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Bleib ungezaehmt mein Herz

Titel: Bleib ungezaehmt mein Herz
Autoren: Jane Feather
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verlassen, wenn wir im Besitz seines Geldes waren. Also hat Gracemere es ihm abgenommen. Wir taten nur, was notwendig war.«
    »Sebastian und ich wären dir natürlich im Weg gewesen«, hörte Judith sich selbst sagen. »Du wolltest dich wohl kaum mit zwei Kleinkindern belasten, als du dein neues Leben angefangen hast.«
    Agnes schüttelte ungeduldig den Kopf. »Ich wollte nie Kinder haben, aber George bestand darauf. Wenn er es vorzog, euch mitzunehmen, als er ins Ausland ging - warum hätte es mir etwas ausmachen sollen?«
    »Ja, tatsächlich, warum?« wiederholte Judith kühl. »Das leuchtet mir ein.« Sie schüttelte den Kopf, wie um die
    Spinnweben der Verwirrung loszuwerden. Auf irgendeine grundlegende Weise schien die Geschichte überhaupt nichts mit ihr zu tun zu haben, aber sie kam nicht dahinter, wie oder warum das so sein sollte.
    »Es scheint, als hätte sich die Angelegenheit als Bumerang erwiesen, Madam«, sagte Marcus, der immer noch Judiths Hand hielt, in die Stille hinein. »Ihre Kinder haben Sie und Ihren Liebhaber so vollständig ruiniert, wie Sie und Ihr Liebhaber ihren Vater ruiniert haben. Die Geschichte hat eine hübsche Symmetrie, das werden Sie zugeben müssen.« Und es kam ihm jetzt tatsächlich so vor, als hätten Judith und Sebastian das einzig Richtige getan. Während er dieser bösartigen Frau zuhörte, die ihre Kinder um der Leidenschaft willen dazu verdammt hatte, ein Leben als Ausgestoßene zu führen, empfand er eine tiefe Befriedigung über das, was Judith und ihr Bruder erreicht hatten. Rache war ein uralter und mächtiger Trieb des Menschen.
    »Aber meine Mutter braucht nicht ruiniert zu werden. Vielleicht würde sie es vorziehen, mit ihrem augenblicklichen Ehemann in London zu bleiben«, schlug Judith mit harter Stimme und einem rasiermesserscharfen Lächeln vor. »Ich bin sicher, Sebastian - beziehungsweise Peter -und ich würden es wirklich genießen, sie richtig kennenzulernen.«
    Agnes betrachtete ihre Tochter mit einem gewissen Respekt. »Das könnte eine fast amüsante Aussicht sein. Du wirst mich jedoch nie Wiedersehen, meine Liebe. Du mußt deinem Bruder für mich Lebewohl sagen.« Sie wandte sich ab und ging ins Nebenzimmer. Gracemere erhob sich von der Bank, verbeugte sich spöttisch vor Judith und folgte seiner Mätresse.
    Harriet wimmerte. »Ich verstehe nicht...«
    »Nein, natürlich nicht«, sagte Judith rasch. »Was müssen Sie Schlimmes durchgemacht haben, meine Liebe. Unten steht eine Mietdroschke. Der Kutscher ist sehr zuverlässig, er wird Sie sofort zur Brook Street zurückbringen, und ich werde Sie begleiten...«
    »Nein, das wirst du nicht«, unterbrach Marcus sie. »Ich lasse dich nicht wieder aus den Augen. Kommen Sie, Harriet.« Er hob das verwirrte, tränenverschmierte Mädchen hoch, das schlaff in seinen Armen lag. »Ich werde Sie in die Kutsche setzen und den Kutscher anweisen, Sie zu Sebastian zu fahren. Ich glaube, bei ihm werden Sie mehr Kraft und Unterstützung finden als in der Gesellschaft Ihrer Mutter, und er wird auch wissen, wie man die Sache Ihren Eltern erklärt, so daß sie keine Ahnung von der Wahrheit haben. Die Davenports können so etwas sehr gut.« Er warf seiner Frau einen dunklen Blick zu, der dennoch eine Andeutung von reumütiger Belustigung enthielt. »Bleib hier, bis ich zurückkomme, Judith.«
    »Ich werde hier sein«, sagte sie. Sie stand da und starrte auf die geschlossene Tür zum Nebenzimmer. Wieviel von ihrer Mutter hatte sie in sich? Ob sie etwas von Agnes' Bösartigkeit geerbt hatte? Aber Judith wußte, daß es nicht so war. Die Person, die sie war, hatte weit mehr mit den Umständen ihrer Kindheit zu tun als mit dem Blut, den Knochen und Sehnen, die sie und Agnes Barret teilten. Als Agnes damals aus ihrem Leben verschwand, war das der größte Dienst gewesen, den sie ihren Kindern hatte erweisen können. Wäre sie bei Judith und Sebastian geblieben, hätten die beiden wahrscheinlich gelernt, ebenso schlecht und gottlos wie sie zu werden.
    Judith trat ans Fenster und schaute zu, wie Marcus Harriet über den Hof trug. Sie fühlte einen eigenartigen inneren Frieden, trotz der schrecklichen Enthüllungen der letzten Minuten. Es war, als wäre etwas zum Abschluß gebracht worden. Das letzte Puzzleteilchen ihrer Vergangenheit lag an seinem Platz. Sie kannte jetzt ihre Mutter, hatte ihren Vater gerächt. Jetzt stand es Judith frei, die Vergangenheit endgültig hinter sich zu lassen und ganz sie selbst zu sein.
    »Ich kann mir
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