte nichts von der Todesstrafe, und eigentlich sollte ich
auch dort sein, um dagegen zu demonstrieren.«
Darauf ging Glen lieber erst gar nicht ein. Er wollte keinen
Vortrag darüber hören, wie wichtig dieser Protest war, den
weder er noch Anne für
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher