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Bleib ungezaehmt mein Herz

Titel: Bleib ungezaehmt mein Herz
Autoren: Jane Feather
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Ernst erwartet, ich würde dich diese Sache allein durchführen lassen, oder?«
    »Ich dachte, ich hätte dir überdeutlich klargemacht, daß es genau das war, was ich erwartet habe.« Er nahm Agnes' Hand und wickelte das Taschentuch um die Wunde.
    »Aber ich liebe dich«, erwiderte Judith eine Spur verzweifelt. »Ich konnte doch unmöglich tatenlos danebenstehen, wenn ich befürchten mußte, daß du verletzt würdest.«
    Marcus blickte von seiner Tätigkeit auf; ein Lächeln leuchtete in seinen Augen auf und breitete sich dann langsam über sein ganzes Gesicht aus. »Nein, ich nehme an, das konntest du nicht«, stimmte er zu. »Wenn du liebst, dann mit aller Macht und lange, nicht wahr, mein Luchs?«
    »Und du?« Es war eine vorsichtige Frage, und Judith schien hin- und hergerissen zwischen Freude und Verzweiflung.
    »Ich habe noch niemals zuvor geliebt«, erklärte Marcus, immer noch lächelnd. »Aber es scheint tatsächlich ein sehr mächtiges und ausschließliches Gefühl zu sein.«
    Verzweiflung, Angst und Anspannung wichen langsam von ihr, bis sie nur noch knochentiefe Erleichterung spürte und ein warmes Gefühl inniger Liebe in ihr aufwallte. Es würde alles wieder gut werden. Sie hatte Marcus und seine
    Liebe nicht verloren. »Und Verzeihen?« fragte sie. »Kann Liebe Versöhnlichkeit mit einschließen?«
    »Sie scheint sie zu fördern«, sagte er und knotete das Taschentuch fest zusammen. »Ist es so angenehm, Lady Barret?«
    »Angenehm ist kaum das Wort, das ich gewählt hätte«, murrte Agnes. Ein seltsames Lächeln spielte um ihre Lippen, als sie Judith ansah. »Ich muß schon sagen, Charlotte, für zwei so quengelige Babys, wie du und Peter es gewesen seid, habt ihr euch beide erstaunlich entwickelt. Ich frage mich, was George getan haben mag, um euch beiden eine derartige Charakterstärke zu vermitteln.«
    Gracemere warf sich auf die Holzbank neben eine vor Schreck zusammenzuckende Harriet und fing an zu lachen. Es war ein kaltes, häßliches Geräusch, ohne jede Freude.
    Judith starrte Agnes an. »Was meinen Sie?« Aber sie wußte es. So, wie sie es immer gewußt hatte. Nur - das Wissen hatte in ihrem Blut, in ihren Knochen und Sehnen gesteckt, in der Tiefe eines natürlichen Instinkts, nicht in absoluten Worten, die absolute Wahrheiten ausdrückten.
    »Kannst du es nicht erraten, mein liebes Kind?« fragte Agnes mit einem leicht spöttischen Beiklang. »Aber ja, ich sehe, daß du es kannst. Seltsam, aber ich halte dich für eine würdige Tochter. Ich hätte nicht erwartet, daß Georges Kinder derartig heißblütig sein könnten.«
    »Ich dachte, du wärst tot«, sagte Judith, und ihre Stimme klang hohl.
    »Alice Devereux ist tot«, erklärte Agnes. »Sie starb einen zweckmäßigen Tod irgendwo in einem Kloster. Und dann erhob sie sich wieder aus ihrem Grab, wie du siehst.« Sie wies mit der unverletzten Hand in einer spöttischen Geste auf ihren Körper.
    »Marcus... ?« sagte Judith zögernd, ihr Blick suchte seine Augen, ihre freie Hand streckte sich ihm in ängstlicher, hilfesuchender Gebärde entgegen.
    »Ich bin hier«, sagte er weich, nahm ihre Hand und drückte sie fest, als ihre Mutter zu sprechen fortfuhr.
    »Dein Vater war so blind. Er hat nie gewußt... nie auch nur geahnt, daß Gracemere und ich seit unserer Jugendzeit Liebende waren. Da weder Bernard noch ich einen Penny besaßen, mußte einer von uns eine Geldheirat eingehen. Aber es funktionierte nicht so, wie wir geplant hatten. Am Ende mußten wir George loswerden.«
    Agnes sprach ruhig, ihre bandagierte Hand mit der anderen umklammernd, beinahe so, als wäre sie sich ihrer Zuhörer gar nicht bewußt. »Er war uns im Weg. Immer stellte er Forderungen... beteuerte seine Liebe. Er wollte mich nicht in Ruhe lassen. Er machte es mir unmöglich, mit Gracemere zusammenzusein, so wie ich es brauchte. Und dann kam erst Peter und danach du, im Abstand von zehn Monaten, Gott bewahre. Ich mußte von George fort.«
    Judith spürte Übelkeit in ihrer Kehle aufsteigen, aber sie war ebensowenig in der Lage, zurückzuweichen oder der Sache ein Ende zu bereiten, wie die Fliege, die sich im Spinnennetz verfangen hat. Sie starrte ihre Mutter an, die ihre Erklärung fortsetzte, als erwartete sie Verständnis von Judith.
    »Ich konnte deinen Vater nicht einfach verlassen, das mußt du verstehen, denn dann wäre ich wieder so arm gewesen, als hätte ich ihn nie geheiratet. Was sollten wir tun?« Es war eine echte Frage. »Ich konnte deinen Vater nur
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